Acetazolamid

Wirkstoff
Acetazolamid
Handelsname
Glaupax®, Acemit®
ATC-Code
S01EC01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Acetazolamid ist ein wirksamer Hemmstoff des Enzyms Carboanhydrase, das in zahlreichen Strukturen des Augeninnern, einschließlich des Ziliarkörpers, vorkommt. Am Auge führt Acetazolamid zu einer Reduktion des Bicarbonatgehaltes im Kammerwasser, wodurch es via Kammerwasserproduktionshemmung zur Senkung des intraokularen Druckes kommt.
In der Niere wird die tubuläre Resorption von Bicarbonationen stark eingeschränkt und dadurch werden Natrium- und Kaliumionen vermehrt ausgeschieden. Der damit verbundene diuretische Effekt nimmt nach einigen Tagen ab. Dagegen bleibt die Carboanhydrase-Hemmung am Ziliarkörper wirksam und die Abnahme der Kammerwasserproduktion bleibt erhalten.

Pharmakokinetik bei Kindern

Es sind keine spezifischen Informationen für Kinder vorhanden.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Epilepsie, adjuvante Therapie
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label
    • intravenös
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label
  • Senkung des Augeninnendrucks
    • oral
      • ≥1 Jahr bis <18 Jahre: off-label
  • Senkung des intrakraniellen Drucks
    • oral
      • ≥1 Jahr bis <18 Jahre: off-label
  • Ödeme
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral

  • als zusätzliches Arzneimittel in Kombination mit anderen Augeninnendruck senkenden, lokal angewendeten Arzneimitteln (außer Carboanhydrase-Hemmern) empfohlen, wenn die Monotherapie mit diesen Arzneimitteln oder eine andere nebenwirkungsärmere lokale Therapie keine ausreichende Senkung des Augeninnendrucks erzielt hat, oder wenn eine lokale Therapienicht durchführbar ist.
  • zur Behandlung des primären chronischen Weitwinkelglaukoms (Offenwinkelglaukoms) der präoperativen Kurzzeitbehandlung des akuten Winkelblockglaukoms zusammen mit Miotika und Osmotika, zur Behandlung von Sekundärglaukom, sowie nach Katarakt- und Glaukomoperationen zu empfehlen, um einen Anstieg des Augeninnendrucks vorzubeugen.

Kinder und Jugendliche

Eine Behandlung mit Acetazolamid ist bei Kindern sorgfältig abzuwägen, da bisher noch keine spezifischen Erfahrungen mit diesen Patienten vorliegen.

[Ref.]

Präparate im Handel

Tabletten 250 mg
Es gibt derzeit kein i.v. Präparat in Deutschland im Handel. Ein Import ist gegebenenfalls aus den Niederlanden (Diamox parenteraal 500 mg, poeder voor injectievloeistof) möglich.

Präparate im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke (Acetazolamid) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Anwendungshinweis Altersangabe
Glaupax® Tabletten 250 mgT2,M oral k.A. - Die Tabletten werden mit Flüssigkeit in der Regel zu den Mahlzeiten eingenommen. Erwachsene
Acemit® Tabletten 250 mgT2 oral natriumfrei - Erwachsene


T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, M: mörserbar, k.A.: keine Angabe, „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit

Die Fachinformationen wurden am 20.06.2024 aufgerufen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Gehe zu:

Epilepsie, adjuvante Therapie
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1] [2]
      • 8 - 30 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen. Max: 1.500 mg/Tag.
      • off-label

  • Intravenös
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1] [2]
      • 8 - 30 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen. Max: 1.500 mg/Tag.
      • Parenterale Verabreichung ausschließlich im Notfall

        off-label

Senkung des Augeninnendrucks
Senkung des intrakraniellen Drucks
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [9] [10]
      • Initialdosis: 30 mg/kg/Tag in 3 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: Falls erforderlich, erhöhen auf max. 100 mg/kg/Tag in 3 Dosen. Max: 1.500 mg/Tag.
      • Elektrolytbalance überwachen und eventuell mit Kalium und Bikarbonat ausgleichen.
        Fallspezifische Dosierung.

        off-label

Ödeme
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [2]
      • Morgens 5 mg/kg/Tag in 1 Dosis. Max: 375 mg/Tag.
      • Behandlungsdauer:

        2 Tage, danach 1 Tag Pause. Danach Wiederholung dieses Schemas.

      • off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Anpassung bei Nierenfunktionsstörung wie angegeben:

GFR 50-80 ml/min/1.73 m2
Dosisanpassung nicht erforderlich
GFR 30-50 ml/min/1.73 m2
50 Prozent der Einzeldosis und Dosierungsintervall: 12 Stunden
Weitere Dosierungen je nach Wirksamkeit mit max. 2 x täglich 250 mg
GFR 10-30 ml/min/1.73 m2
50 Prozent der Einzeldosis und Dosierungsintervall: 12 Stunden
Weitere Dosierungen je nach Wirksamkeit mit max. 2 x täglich 250 mg
GFR < 10 ml/min/1.73 m2
Es kann keine allgemeingültige Empfehlung erteilt werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Azidose, Nieren- und Leberfunktionsstörungen, Hautreaktionen, Hypersensitivitätsreaktionen
Bei Langzeitanwendung: metabolische Azidose, Nierensteine, Knochenmarkdepression

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Häufig (1-10 %): metabolische Azidose, Parästhesien (Kribbeln, Taubheitsgefühl), Ataxie, Kopfschmerzen, Schwindel, Blutdrucksenkungen, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Bauchschmerzen, Mundtrockenheit, Muskelverspannungen, Wadenkrämpfe, vermehrte Diurese, Müdigkeit

Gelegentlich (0,1-1 %): Störungen des Elektrolythaushaltes (Kalium, Calcium, Natrium, Magnesium, Chlorid), Hypercalciurie, Verwirrtheit, Depression, transitorische Myopien, Tinnitus und Hörstörungen, Urtikaria

Selten (0,01-0,1 %): vermehrte Atembeschwerden bei Patienten mit Herz- oder Lungenkrankheiten, Hepatitis, cholestatischer Ikterus, fulminante Lebernekrose, Sulfonamid-Nephropathie, Calciumphosphat-Steinbildung (Nephrolithiasis), metabolische Azidose und folgender Hypercalciurie mit Bildung von Nierensteinen

Sehr selten (<0,01 %): anaphylaktische Reaktionen, Exanthem (einschließlich Erythema multiforme), Stevens-Johnson-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse, Fieber, Lichtempfindlichkeit

Häufigkeit nicht bekannt: Blutbildveränderungen (aplastische Anämie, Leukopenie, Thrombozytopenie, thrombozytische Purpura, Agranulozytose, Knochenmarkdepression, Panzytopenie), Hyperglykämie, Hypoglykämie, Osteomalazie, schlaffe Lähmungen, Konvulsionen, Reizbarkeit, Erregung, Schwächegefühl/Benommenheit, Leistungsabfall, Engwinkelglaukom, Appetitlosigkeit, Geschmacksstörungen, krampfartige Schmerzen oder Teerstühle, abnormale Leberfunktionswerte, akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP), Hämaturie, Glukosurie, Kristallurie, Nieren- und Harnleiter-Koliken, Nierenschädigung, Nierenversagen, Störungen des Elektrolythaushaltes (Kalium, Calcium, Natrium, Magnesium, Chlorid), Muskel-, Wadenkrämpfen, Hyperurikämie, Gichtanfälle, Hitzewallungen, verminderte Libido, Durst, Aderhauterguss (choroidaler Erguss), Aderhautabhebung 

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • erniedrigter Natrium- und Kaliumspiegel im Serum
  • hyperchlorämische Azidose
  • Patienten mit Leberzirrhose, da das Risiko einer hepatischen Enzephalopathie zunehmen kann
  • schwere Nieren- und Lebererkrankung
  • Nebenniereninsuffizienz
  • Hypercalciurie
  • Nephrocalcinose
  • langfristige Behandlung bei Patienten mit chronischem nicht-kongestivem Glaukom mit Verschluss des Kammerwinkels, weil die Verschlechterung des Glaukoms durch den erniedrigten intraokularen Druck maskiert werden kann
  • Schwangerschaft und Stillzeit

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Es können Kreuzallergien mit anderen Sulfonamiden auftreten. Bei längerem Gebrauch ist auf Anzeichen für eine metabolische Azidose zu achten. Vorsicht bei Herzrhythmusstörungen, Digoxin- oder Corticosteroidtherapie.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Diese Informationen werden im Moment recherchiert und baldmöglichst zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie die aktuellen Fachinformationen.

GLAUKOMMITTEL UND MIOTIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Parasympathomimetika

Pilocarpin - okulär

Pilomann®, Spersacarpin®
S01EB01
Prostaglandin-Analoga*

Latanoprost

Xalatan®
S01EE01

Referenzen

  1. Katayama F, et al, Long-term effectiveness and side effects of acetazolamide as an adjunct to other anticonvulsants in the treatment of refractory epilepsies, Brain Dev, 2002, Apr;24(3), 150-4
  2. Goldshield Pharmaceuticals Ltd., SPC Diamox (RVG 00644), www.cbg-meb.nl, aufgerufen 18. August 2010, http://db.cbg-meb.nl/IB-teksten/h00644.pdf
  3. Sharan S, et al, The effect of oral acetazolamide on weight gain in children, Can J Ophthalmol, 2010 , Feb;45(1), 41-5
  4. Sabri K, et al, The additive effect of topical dorzolamide and systemic acetazolamide in pediatric glaucoma, J AAPOS, 2006 , Oct;10(5), 464-8
  5. Zierhut M, et al, Treatment of uveitic macular edema with acetazolamide, Doc Ophthalmol, 1999, 97(3-4), 409-13
  6. Portellos M, et al, Topical versus oral carbonic anhydrase inhibitor therapy for pediatric glaucoma, J AAPOS, 1998, Feb;2(1), 43-7
  7. Haas J. , Principles and problems of therapy in congenital glaucoma., Invest Ophthalmol., 1968, Apr;7(2), 140-6
  8. Galin MA, et al, Acetazolamide and outflow facility, Arch Ophthalmol, 1966, Oct;76(4), 493-7
  9. Carrion E, et al, Use of acetazolamide to decrease cerebrospinal fluid production in chronically ventilated patients with ventriculopleural shunts., Arch Dis Child., 2001, Jan;84(1), 68-71
  10. Shinnar S, et al, Management of hydrocephalus in infancy: use of acetazolamide and furosemide to avoid cerebrospinal fluid shunts., J Pediatr, 1985, Jul;107(1), 31-7
  11. OmniVision GmbH, SmPC Glaupax®, 250 mg Tabletten (6309022.00.00), 01/2024
  12. OmniVision GmbH, SmpC Acemit®, 250 mg Tabletten (3002026.00.00), 01/2024
  13. MMI, Online GL. Gelbe Liste Online | Acetazolamid, Accessed June 22, 2018.
  14. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, AkdÄ Drug Safety Mail 2023-45, https://www.akdae.de/arzneimittelsicherheit/drug-safety-mail/newsdetail/drug-safety-mail-2023-45, 06.10.2023

Änderungsverzeichnis

  • 02 August 2024 11:42: Überprüfung und Aktualisierung
  • 03 Dezember 2020 14:41: neue Recherche: Warnhinweise & Vorsichtsmaßnahmen

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung