Baclofen

Wirkstoff
Baclofen
Handelsname
Lioresal®
ATC-Code
M03BX01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Baclofen, das Beta-(p-Chlorphenyl)-Derivat der Gamma-Aminobuttersäure (GABA), ist ein zentral wirksames Muskelrelaxans. Die myotonolytische Wirkung von Baclofen beruht auf einer vorwiegend im Rückenmark ansetzenden Verstärkung der präsynaptischen Hemmung, die zu einer Dämpfung der Erregungsübertragung führt. Dadurch kommt es zu einer Abnahme des spastischen Muskeltonus und der pathologischen Massenreflexe bei der Spastik. Die neuromuskuläre Reizübertragung wird nicht beeinflusst.

Pharmakokinetik bei Kindern

Folgende pharmakokinetische Parameter wurden bei Kindern von 2 - 12 Jahren nach einer oralen Dosis von 2,5 mg ermittelt:

Cmax: 62,8 ± 28,7 ng/mL
Tmax: 0,95 – 2 Stunden
T1/2: 5,1 Stunden
Cl: 315,9 mL/h/kg
Vd: 2,58 L/kg

[SmPC Lioresal]

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Muskelspasmen
    • oral
      • ≥3 Monate bis <18 Jahre: zugelassen
  • Muskelspasmen zerebralen oder spinalen Ursprungs
    • intrathekal
      • ≥4 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral
- zur symptomatischen Behandlung einer Spastizität zerebraler Genese, insbesondere wenn diese auf einer infantilen Zerebralparese beruht, sowie nach zerebrovaskulären Ereignissen oder bei Vorliegen neoplastischer oder degenerativer Hirnerkrankungen.
- zur symptomatischen Behandlung einer Spastizität der Skelettmuskulatur bei Rückenmarkserkrankungen infektiöser, degenerativer, traumatischer, neoplastischer oder unbekannter Genese, wie Multiple Sklerose, spastische Spinalparalyse, amyotrophe Lateralsklerose, Syringomyelie, transverse Myelitis, traumatische Paraplegie oder Paraparese sowie Rückenmarkskompression.

Kinder unter 1 Jahr
Die klinischen Daten für eine Anwendung von Baclofen bei Kindern unter 1 Jahr sind nur sehr begrenzt. Die Anwendung bei dieser Patientenpopulation sollte nach Ermessen des Arztes nach sorgfältiger Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses erfolgen.

Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren)
Die Behandlung sollte normalerweise mit einer sehr geringen Dosierung (entsprechend ungefähr 0,3 mg/kg pro Tag), verteilt auf 2 bis 4 Einzeldosen (vorzugsweise verteilt auf 4 Einzeldosen), begonnen werden. Die Dosierung sollte vorsichtig in etwa 1-wöchigen Intervallen erhöht werden, bis sie den individuellen kindlichen Anforderungen genügt. Die übliche tägliche Dosierung für die Erhaltungstherapie beträgt 0,75 bis 2 mg/kg Körpergewicht. Die gesamte Tagesdosis darf für Kinder unter 8 Jahren das Maximum von 40 mg/Tag nicht überschreiten. Für Kinder über 8 Jahren beträgt die maximale Tagesdosis 60 mg/Tag. Baclofen Tabletten sind für Kinder mit einem Körpergewicht unter 33 kg nicht geeignet.

[Ref.]

Intrathekal bei schwerer chronischer Spastizität zerebraler oder spinaler Genese (die mit Verletzungen, Multipler Sklerose oder anderen Rückenmarkserkrankungen einhergeht), die auf ein oral verabreichtes Muskelrelaxans (einschließlich oral verabreichtem Baclofen) nicht ansprechen und/oder bei denen bei Einnahme der effektiven oralen Dosis inakzeptable Nebenwirkungen auftreten.

Kinder und Jugendliche (4 Jahre bis <18 Jahre)
 Die anfängliche Testdosis für die Lumbalpunktion bei Patienten im Alter von 4 bis < 18 Jahren beträgt 25 – 50 Mikrogramm/Tag, abhängig von Alter und Gewicht des Kindes bzw. Jugendlichen. Bei Patienten, die auf diese Testdosis nicht ansprechen, kann die Dosis in Abständen von jeweils 24 Stunden um 25 Mikrogramm/Tag gesteigert werden. Die maximale Testdosis sollte 100 Mikrogramm/Tag bei Kindern und Jugendlichen nicht überschreiten.

[Ref.]

Die anfängliche Gesamttagesdosis von Baclofen Intrathecal berechnet sich wie folgt:
Bei einer Wirkdauer der Testdosis von mehr als 12 Stunden wird diese als anfängliche Tagesdosis verabreicht. Hält die Wirkung der Testdosis weniger als 12 Stunden an, so wird die Dosis verdoppelt und als anfängliche Tagesdosis verabreicht. Während der ersten 24 Stunden sollte die Dosis nicht erhöht werden. Nach dem ersten Behandlungstag kann die Dosis von Tag zu Tag langsam angepasst werden, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Im Allgemeinen wird bei Patienten mit spinaler Spastik bis zu einer Erhaltungsdosis von 300 bis 800 Mikrogramm/Tag gesteigert.

Die anfängliche Erhaltungsdosis zur Langzeitbehandlung mit kontinuierlicher Infusion von Baclofen Intrathecal beträgt 25 – 200 Mikrogramm/Tag (mittlere Tagesdosis: 100 Mikrogramm/Tag). Während des ersten Behandlungsjahres besteht die Tendenz, dass eine höhere Gesamttagesdosis erforderlich wird und die Erhaltungsdosis dem individuellen klinischen Ansprechen entsprechend angepasst werden muss. Die Erfahrungen mit Dosierungen über 1.000 Mikrogramm/Tag sind begrenzt.

[Ref.]

Präparate im Handel

Tabletten 5 mg, 10 mg, 25 mg
Injektionslösung 0,05 mg/mL
Infusionslösung  0,5 mg/mL, 2,0 mg/mL

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke (Baclofen) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Anwendungshinweis Altersangabe
Lioresal® Tabletten 5 mgT0,M
10 mgT2,M
25 mgT0,M
oral k.A. -
Gluten (≤6,1 µg)
Gluten (≤8,3 µg)
Einnahme zu den Mahlzeiten mit Flüssigkeit oder Milch für eine bessere Magen-Darm-Verträglichkeit ab 33 kg 
Lioresal® Intrathecal Injektionslösung 0,05 mg/1 mL intrathekal natriumfrei - Intrathekale Verabreichung über ein implantiertes Verabreichungssystem ab 4 Jahren
Lioresal® Intrathecal Infusionslösung 10 mg/20 mL
(≙ 1 Ampulle ≙ 0,5 mg/mL)
10 mg/5 mL
(≙ 1 Ampulle ≙ 2 mg/mL)
intrathekal 3,54 mg/mL
natriumfrei
- ab 4 Jahren

 

T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, T0: nicht teilbar, M: mörserbar, k.A.: keine Angabe, „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit

Die Fachinformationen wurden am 06.06.2024 aufgerufen.

Neben den aufgeführten Präparaten befinden sich diverse weitere Fertigarzneimittel im Handel.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Muskelspasmen
  • Oral
    • 3 Monate bis 8 Jahre
      [2] [5]
      • Initialdosis: 0,3 mg/kg/Tag in 4 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: Schrittweise erhöhen um 0,3 mg/kg/Tag bis 0,75 - 2 mg/kg/Tag in 4 Dosen. Max: 40 mg/Tag.
      • Ambulant: Dosis alle 14 Tage erhöhen
        Klinik: Dosis alle 3–7 Tage erhöhen

    • 8 Jahre bis 18 Jahre
      [2] [5]
      • Initialdosis: 0,3 mg/kg/Tag in 4 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: Schrittweise erhöhen um 0,3 mg/kg/Tag bis 0,75 - 2 mg/kg/Tag in 4 Dosen. Max: 60 mg/Tag.
      • Ambulant: Dosis alle 14 Tage erhöhen
        Klinik: Dosis alle 3–7 Tage erhöhen

Muskelspasmen zerebralen oder spinalen Ursprungs
  • Intrathekal
    • ≥ 4 Jahre
      [3] [6] [7]
      • Initialdosis:Testdosis 25-50 microg./Tag intrathekal, basierend auf der Reaktion kann pro 24 Stunden um 25 microg. auf max. 100 microg. erhöht werden.

        Erhaltungsdosis: 

        Wirkung der Testdosis <12 Stunden: Verdoppelung der wirksamen Testdosis, Verabreichung über 24 Stunden
        Wirkung der Testdosis >12 Stunden: wirksame Testdosis, Verabreichung über 24 Stunden.
        Nach den ersten 24 Stunden die Tagesdosis langsam in Schritten von max. 5-15 % der Tagesdosis anpassen. Max. 1000 microg./Tag

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Bei oraler Anwendung:
- GFR ≥ 50 ml/min/1,73 m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.  
- GFR 30-50 ml/min/1,73 m2: 100 % der normalen Dosis, Dosierungsintervall: 24 h, anschließend nach Wirkung und Nebenwirkung dosieren.
- GFR 10-30 ml/min/1,73 m2: 100 % der normalen Dosis, Dosierungsintervall: 24 h, anschließend nach Wirkung und Nebenwirkung dosieren.
- GFR <10 ml/min/1,73 m2: Eine generelle Empfehlung kann nicht gegeben werden.
Bei intrathekaler Anwendung: Dosisanpassung nicht erforderlich.

Klinische Konsequenzen

Bei eingeschränkter Nierenfunktion verringert sich die renale Clearance von Baclofen. Dadurch erhöht sich das Risiko für Nebenwirkungen.
Klinische Folgen:
Zu den charakteristischen Symptomen einer Überdosierung gehören Depression des zentralen Nervensystems, Atemdepression, Krämpfe, Myoklonien, Muskelschwäche sowie Hypotonie und Hyporeflexie.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Sedierung (besonders zu Beginn der Behandlung), Erbrechen und Durchfall.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr häufig (>10 %): Schläfrigkeit, Sedation (vor allem zu Beginn der Behandlung), Übelkeit

Häufig (1-10 %): Depression, Euphorie, Halluzinationen, Albträume, Verwirrtheit (insbesondere bei älteren Patienten), Tremor, Ataxie, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Ermüdung, Nystagmus, Akkommodationsstörungen, Sehstörungen, Palpitationen, Hypotonie, Würgen, Erbrechen, Mundtrockenheit, Diarrhö, Obstipation, Magen-Darm-Störungen, Brechreiz, Exantheme, Hyperhidrosis, Muskelschwäche, Muskelschmerzen, Blasenentleerungstörungen (häufiges Wasserlassen, Bettnässen, Harnzwang), Atemdepression, Müdigkeit, abnehmende Herzleistung

Selten (0,01-0,1 %): Agitiertheit, Parästhesien, Dysarthrie, Geschmacksstörungen, Bauchschmerzen, Leberfunktionsstörungen, Harnverhaltung, erektile Dysfunktion

Sehr selten (<0,01 %): Überempfindlichkeitsreaktionen; akute Enzephalopathie mit EEG-Veränderungen, Desorientiertheit, Tremor, Agitiertheit und Myoklonien, orofaciale Dyskinesien (reversibel), Hypothermie, erhöhte Leberenzymwerte (SGOT, SGPT) (dosisabhängig, reversibel)

Häufigkeit nicht bekannt: Schlafapnoe-Syndrom, Bradykardie, Urtikaria, Entzugssyndrom, erhöhter Blutzucker

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • Epilepsie und andere zerebrale Anfallsleiden
  • bei oraler Anwendung: terminale Niereninsuffizienz
  • bei Lioresal 10 und Lioresal 25 bekannte Überempfindlichkeit gegen Weizenstärke

Baclofen ist nicht geeignet für die Behandlung von Spastizität bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Parkinsonismus oder aufgrund peripherer Verletzungen.

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Bei Muskelhypotonie die Dosis reduzieren. Beim Absetzen nach längerer Therapie muss die Dosis ausgeschlichen werden.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Diese Informationen werden im Moment recherchiert und baldmöglichst zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie die aktuellen Fachinformationen.

MUSKELRELAXANZIEN, ZENTRAL WIRKENDE MITTEL

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Referenzen

  1. Rademaker C.M.A. et al, Geneesmiddelen-Formularium voor Kinderen [Arzneimittel-Formularium für Kinder], 2007
  2. Novartis Pharma BV, SPC Lioresal (RVG 06347), www.cbg-meb.nl, aufgerufen 26. Mai 2010, http://db.cbg-meb.nl/IB-teksten/h06347.pdf
  3. Sintetica GmHb, SmPC Baclofen (RVG 120889) 06-09-2018, www.geneesmiddelinformatiebank.nl
  4. NKFK Workinggroup Acute Kidney Impairment, Extrapolation of KNMP risk analysis "Impaired renal function" for adults to children, 20 Dec 2021
  5. Novartis Pharma GmbH, SmPC Lioresal® 5 mg /10 mg / 25 mg Tabletten (6078226.00.00), 03/2024
  6. Novartis Pharma GmbH, SmPC Lioresal® Intrathecal 0,05 mg/1 mL Injektionslösung (39917.00.00), 12/2020
  7. Novartis Pharma GmbH, SmPC Lioresal® Intrathecal 10 mg/20 mL, 10 mg/5 mL Infusionslösung (39917.00.01), 12/2020

Änderungsverzeichnis

  • 24 Mai 2022 11:58: Informationen zu Dosisanpassungen bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen hinzugefügt
  • 08 September 2020 17:54: Neue Überarbeitung

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung