Flecainidacetat ist ein Antiarrhythmikum der Klasse Ic mit negativ inotroper Wirkung. Es bindet an die Natriumkanäle der Muskelmembranen und führt dabei zu einer deutlichen Verlangsamung der kardialen Reizleitung und zur Suppression spontaner vorzeitiger Kammerkomplexe. Im Myokard bindet Flecainidacetat stark an schnelle Natriumkanäle und verlangsamt so die Depolarisationsgeschwindigkeit; die Überleitung in Vorhof, AV-Knoten, Ventrikel und Purkinje-Fasern ist vermindert. Der deutlichste Effekt zeigt sich an den Purkinje-Fasern. [Ref.]
T1/2:
Therapeutische Plasmakonzentration: 0,2-1 mg/l.
Erwachsene:
Flecainid wird rasch und nahezu vollständig resorbiert und besitzt eine Bioverfügbarkeit von 90 bis 95%. Im Allgemeinen werden Steady-State-Bedingungen nach ca. 4 Tagen (entspricht ca. 5 Halbwertszeiten) erreicht. Bei Patienten mit Dosierungseinschränkungen können wegen der damit einhergehenden Veränderung der Verstoffwechselung und Ausscheidung von Flecainid 6-8 Tage, in extremen Ausnahmefällen bis zu 20 Tage bis zum Erreichen von Steady-State-Verhältnissen vergehen.
Untersuchungen haben ergeben, dass die Flecainid-Elimination abhängig vom pH-Wert des Urins ist. Bei einem Urin-pH-Wert von 4,4-5,4 werden ca. 45 % einer einmaligen Flecainid-Gabe innerhalb von 32 Stunden unverändert renal eliminiert; bei einem Urin-pH-Wert von 7,4-8,3 beträgt die Eliminationsquote von nicht metabolisiertem Flecainid 7,4 %. [Ref.]
Tabletten 50 mg, 100 mg
Injektionslösung 10 mg/mL
Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):
Präparat | Darreichungsform | Stärke (Flecainidacetat) | Applikationsweg | Natriumgehalt | Problematische Hilfsstoffe | Anwendungshinweis |
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Tambocor® mite | Tabletten | 50 mgT0 | oral | natriumfrei | - | Die Tabletten sind zu oder nach den Mahlzeiten mit ausreichend Flüssigkeit einzunehmen. |
Tambocor® | Tabletten | 100 mgT2 | oral | natriumfrei | - | |
Flecainid HEXAL® | Tabletten | 50 mgT0, M, S, So 100 mgT2, M, S, So |
oral | natriumfrei | - | - |
Tambocor® | Injektionslösung | 10 mg/mL | intravenös | 37,6 mg/15 mL (Ampulle) | - | Zur Verdünnung der Lösung darf nur chloridfreie Glukoselösung (5 %ig) verwendet werden, da Flecainid mit Chlorid-Ionen Niederschläge bilden kann. |
T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, T0: nicht teilbar, M: mörserbar, S: suspendierbar, So: sondengängig, „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit
Die Fachinformationen wurden am 23.10.2022 aufgerufen.
Neben den aufgeführten Präparaten befinden sich diverse weitere Fertigarzneimittel im Handel.
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Supraventrikuläre Arrhythmien, lebensbedrohliche ventrikuläre Arrhythmien |
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Die Dosierung muss bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen angepasst werden. Es liegen keine Empfehlungen vor, wie die Dosierung anzupassen ist.
Bei Plasmaspiegeln über 0,7–1,0 mg/l besteht eine erhöhte Gefahr für Nebenwirkungen.
Sehr häufig (>10 %): Schwindel (Gleichgewichtsstörungen, in der Regel vorübergehend), Sehstörungen (z.B. Doppeltsehen, Schleiersehen, Sehunschärfe)
Häufig (1-10 %): Depression, Angstzustände, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Parästhesien, Hypästhesien, Ataxien, Synkope, Hautrötung (Flush), vermehrtes Schwitzen, Zittern, Tinnitus, proarrhythmische Wirkungen (insbesondere bei Patienten mit struktureller Herzkrankheit und/oder signifikanter Linksherzinsuffizienz), Herzrhythmusstörungen, Beeinträchtigung der Herztätigkeit (Herzstillstand als Folge möglich), ventrikuläre Arrhythmien und ventrikuläre Tachykardien (z. B. Verstärkung ventrikulärer Extrasystolen, Frequenzanstieg frühzeitiger Ventrikelkontraktionen, Zunahme der Häufigkeit und des Schweregrades ventrikulärer Tachykardien, Kammerflimmern), Herzinsuffizienz, Verschlechterung einer unauffälligen Herzinsuffizienz (klinische Manifestation)
Bei Patienten mit Vorhofflattern: 1:1-AV-Überleitung nach anfänglicher Verlangsamung der Vorhoftätigkeit und daraus resultierender Beschleunigung der Ventrikeltätigkeit, Verschlimmerung der Leitungsstörungen, AV-Blockierungen (II. und III. Grades), Schenkelblock, SA-Block, Bradykardie, Sinusarrest
Gelegentlich (0,1-1 %): Leukozytopenien, Thrombozytopenien, Verminderung der Erythrozytenzahl, Verwirrtheit, Amnesie, Halluzinationen, Dyskinesie, Muskelzucken, periphere Neuropathie, Krampfanfälle, interstitielle Pneumonitis, Mundtrockenheit, Geschmackstörungen, abdominaler Schmerz, Appetitverminderung, Flatulenz, allergische Hautreaktionen, Alopezie, Arthralgien, Myalgien (evtl. mit Fieber), Impotenz
Selten (0,01-0,1 %): Somnolenz, Drehschwindel, erhöhte Leberenzymwerte (mit und ohne Gelbsucht), schwere Urtikaria
Sehr selten (<0,01 %): Erhöhung antinukleärer Antikörper (mit oder ohne systemische Entzündungszeichen), Hornhauteinlagerungen, Lichtempfindlichkeit
Häufigkeit nicht bekannt: Herzstillstand, Schmerzen im Brustkorb, Hypotension, Myokardinfarkt, Palpitationen, atriale Tachykardien, Demaskierung eines bestehenden Brugada-Syndroms, dosisabhängige Verlängerungen des PR- und QRS-Intervalles, Änderung der Schrittmacher-Stimulationsschwelle, Lungenfibrose, interstitielle Lungenerkrankung, hepatische Dysfunktion
Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Patienten mit strukturellen Herzerkrankungen und/oder eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (manifeste Herzinsuffizienz mit linksventrikulärem Auswurfvolumen geringer als 35 %)
nach Myokardinfarkt, außer bei Patienten mit lebensbedrohenden ventrikulären Herzrhythmusstörungen
kardiogener Schock
schwere Bradykardie
SA-Blockierungen
AV-Block II. oder III. Grades sowie intraatrialen oder intraventrikulären Leitungsstörungen sowie Schenkelblock oder distalem Block, falls kein Herzschrittmacher implantiert ist
Sinusknotensyndrom oder Bradykardie-Tachykardie-Syndrom, falls kein Herzschrittmacher implantiert ist
permanentes Vorhofflimmern
Patienten mit hämodynamisch wirksamem Herzklappenfehler
gleichzeitige Anwendung von Antiarrhythmika der Klasse I
bekanntes Brugada-Syndrom
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Interaktionspartner | Grund | Handlungsempfehlung |
CYP2D6-Inhibitoren
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Eine erhöhte Plasmakonzentation von Flecainid ist möglich und somit ein höheres Risiko für ventrikuläre Arrhythmien. | Die gleichzeitige Anwendung ist zu vermeiden. |
CYP2D6-Induktoren | Ein 30%-iger Anstieg der Eliminationsrate von Flecainid ist möglich. | Die gleichzeitige Anwendung ist zu vermeiden. |
Herzglykoside | Flecainid kann zu einer Erhöhung der Plasmaspiegel von Digoxin um etwa 15 % führen. Dies ist bei Patienten mit Plasmaspiegeln im therapeutischen Bereich jedoch kaum von klinischer Bedeutung. | Es wird empfohlen, bei digitalisierten Patienten die Digoxinplasmaspiegel frühestens 6 Stunden nach einer Digoxindosis zu bestimmen, vor oder nach der Gabe von Flecainid. |
Cimetidin | Die Metabolisierung von Flecainid wird gehemmt. Die AUC und Halbwertszeit erhöhen sich. | - |
QT-Zeit verlängernde Stoffe | Bei gleichzeitiger Behandlung mit Flecainid und weiteren Arzneistoffen, die die QT-Zeit verlängern können, steigt die Inzidenz von Herzrhythmusstörungen vom Typ Torsade de pointes. Symptomatische Schwindel- oder Ohnmachtsanfälle können auftreten. Meist enden Torsades de pointes spontan. Selten können sie aber auch in Kammerflimmern und Herzstillstand mit potenziell letalem Ausgang übergehen. | Die gemeinsame Anwendung ist zu vermeiden. |
Antiarrhythmika der Klasse I (Natriumkanalblocker)
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Bei gleichzeitiger Behandlung mit Flecainid und anderen Klasse-I-Antiarrhythmika (Ajmalin, Prajmalium, Propafenon) wird eine verstärkte kardiale Toxizität befürchtet. Mit einer Zunahme kardiodepressiver Effekte (AV-Überleitung, intraventrikuläre Erregungsleitung, Kontraktionskraft) muss gerechnet werden. | Die gemeinsame Anwendung ist kontraindiziert. |
Antiarrhythmika der Klasse II (Betablocker) | Es besteht die Möglichkeit additiver Effekte. | Bei gemeinsamer Anwendung muss eventuell die Dosis angepasst werden. |
Antiarrhythmika der Klasse III (Kaliumkanalblocker) | - | Bei gleichzeitiger Anwendung mit Amiodaron sollte die Dosierung von Flecainid um 50 % reduziert und der Patient engmaschig auf Nebenwirkungen überwacht werden. Eine Überwachung der Plasmaspiegel wird unter diesen Umständen dringend empfohlen. |
Antiarrhythmika der Klasse IV (Calciumkanalblocker) | - | Die gemeinsame Anwendung mit Calciumkanalblockern sollte nur mit Vorsicht in Erwägung gezogen werden. Bei gemeinsamer Anwendung muss eventuell die Dosis angepasst werden. |
Diuretika, Corticosteroide oder Laxanzien | Die gleichzeitige Einnahme kann zu einer Hypokaliämie führen. Das kann das arrhythmogene Potenzial erhöhen. Bei gemeinsamer Anwendung ist das Risiko für eine Kardiotoxizität erhöht. | - |
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Antiarrhythmika, Klasse Ib | ||
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Licain®, Xylocain®, Xylocitin®, weiterer ATC-Code: N01BB02
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C01BB01 |
Antiarrhythmika, Klasse Ic | ||
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Rytmonorm®
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C01BC03 |
Antiarrhythmika, Klasse III | ||
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Cordarex®, Cordarone®
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C01BD01 |