Chlortalidon

Wirkstoff
Chlortalidon
Handelsname
Hygroton®
ATC-Code
C03BA04

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Chlortalidon ist ein Diuretikum. Chemisch gehört es zu den Sulfonamiden und im Hinblick auf den Wirkmechanismus zu den Thiaziden. Es führt zu einer Erhöhung der Ausscheidung von Elektrolyten und folglich des Harnvolumens. Im distalen Tubulus wird die Reabsorption von Natrium- und Chlorid-Ionen gehemmt und die Kaliumausscheidung erhöht. Die Wirkung setzt nach 2 - 3 Stunden ein und hält für 2 - 3 Tage an. Über die Reduktion des Extrazellularvolumens wirkt Chlortalidon antihypertensiv.

Pharmakokinetik bei Kindern

Es sind keine spezifischen Informationen für Kinder vorhanden.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Arterielle Hypertonie, stabile Herzinsuffizienz, Ödem
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral zur Behandlung von kardialen, hepatischen und nephrogenen Ödemen, Hypertonie, Manifeste Herzinsuffizienz, Renaler Diabetes insipidus, wenn andere medikamentöse Maßnahmen nicht in Frage kommen

  • nur für Erwachsene zugelassen
  • Dosierungsempfehlung siehe Fachinformation

[Ref.]

Präparate im Handel

Tablette 25 mg, 50 mg

Präparat im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke
Problematische Hilfsstoffe
Hygroton® Tablette 25 mgT2
50 mgT2
Lactose

 

T2: teilbar in zwei gleiche Dosen

Die Fachinformationen wurden am 03.03.2021 aufgerufen.

Anwendungshinweise:

  • Dieses Arzneimittel ist mit ausreichend Flüssigkeit (1 Glas Wasser) einzunehmen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Arterielle Hypertonie, stabile Herzinsuffizienz, Ödem
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1]
      • 0,5 - 1 mg/kg alle 48 Stunden in 1 Dosis. Max: 1,7 mg/kg/48 Stunden.
      • Anwendungshinweis:

        Die Tabletten sind morgens, vorzugsweise mit dem Frühstück einzunehmen.

      • Die niedrigste wirksame Dosis verwenden.

        off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Keine Informationen zur Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörung vorhanden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):

  • Hypokaliämie, Hyperurikämie, Erhöhung der Cholesterin- und Triglyceridspiegel, Hyponatriämie, Hypomagnesiämie, Hyperglykämie und Glukosurie
  • bei Patienten mit manifestem Diabetes mellitus kann es zu einer Verschlechterung der Stoffwechsellage kommen, ein latenter Diabetes mellitus kann in Erscheinung treten
  • Anstieg stickstoffhaltiger Stoffe (Harnstoff, Kreatinin), vor allem zu Behandlungsbeginn
  • Kopfschmerzen, Schwindel- und Schwächegefühl
  • Hypotonie, orthostatische Regulationsstörungen, Herzklopfen (Palpitationen)
  • Appetitlosigkeit, Mundtrockenheit, gastrointestinale Beschwerden, Übelkeit, Erbrechen, Oberbauchschmerzen, krampfartige Beschwerden im Bauchraum, Obstipation, Diarrhoe
  • allergische Hautreaktionen wie Exanthem, Urtikaria (Nesselsucht), Pruritus (Juckreiz)
  • Hypotonie der Skelettmuskulatur, Muskelkrämpfe

Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:

  • Thrombozytopenie, Leukopenie, Agranulozytose, Eosinophilie
  • Hyperkalzämie, hypochlorämische Alkalose
  • Sehstörungen, Aderhauterguss
  • kardiale Arrhythmien
  • Pankreatitis
  • intrahepatische Cholestase oder Gelbsucht
  • allergische interstitielle Nephritis

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • Anurie (Harnproduktion unter 100 ml/24 h)
  • schwere Nierenfunktionsstörungen (mit stark eingeschränkter Harnproduktion; Kreatinin-Clearance kleiner als 30 ml/min und/oder Serum-Kreatinin über 1,8 mg/100 ml)
  • Glomerulonephritis
  • schwere Leberfunktionsstörungen (Präcoma und Coma hepaticum)
  • Hyperkalzämie
  • therapieresistente Hypokaliämie oder Zustände mit erhöhten Kaliumverlusten
  • schwere Hyponatriämie
  • symptomatische Hyperurikämie

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

  • Eingeschränkte Nierenfunktion: Chlortalidon darf bei Patienten mit Nierenerkrankungen nur mit Vorsicht eingesetzt werden.
    • bei leichter bis mäßiger Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance 30 – 60 ml/min und/oder Serum-Kreatinin 1,1 – 1,8 mg/100 ml) muss die Dosierung den therapeutischen Erfordernissen und der Verträglichkeit entsprechend angepasst werden
    • bei schwerer Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance unter 30 ml/min und/oder Serum-Kreatinin über 1,8 mg/100 ml) verlieren Thiazid-Diuretika und Thiazidanaloga einschließlich Chlortalidon ihre diuretische Wirkung
    • Der blutdrucksenkende Effekt der ACE-Hemmer wird durch Substanzen, die die Plasma-Renin-Aktivität steigern (Diuretika), verstärkt. Eine Diuretika-Therapie sollte daher 2 – 3 Tage vor Beginn einer Behandlung mit einem ACE-Hemmer abgesetzt werden, um die Möglichkeit einer Hypotonie zu Therapiebeginn zu vermindern.
  • Aderhauterguss (choroidaler Erguss), akute Myopie und sekundäres Winkelverschlussglaukom: Ein unbehandeltes akutes Winkelverschlussglaukom kann zu permanentem Sehverlust führen. Als Erstmaßnahme ist die Arzneimitteleinnahme so schnell als möglich zu beenden. Sofortige medizinische oder chirurgische Behandlung kann in Erwägung gezogen werden, wenn der Augeninnendruck unkontrolliert bleibt. 
  • Eingeschränkte Leberfunktion: Chlortalidon sollte bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen oder fortschreitender Lebererkrankung nur mit Vorsicht angewendet werden, da schon geringfügige Veränderungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt durch Thiaziddiuretika, besonders bei Patienten mit Leberzirrhose, ein hepatisches Koma auslösen können.
  • Metabolische und endokrine Effekte: Patienten mit Diabetes mellitus oder Gicht müssen besonders sorgfältig überwacht werden. Die Thiazidtherapie kann die Glucosetoleranz beeinträchtigen. Bei Patienten mit manifestem Diabetes mellitus kann es zu einer Verschlechterung der Stoffwechsellage kommen, so dass möglicherweise eine Dosisanpassung von Insulin oder oralen blutzuckersenkenden Substanzen erforderlich ist. Ein latenter Diabetes mellitus kann während der Thiazidtherapie manifest werden.
  • Störungen im Elektrolythaushalt: Unter einer Diuretikatherapie sollte regelmäßig in angemessenen Abständen eine Bestimmung der Serumelektrolyte (insbesondere Kalium, Natrium, Calcium) durchgeführt werden. Während der Behandlung sollten die Patienten auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme achten und wegen erhöhter Kaliumverluste kaliumreiche Nahrungsmittel zu sich nehmen.
  • Herzinsuffizienz: Bei schwer kardial dekompensierten Patienten (ausgeprägte Ödeme) kann es vorkommen, dass Chlortalidon praktisch nicht mehr resorbiert wird.
  • Die Therapie mit Chlortalidon sollte abgebrochen werden bei:
    • therapieresistenter Entgleisung des Elektrolythaushalts
    • ausgeprägten gastrointestinalen Beschwerden
    • zentralnervösen Störungen
    • Pankreatitis
    • Blutbildungsveränderungen (Anämie, Leukopenie, Thrombozytopenie)
    • akuter Cholezystitis
    • Auftreten einer Vaskulitis
    • Verschlimmerung einer bestehenden Kurzsichtigkeit
    • Serumkreatininkonzentration über 1,8 mg/100 ml bzw. Kreatininchlearance unter 30 ml/min

[Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Wechselwirkungen

Chlortalidon zeichnet sich durch ein hohes Interaktionspotential aus. Aus diesem Grund muss die Medikation individuell auf Wechselwirkungen überprüft und ggf. durch geeignete Maßnahmen wie Drug Monitoring überwacht werden.

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
Clozapin Erhöhung des Risikos und/oder der Schwere von Granulozytopenien/Agranulozytosen. Kombination vermeiden.
Lithium Erhöhung des Lithiumspiegels ist möglich.  Kombination vermeiden.
QT-Zeit verlängernde Arzneistoffe Risiko für Hyponatriämien und ventrikuläre Arrhythmien erhöht.  Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, engmaschige Kontrolle der Kalium- und Natrium-Serumkonzentrationen. 
Glucocorticoide, z.B. Budesonid, Methylprednisolon


Stimulierende Laxantien, z.B. Bisacodyl, Natriumpicosulfat
Verstärkter Kaliumverlust möglich. Risiko für eine Hypokaliämie erhöht.  Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, engmaschige Kontrolle der Kalium-Serumkonzentration. 
Herzglykoside, z.B. Digoxin, Digitoxin Verstärkte Wirkung der Herzglykoside möglich. Risiko von Herzrhythmusstörungen erhöht. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, engmaschige Kontrolle der Kalium-Serumkonzentration. 
NSAR, z.B. Acetylsalicylsäure, Ibuprofen Verminderte diuretische und antihypertensive Wirkung möglich.  Bei gleichzeitiger Behandlung über länger als 2 Wochen sind Blutdruck sowie Herz- und Nierenfunktion — besonders bei Patienten mit Risikofaktoren — sorgfältig zu überwachen.
Amphotericin B Risiko einer Hypokaliämie und einer Nephrotoxizität ist erhöht.  Bei gleichzeitiger Behandlung sollen die Nierenfunktion und die Serumelektrolyte besonders engmaschig überwacht werden. 
Insulin


Orale Antidiabetika, z.B. Glibenclamid, Metformin
Verminderte blutzuckersenkende Wirkung möglich.  Bei gleichzeitiger Behandlung sollen die Glucose- und die Kalium-Konzentrationen besonders engmaschig überwacht werden. 
Zytostatika, z.B. Cyclophosphamid Verstärkung der myelosuppressiven Wirkung möglich. Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, engmaschige Blutbild-Kontrolle empfohlen. 
Diazoxid Verstärkte hyperglykämische und hyperurikämische Wirkung möglich.  Bei gleichzeitiger Behandlung mit Diazoxid und Chlortalidon sollen die Blutglucose- und Harnsäurekonzentration besonders sorgfältig überwacht und bei Bedarf die Dosen der Arzneistoffe angepasst werden.
ACE-Hemmer, z.B. Captopril, Enalapril Initial starker Blutdruckabfall möglich.  Vor Beginn der ACE-Hemmer-Behandlung soll ein bestehender Natrium- und/oder Volumenmangel ausgeglichen werden. In den ersten Stunden nach Behandlungsbeginn soll der Blutdruck sorgfältig beobachtet werden.
Vitamin D

Calciumhaltige Arzneimittel
Risiko einer Hypercalciämie ist erhöht.  Überwachung der Plasma-Calciumkonzentration empfohlen. 


Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

LOW-CEILING-DIURETIKA, EXKL. THIAZIDE

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Referenzen

  1. Accord Healthcare B.V., SmPC chloortalidon (RVG 56899) 05-03-2019
  2. Trommsdorff GmbH & Co, SmPC Hygroton® 25 mg, 50 mg Tabletten (7703.00.00), 09/2020
  3. Lurbe et al., European Society of Hypertension: Guideline for the management of high blood pressure in children and adolescents, Journal of Hypertension, 2016
  4. Bachmann H, Propranolol versus chlorthalidone - a prospective therapeutic trial in children with chronic hypertension., Helvetica Paediatrica Acta, 1984

Änderungsverzeichnis

  • 12 April 2021 17:04: Neue Monographie
  • 16 März 2021 14:07: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung