Pharmakodynamik
Tranexamsäure ist ein Antifibrinolytikum. Tranexamsäure hemmt kompetitiv Plasminogen und damit dessen Umwandlung in Plasmin. Folglich wird die Spaltung von Fibrin durch Plasmin und das Blutungsrisiko vermindert. In hohen Dosen ist Tranexamsäure auch ein nicht-kompetitiver Plasmin-Inhibitor.
Pharmakokinetik bei Kindern
Keine speziellen Daten für Kinder vorhanden.
Zulassung der Dosierungsempfehlungen
- Schleimhautblutungen bei Blutgerinnungsstörung
- oral
- ≥0 Jahre bis <2 Jahre: off-label
- ≥2 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen
- intravenös
- ≥0 Jahre bis <1 Jahr: off-label
- ≥1 Jahr bis <18 Jahre: zugelassen, >20 mg/kg/Tag: off-label
- Massive Blutung bei Trauma
- intravenös
- ≥0 Jahre bis <18 Jahre: off-label
Auszug aus Fachinformation
Auszug aus Fachinformation
Textauszug aus Fachinformation
Oral zur
Kinder und Jugendliche:
- Die Dosierung für Kinder liegt im Bereich von 25 mg/kg pro Dosis.
Jedoch sind zur Wirksamkeit, Dosierung und Sicherheit für diese Indikationen nur begrenzt Daten verfügbar.
[Ref.]
Intravenös zur
Kinder ab 1 Jahr:
[Ref.]
weitere zugelassene Indikationen:
Oral
Kinder und Jugendliche:
- Klinische Erfahrungen mit Tranexamsäure bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren mit Hypermenorrhoe liegen nicht vor.
[Ref.]
Präparate im Handel
Filmtabletten 500 mg
Injektionslösung 100 mg/ml
Orale Anwendung
Feste Arzneiformen
Präparate im Handel:
Präparat |
Darreichungsform |
Stärke |
Problematische Hilfsstoffe |
Cyklokapron® |
Filmtabletten |
500 mgT1 |
- |
Tranexamsäure Tillomed |
Filmtabletten |
500 mg |
Propylenglykol |
T1: nur teilbar zur erleichterten Einnahme
Parenterale Anwendung
Tranexamsäure wird intravenös injiziert oder langsam intravenös infundiert. Tranexamsäure darf nicht intramuskulär angewendet werden.
Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):
Präparat |
Darreichungsform |
Stärke |
Anwendungshinweis |
pH-Wert |
Cyklokapron®-Injektionslösung |
Injektions-/Infusionslösung |
500 mg/5 ml 1000 mg/10 ml |
langsame intravenöse Injektion oder Infusion von maximal 1 ml pro Minute |
6,5 – 8,0 |
Tranexamsäure Carinopharm |
Injektions-/Infusionslösung |
500 mg/5 ml 1000 mg/10 ml |
langsame intravenöse Injektion oder Infusion von maximal 1 ml pro Minute |
6,5 – 7,5 |
Tranexamsäure Tillomed |
Injektionslösung |
500 mg/5 ml 1000 mg/10 ml |
langsame intravenöse Injektion |
k.A. |
Lieferengpässe/weitere praktische Informationen
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Dosierungsempfehlungen
Schleimhautblutungen bei Blutgerinnungsstörung |
- Oral
-
0 Jahre
bis
18 Jahre
und
<
40 kg
[3]
-
0 Jahre
bis
18 Jahre
und
≥ 40 kg
[3]
-
3
- 4
g/Tag
in 3
- 4
Dosen.
- Behandlungsdauer:
7-10 Tage
- Intravenös
-
0 Jahre
bis
18 Jahre
[2]
-
25
mg/kg/Tag
in 3
- 4
Dosen.
- Behandlungsdauer:
7-10 Tage
<1 Jahr: off-label
|
Massive Blutung bei Trauma |
- Intravenös
-
Neugeborene
[4]
[6]
- Initialdosis:
15
mg/kg/Dosis,
Bolus in 10 min. Max: 1 g/Dosis.
- Erhaltungsdosis:
2
mg/kg/Stunde,
Dauerinfusion über 8 h oder bis die Blutung stoppt.
off-label
-
1 Monat
bis
18 Jahre
[4]
[6]
- Initialdosis:
15
mg/kg/Dosis,
Bolus in 10 min. Max: 1 g/Dosis.
- Erhaltungsdosis:
bei anhaltendem massiven Blutverlust
2
mg/kg/Stunde,
Dauerinfusion über 8 h oder bis die Blutung stoppt.
off-label
|
Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate
Oral:
- GFR ≥50 ml/min/1.73 m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.
- GFR 30-50 ml/min/1.73 m2: 100 % der normalen Einzeldosis, Dosierungsintervall: 12 h
- GFR 10-30 ml/min/1.73 m2: 100 % der normalen Einzeldosis, Dosierungsintervall: 24 h
- GFR <10 ml/min/1.73 m2: Eine generelle Empfehlung kann nicht gegeben werden.
Intravenös:
- GFR ≥50 ml/min/1.73 m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.
- GFR 30-50 ml/min/1.73 m2: 67 % der normalen Einzeldosis, Dosierungsintervall: 12 h
- GFR 10-30 ml/min/1.73 m2: 67 % der normalen Einzeldosis, Dosierungsintervall: 24 h
- GFR <10 ml/min/1.73 m2: Eine generelle Empfehlung kann nicht gegeben werden.
Klinische Konsequenzen
Bei eingeschränkter Nierenfunktion kann sich die Halbwertszeit von Tranexamsäure verlängern. Dies erhöht das Risiko von Nebenwirkungen.
Klinische Folgen:
Mögliche Symptome einer Überdosierung sind Übelkeit, Diarrhoe, Schwindel, Kopfschmerzen, Hypotonie und Myopathie.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern
Bauchschmerzen und Diarrhoe. Diese Nebenwirkungen sind dosisabhängig.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein
Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):
- Kopfschmerzen, Schwindel
- allergische Hautreaktionen, allergische Dermatitis
- Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe
Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:
- Thrombozytopenie, Entwicklung einer pathologischen Blutungszeit
- Anaphylaxie
- Krampfanfälle
- Thrombotische/thromboembolische Ereignisse, arterielle oder venöse Thrombosen
- Unwohlsein mit Hypotonie, mit oder ohne Bewusstlosigkeit (im Allgemeinen nach einer zu schnellen i.v. Injektion, in Ausnahmefällen auch nach oraler Gabe)
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Kontraindikationen bei Kindern
Kontraindikationen allgemein
- Akute Thrombosen oder thromboembolische Erkrankungen, wie z.B. tiefe Beinvenenthrombose, Lungenembolie und Hirnvenenthrombose
- Zustand nach einer venösen oder arteriellen Thrombose in der Anamnese
- Hyperfibrinolytische Zustände im Rahmen einer Verbrauchskoagulopathie
- Schwere Niereninsuffizienz/Nierenfunktionsstörung (Kumulationsgefahr)
- Krampfanfälle in der Anamnese
- Störungen des Farbensinns
- Schwangerschaft, ausgenommen in der Spätschwangerschaft bei vitaler Indikation
- intrathekale und intraventrikuläre Injektion, intracerebrale Applikation (Gefahr von cerebralen Ödemen und Krampfanfällen)
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern
Bei Niereninsuffizienz Dosis anpassen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein
- Im Zusammenhang mit einer Tranexamsäuretherapie ist über Krampfanfälle berichtet worden.
- Bei einer renalen Hämaturie besteht das Risiko einer mechanischen Anurie aufgrund einer Verlegung der Harnleiter durch ein Blutgerinnsel.
- Thromboserisiko
- Vor der Anwendung von Tranexamsäure sollte der Patient auf Risikofaktoren thromboembolischer Erkrankungen untersucht werden.
- Patienten, bei denen in der Familienanamnese für thromboembolische Erkrankungen eine auffällige Häufung besteht (thrombophile Risikopatienten), dürfen Tranexamsäure nur bei strenger Indikationsstellung nach Rücksprache mit einem hämostaseologisch erfahrenen Arzt und unter sorgfältiger medizinischer Überwachung anwenden.
- Tranexamsäure sollte bei Patienten, die orale Kontrazeptiva erhalten, aufgrund des erhöhten Thromboserisikos mit Vorsicht angewendet werden.
- Sehstörungen
- Bei Langzeitbehandlung ist auf Sehstörungen, einschließlich eingeschränktes Sehvermögen, verschwommenes Sehen, Störungen des Farbensehens zu achten und gegebenenfalls die Behandlung abzubrechen.
- Bei kontinuierlicher Langzeitanwendung von Tranexamsäure sind regelmäßige augenärztliche Kontrollen (Augenuntersuchungen einschließlich Visus, Farbensinn, Augenhintergrund, Gesichtsfeld etc.) indiziert.
- Die Anwendung von Tranexamsäure bei fibrinolytischem Zustand aufgrund disseminierter intravasaler Gerinnung wird nicht empfohlen.
- Bei einer Hämaturie aus dem oberen Harntrakt besteht die Gefahr einer Urethraobstruktion.
- Disseminierte intravasale Koagulopathie
- Patienten mit disseminierter intravasaler Koagulopathie (DIC) sollten üblicherweise nicht mit Tranexamsäure behandelt werden.
- Wenn Tranexamsäure dennoch angewendet wird, dann nur bei solchen Patienten, bei denen eine Aktivierung des fibrinolytischen Systems überwiegt und akute schwere Blutungen vorliegen.
- Regelblutung
- Bei Patientinnen mit unregelmäßigen Regelblutungen sollte Tranexamsäure erst nach Abklärung der Blutungsursache angewendet werden.
- Wenn die Stärke der Regelblutung durch die Behandlung mit Tranexamsäure nicht abnimmt, sollte eine alternative Therapie in Betracht gezogen werden.
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Wechselwirkungen
Interaktionspartner |
Grund |
Handlungsempfehlung |
Tretinoin |
Risiko für lebensbedrohliche Thrombosen erhöht. |
Nur unter Vorsicht anwenden. Patienten engmaschig auf thromboembolische Komplikationen überwachen. |
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.
ANTIFIBRINOLYTIKA
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Referenzen
-
Rademaker C.M.A. et al, Geneesmiddelen-Formularium voor Kinderen [Arzneimittel-Formularium für Kinder], 2007
-
Nederlandse Vereniging van Hemofiliebehandelaars (NVHB). [Niederländische Vereinigung von Hämophilie Therapeuten], Richtlijn Diagnostiek en behandeling van hemofilie en aanverwante stoornissen [Richtlinie Diagnostik und Behandlung von Hämophilie und verwandten Erkrankungen], 2009, ISBN: 978-90-8523-195-0:29-30, 56;124
-
NVK, Werkboek kinderhematologie [Arbeitsbuch Pädiatrische Hämatologie], www.hematologienederland.nl, 23 sept 2012
-
Turner, NM. Leroy, P., Advanced Paediatric Life Support, de Nederlandse editie [Advanced Paediatric Life Support, die niederländische Ausgabe], 2017, 5. Ausgabe
-
NKFK Workinggroup Acute Kidney Impairment, Extrapolation of KNMP risk analysis "Impaired renal function" for adults to children, 20 Dec 2021
-
Beno S,et al, Tranexamic acid in pediatric trauma: why not?, Crit Care, 2014, Jul 2;18(4):, 313.
-
Pfizer, SmPC Cyklokapron®-Injektionslösung (6376165.00.00), 05/2018
-
MEDA, SmPC Cyklokapron® 500 mg Filmtabletten (6376142.00.00), 07/2016
-
Tillomed, SmPC Tranexamsäure Tillomed 100 mg/ml Injektionslösung (2202025.00.00), 05/2019
-
Tillomed, SmPC Tranexamsäure Tillomed 500 mg Filmtabletten (93771.00.00), 11/2016
-
Carinopharm, SmPC Tranexamsäure Carinopharm 100 mg/ml Injektions-/Infusionslösung (88847.00.00), 10/2019
Änderungsverzeichnis
- 09 Juni 2023 14:27: Die Erhaltungsdosis in der Indikation "Massive Blutung bei Trauma" wurde in 2 mg/kg/h (zuvor: 10 mg/kg/h) gemäß der Studie von Beno et al. korrigiert
- 18 Mai 2022 16:14: Informationen zu Dosisanpassungen bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen hinzugefügt
- 02 November 2021 12:40: Neue Indikation "Massive Blutung bei Trauma"
Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)
Überdosierung
- Symptome:
-
Übelkeit, Diarrhoe, Schwindel, Kopfschmerzen, orthostatische Beschwerden, Hypotonie, Myopathie und Krampfanfälle.
-
Es hat sich gezeigt, dass Krampfanfälle bei höheren Dosen von Tranexamsäure tendenziell häufiger auftreten.
-
Bei prädisponierten Patienten besteht ein Thromboserisiko.
-
Therapie:
-
Es gibt kein spezifisches Antidot.
-
Die Behandlung sollte symptomatisch erfolgen. Folgende Maßnahmen können hilfreich sein: Auslösen von Erbrechen, Magenspülung, Behandlung mit Aktivkohle.
-
Es ist für eine ausreichende Diurese zu sorgen.
-
Eine Behandlung mit Antikoagulantien sollte in Betracht gezogen werden.
[Ref.]