Minocyclin

Wirkstoff
Minocyclin
Handelsname
Skid®
ATC-Code
J01AA08

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Tetracyclin. Der Wirkungsmechanismus von Minocyclin beruht auf einer Hemmung der Proteinbiosynthese durch reversible Blockade der Bindungsstelle der Aminoacyl-t-RNS an der 30S-Untereinheit des Ribosoms, wodurch die Elongation der Peptidkette unterbrochen wird. Hieraus resultiert eine vorwiegend bakteriostatische Wirkung.

Nachgewiesene Infektionen durch Streptokokken und Pneumokokken sollten mit Minocyclin nicht behandelt werden, weil die Resistenzsituation ungünstig ist.

Eine Resistenz gegenüber Minocyclin kann auf folgenden Mechanismen beruhen:

  • Zumeist beruht die Resistenz auf dem Vorhandensein von Effluxpumpen, die Tetracycline aktiv aus der Zelle transportieren.
  • Als weiterer Mechanismus sind ribosomale Schutzproteine beschrieben, die eine Bindung von Minocyclin an das Ribosom verhindern.
  • Ein selten vorkommender Mechanismus ist die enzymatische Inaktivierung von Minocyclin.
  • Es besteht eine weitgehende Kreuzresistenz von Minocyclin mit anderen Tetracyclinen. Tetracyclin- resistente Stämme können empfindlich gegenüber Minocyclin sein.

Pharmakokinetik bei Kindern

Es wurden keine pharmakokinetischen Studien an Kindern ausgeführt.
 

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Bakterielle Infektionen
    • oral
      • ≥8 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen
  • Schwere Akne vulgaris
    • oral
      • ≥8 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral bei Infektionen der Atemwege und des HNO-Bereiches, des Urogenitaltraktes, und anderen Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, ambulanter Therapie von Gallenwegsinfektionen, Chlamydien-Konjunktivitis und Trachom, Borreliosen, wie Erythema chronicum migrans und Lyme-Disease, seltenen Infektionen, wie Brucellose, Ornithose, Bartonellose, Listeriose, Rickettsiose, Melioidose, Pest, Granuloma inguinale und andere,Umgebungsprophylaxe bei Meningokokken-Meningitiden

Kinder ab 8 Jahren:

  • Initialdosis: 4 mg Minocyclin/kg KG
  • anschließend 2 mg Minocyclin/kg KG alle 12 Stunden
  • Zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen unter 50 kg Körpergewicht ist das Präparat wegen seiner Dosierungsstärke nicht geeignet.

Erwachsene und Jugendliche über 50 kg Körpergewicht:

  • Initialdosis: 200 mg Minocyclin verteilt auf eine Gabe
  • an den folgenden Tagen 100 mg Minocyclin alle 12 Stunden.

[Ref.]

Oral bei Schweren Formen der Akne (Acne vulgaris)

Kinder und Jugendliche ab 8 Jahren und Erwachsene:

  • 100 mg Minocyclin verteilt auf 2 Gaben täglich, in der Regel über einen Zeitraum von 4–6 Wochen
    oder
  • täglich 100 mg verteilt auf eine Gabe über 7-21 Tage

[Ref.]

Präparate im Handel

Filmtabletten 50 mg, 100 mg
Hartkapseln 50 mg, 100 mg

Präparate im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke (Minocyclin) Applikationsweg Problematische Hilfsstoffe Anwendungshinweis Altersangabe
Skid® Filmtabletten 50 mgT0,M
100 mgT1,M
oral - Einnahme mit der Mahlzeit morgens und abends. Keine Einnahme mit Milch. Akne vulgaris: ab 8 Jahre
Infektionen und Akne: ab 8 Jahre 
Minocyclin-ratiopharm® Hartkapseln 50 mgT0,M0,S1
100 mgT0,M0,S1
oral - Einnahme mit der Mahlzeit morgens und abends. Keine Einnahme mit Milch. Keine Einnahme im Liegen oder unmittelbar vor dem Schlafen wegen der Gefahr der Entstehung von Ösophagitis/Ösophagealulcera. Akne vulgaris: ab 8 Jahre 
Infektionen und Akne: ab 8 Jahre


T1: nur teilbar zur erleichterten Einnahme, T0: nicht teilbar, M: mörserbar, M0: nicht mörserbar, S1: suspendierbar

Die Fachinformationen wurden am 04.03.2024 aufgerufen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Bakterielle Infektionen
  • Oral
    • 8 Jahre bis 12 Jahre
      [1] [5] [6] [7]
      • Initialdosis: 4 mg/kg/Tag in 1 Dosis. Max: 200 mg/Tag.
      • Erhaltungsdosis: 2 - 4 mg/kg/Tag in 1 - 2 Dosen. Max: 200 mg/Tag.
    • 12 Jahre bis 18 Jahre
      [1] [5] [6] [7]
      • Initialdosis: 200 mg/Tag in 1 Dosis
      • Erhaltungsdosis: 100 - 200 mg/Tag in 1 - 2 Dosen.
Schwere Akne vulgaris
  • Oral
    • 8 Jahre bis 18 Jahre
      [6] [7] [8]
      • 100 mg/Tag in 2 Dosen.
      • Nach Entzündungsrückgang kann die Erhaltungsdosis auf 50 mg 1 x täglich oder 100 mg jeden 2. Tag reduziert werden, wenn die klinische Wirkung dies rechtfertigt.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Magen-Darm-Störungen wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, selten pseudomembranöse Colitis und Staphylokokken-Enteritis. Intrakranielle Hypertonie [Fraser 2012]. In einem Fallbericht wurde Rhabdomyolyse beschrieben [Kempeneers 2013]. Bei Kindern unter 8 Jahren sind selten eine irreversible Zahnverfärbung und Zahnschmelzschädigung sowie eine reversible Knochenwachstumsverzögerung beobachtet worden [SmPC].

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Selten (0,01-0,1 %): allergische Reaktionen, v.a. der Haut; Lupussyndrom mit Ausbildung antinukleärer Antikörper, Gelenkbeschwerden (Polyarthralgie, Polyarthritis, Steife oder Ödem) mit negativem Rheumafaktor, Fieber, Abgeschlagenheit, Myalgie, Hepatitis, Erythem/Exanthem, Lymphadenopathie, Beschleunigung der Blutsenkungsgeschwindigkeit, Eosinophilie, eosinophile Lungeninfiltrate, Vaskulitis, Verschlimmerung eines systemischen Lupus erythematodes; Übelkeit, Erbrechen, Anorexie, Diarrhö, erhöhte Leberenzymwerte, Ikterus, Hyperbilirubinämie, Hepatitis; Photosensibilisierung und phototoxische Reaktionen (Erythem, Hautödem, Blasenbildung der belichteten Hautareale, Nagelablösung und -verfärbung), generalisiertes Exanthem, Urtikaria, Pruritus, Erythemanodosum, fixes Arzneimittelexanthem (an Genitalien und anderen Körperregionen), irreversible Zahnverfärbung und Zahnschmelzschädigung sowie reversible Knochenwachstumsverzögerung (bei Kindern unter 8 Jahren); blaugraue bis schwärzliche Verfärbungen von Haut, Schleimhäuten, Nägeln, Zähnen, Knochen und der Schilddrüse (bei längerer hochdosierter Therapie)

Sehr selten (<0,01 %): Leukopenie, Neutropenie, Agranulozytose, Thrombopenie, Anämie, Leukozytose, Eosinophilie, atypische Lymphozyten, toxische Granulationen der Granulozyten; Überempfindlichkeitssyndrom (DRESS) mit Hautreaktionen, Eosinophilie, Hepatitis, Lungenerkrankung (eosinophile Lungeninfiltrate), Nephritis, Myokardose, Perikarditis, Fieber und Lymphadenopathie; intrakranielle Drucksteigerung (Pseudotumor cerebri) mit Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen (Papillenödem) und Vorwölbung der Fontanellen (bei Säuglingen); Heiserkeit, interstitielle Pneumonie, Mund- und Rachenschleimhautentzündungen (z. B. Glossitis), Schluckbeschwerden (Ösophagitis); Alopezie und schwere Hauterscheinungen wie exfoliative Dermatitis, Erythema exsudativum multiforme, Stevens-Johnson-Syndrom, toxisch epidermale Nekrolyse (Lyell-Syndrom), Vaskulitis; interstitielle Nephritis

Häufigkeit nicht bekannt: Superinfektion und Vermehrung resistenter Bakterien und Pilze (z.B. Candida-Besiedelung der Haut oder Schleimhäute (insbesondere des Genitaltraktes sowie der Mund- und Darmschleimhäute) mit Symptomen wie Mund- und Rachenschleimhautentzündungen (Glossitis, Stomatitis), akute Entzündungen der äußeren Geschlechtsorgane und der Scheide bei der Frau (Vulvovaginitis) sowie Pruritus ani; schwere akute Überempfindlichkeitsreaktionen (Angioödem mit Gesichtsödem, Zungenschwellung, innere Kehlkopfschwellung mit Einengung der Luftwege, Atemnot, Asthma, Herzjagen, hämolytische Anämie sowie anaphylaktische oder anaphylaktoide Reaktionen mit Blutdruckabfall bis hin zu bedrohlichem Schock); Serumkrankheit-ähnliche Erkrankung mit Hautausschlag, Urtikaria, Fieber, Kopfschmerz und Gelenkbeschwerden (Schmerz, Steife, Ödeme, Arthritis), Eosinophilie; Störungen der Schilddrüsenfunktion; zentralnervöse Nebenwirkungen (signifikant häufiger als bei anderen Tetracyclinen) wie Kopfschmerzen, Ataxie, Schwindel, Benommenheit, Müdigkeit, vorübergehende Myopie, konjunktivale Zysten, Beeinträchtigung des Hörvermögens, Tinnitus, Vertigo, Myokarditis, Perikarditis, Husten, Dyspnoe, eosinophile Lungeninfiltration, Magendruck, Meteorismus, Fettstühle, Enterokolitis (pseudomembranöse Kolitis), Pankreatitis, Ösophagusulzera, Tonsillenkarzinom unter Langzeittherapie (nur 1 Fall bekannt), immunologisch bedingte Leberzellschädigungen und/oder Hepatitis bis Leberinsuffizienz (teilweise tödlich), Arthralgie, Myalgie, Arthritis, Verstärkung einer vorbestehenden Myasthenie, akutes Nierenversagen (teilweise mit Hypokaliämie und Hypophosphatämie), Retention harnpflichtiger Substanzen (z. B. erhöhte Blutharnstoffwerte), Fieber

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen bei Kindern

  • Kinder unter 8 Jahren

Kontraindikationen allgemein

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, andere Tetracycline oder einen der sonstigen Bestandteile
  • Patienten mit schweren Funktionsstörungen der Leber
  • in Kombination mit anderen hepatotoxischen Mitteln oder systemisch verabreichten Retinoiden
  • während der Schwangerschaft und Stillzeit

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Die Behandlung von Kindern zwischen 8–12 Jahren nur erwägen, wenn Alternativen nicht wirksam oder kontraindiziiert sind. Zwischen Tetracyclinen untereinander besteht Kreuzhypersensitivität und Kreuzresistenz. Die Ablagerung in wachsendem Zahngewebe kann zur permanenten Verfärbung der Zähne führen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
systemisch wirkende Retinoide erhöhtes Risiko für Hirndrucksteigerung Kontraindiziert. In der Akne-Behandlung sollen eine ausreichende Zeit vor, während und nach einer Minocyclin-Therapie keine Retinoide eingenommen werden; dabei sind die teils sehr langen Halbwertszeiten der Retinoide zu bedenken. Patienten, bei denen es unter der Behandlung zu einer Erhöhung des Schädelinnendrucks kommt, müssen das Retinoid oder das Tetracyclin oder beides unverzüglich abgesetzt werden.
polyvalente Kationen: Eisen, Magnesium, Aluminium, Calcium
auch in Lebensmitteln und Antazida
verminderte antimikrobielle Wirksamkeit von Minocyclin Minocyclin und polyvalente Kationen müssen zeitlich versetzt eingenommen werden. Mindestens 2-3 Stunden sollten zwischen den Einnahmen liegen.
Colestyramin verminderte antimikrobielle Wirksamkeit von Minocyclin Die beiden Arzneistoffe müssen zeitlich versetzt eingenommen werden. Mindestens 1-4 Stunden vor oder 3-4 Stunden nach der Einnahme von Colestyramin.
Didanosin verminderte antimikrobielle Wirksamkeit von Minocyclin Falls möglich, Didanosin in Form von magensaftresistenten Kapseln anstelle von Kautabletten verabreichen. Eine Kombination von Tetracyclinen und Didanosin in Form von Kautabletten sollte vermieden werden. Falls eine gleichzeitige Anwendung notwendig ist, sollte die Einnahme der beiden Arzneimittel so weit wie möglich zeitversetzt erfolgen (mindestens zwei Stunden).
Methotrexat verstärkte Methotrexat-Toxizität möglich Bei gleichzeitiger Behandlung mit Tetracyclinen sollen die Patienten sorgfältig auf Zeichen einer erhöhten Methotrexat-Toxizität, insbesondere Blutbildveränderungen, überwacht werden.
Clozapin Erhöhung des Risikos und/oder der Schwere von Granulozytopenien/Agranulozytosen Blutbild besonders engmaschig überwachen. 

 

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

TETRACYCLINE

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Tetracycline

Doxycyclin

Doxyderma®, Doxakne tabs®, Oraycea®
J01AA02
J01AA07

Tigecyclin

Tygacil®
J01AA12

Referenzen

  1. Mylan, SmPC Minocycline (RVG 22153)
  2. Fraser CL et al. , Minocycline-induced fulminant intracranial hypertension. , Arch Neurol. , 2012 , Aug;69(8):, 1067-70
  3. Garner SE et al. , Minocycline for acne vulgaris: efficacy and safety., Cochrane Database Syst Rev., 2012 , Aug 15;(8):, CD002086
  4. Kempeneers D et al., Rabdomyolyse op zowel isotretinoïne als minocycline in de behandeling van acne vulgaris bij een 15-jarige jongen [Rabdomyolyse durch Isotretinoin und Minocyclin zur Behandlung von Akne vulgaris bei einem 15-jährigen Jungen], Ned Tijdschr. Derm. Venereol., 2013, Mei; 23(5), 275-277
  5. Aurobindo, SmPC Minocycline (RVG 22098) 09-11-2018
  6. Winthrop Arzneimittel GmbH, SmPC, Skid® 100 mg Filmtabletten (6065494.00.00), 07/2022
  7. Ratiopharm GmbH, SmPC, Minocyclin-ratiopharm® 50/100 mg Hartkapseln (6801059.00.00/6801059.01.00), 01/2023
  8. 1 A Pharma GmbH, SmPC, Minocyclin – 1 A Pharma® 50 mg Filmtabletten (3000880.00.00), 03/2018

Änderungsverzeichnis

  • 01 September 2020 17:23: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung