Pharmakodynamik
Aufgrund seiner osmotischen Wirkung verursacht Mannitol einen Übertritt von Flüssigkeit vom Intrazellularraum in den Extrazellularraum.
Wirkung in der Niere: Osmodiuretische Wirkung durch Steigerung des osmotischen Drucks, Blockade der Rückresorption von Wasser aus dem glomerulären Filtrat, Zunahme der renalen Perfusion, Anstieg der glomerulären Filtrationsrate.
Wirkung im Gehirn: Bei intakter Blut-Hirn-Schranke wird ein osmotisches Gefälle zwischen Blut und Hirngewebe aufgebaut und dem Hirngewebe Flüssigkeit entzogen. Dadurch wird ein bestehendes Hirnödem verringert und der intrakranielle Druck gesenkt. Cave bei nicht intakter Blut-Hirn-Schranke (z.B. Azidose): Rebound-Phänomen.
Wirkung am Auge: Senkung des intraokulären Drucks durch Aufbau eines osmotischen Gefälles.
Pharmakokinetik bei Kindern
Keine speziellen Information zu pharmakokinetischen Parametern von Mannitol bei Kindern.
Zulassung der Dosierungsempfehlungen
- Verbesserung der hämodynamischen Stabilität während der Hämodialyse (HD)
- intravenös
- ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label
- Reduktion des intrakraniellen oder intraokulären Drucks, akute Niereninsuffizienz
- intravenös
- ≥0 Jahre bis <12 Jahre: off-label
- ≥12 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen
Auszug aus Fachinformation
Auszug aus Fachinformation
Textauszug aus Fachinformation
Intravenös zur Hirndrucksenkung bei intakter Blut-Hirn-Schranke
Kinder ab 12 Jahren:
- In der Literatur wird die gleiche Testdosis wie für Erwachsene empfohlen und therapeutische Dosen von 0,25 g bis 2 g Mannitol/kg KG.
Erwachsene:
- In der Regel werden 1,5-2 g Mannitol pro kg KG über 30-60 Minuten infundiert.
- Zur raschen Hirndrucksenkung können auch 1-1,5 g Mannitol/kg KG über 10 Minuten infundiert werden.
- Bei geringem Körpergewicht und geschwächten Patienten kann eine Dosis von 0,5 g/kg KG ausreichend sein.
- Bei präoperativer Anwendung sollte die Dosis 1 bis 1,5 Stunden vor der Operation verabreicht werden, um eine maximale Wirkung zu erzielen.
- Das übliche Intervall zwischen den einzelnen Infusionen beträgt 4-6 Stunden. Es ist jedoch auf die Serumosmolalität zu achten, die 320 mOsm/l nicht überschreiten darf. Bei höheren Werten der Serumosmolalität ist keine adäquate Hirndrucksenkung erreichbar, aber die Häufigkeit der Nebenwirkungen nimmt deutlich zu.
[Ref.]
Intravenös zur Augeninnendrucksenkung (bei Glaukomanfall)
Kinder ab 12 Jahren:
- In der Literatur wird die gleiche Testdosis wie für Erwachsene empfohlen und therapeutische Dosen von 0,25 g bis 2 g Mannitol/kg KG.
Erwachsene:
- In der Regel werden ca. 1,5 g Mannitol pro kg KG über 30-60 Minuten infundiert.
[Ref.]
Intravenös bei Prophylaxe eines akuten Nierenversagens (nach Probeinfusion)
Bei Patienten mit ausgeprägter Oligurie oder Verdacht auf inadäquate Nierenfunktion muss vor Behandlung eine infundierte Testdosis von etwa 0,2 g Mannitol/kg KG über 3-5 Minuten eine Diurese von mindestens 30-50 ml/Stunde während der folgenden 2-3 Stunden bewirken. Sollte keine adäquate Diurese erreicht werden, kann die Probeinfusion nochmals wiederholt werden. Sollte die Diurese anschließend wiederum unzureichend sein, ist die weitere Infusion von Mannitollösungen kontraindiziert.
Kinder ab 12 Jahren:
- In der Literatur wird die gleiche Testdosis wie für Erwachsene empfohlen und therapeutische Dosen von 0,25 g bis 2 g Mannitol/kg KG.
Erwachsene:
- In der Regel werden 1-1,5 g Mannitol pro kg Körpergewicht (KG) über 1,5-4 Stunden verabreicht.
- Die Dosis wird üblicherweise so angepasst, dass eine Diurese von mindestens 30-50 ml/Stunde erreicht wird.
[Ref.]
Präparate im Handel
Infusionslösung 10 %, 15 %, 20 %
Parenterale Anwendung
Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):
Präparat |
Stärke |
Natriumgehalt |
Problematische Hilfsstoffe |
Zulassung |
Osmofundin |
15 % |
enthält kein Natrium |
- |
ab 12 Jahren |
Osmosteril |
10 % 20 % |
enthält kein Natrium k.A. |
- - |
Erwachsene |
Mannit-Lösung |
10 % 15 % 20 % |
enthält kein Natrium |
- |
Erwachsene |
Mannitol-Infusionslösung |
10 % 15 % 20 % |
enthält kein Natrium k.A. enthält kein Natrium |
- - - |
Erwachsene |
Anwendungshinweise:
- Lösungen zur Osmotherapie sollten aufgrund ihrer Wirkstoffkonzentration und der besonderen Umstände der klinischen Anwendung grundsätzlich nicht mit anderen Arzneimitteln gemischt werden.
- Mannitollösungen dürfen wegen der Gefahr der Pseudoagglutination nicht gleichzeitig mit sowie vor oder nach der Transfusion von Blut über dasselbe Infusionssystem infundiert werden.
Lieferengpässe/weitere praktische Informationen
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Dosierungsempfehlungen
Verbesserung der hämodynamischen Stabilität während der Hämodialyse (HD) |
- Intravenös
-
1 Monat
bis
18 Jahre
-
50
- 200
mg/kg/Stunde,
einmalig.
off-label
|
Reduktion des intrakraniellen oder intraokulären Drucks, akute Niereninsuffizienz |
- Intravenös
-
0 Jahre
bis
18 Jahre
[1]
[2]
[3]
[4]
[6]
-
0,25
- 1,5
g/kg/Dosis,
bei Bedarf wiederholen.
<12 Jahre: off-label
|
Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate
GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.
GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein
Parenterale Anwendung
Besonders bei Überdosierung und in Abhängigkeit dem klinischen Zustand des Patienten kann es zu unerwünschten Verschiebungen im Elektrolyt- und Wasserhaushalt kommen, die sich u.a. in einer Erhöhung der Serumosmolarität, extrazellulärem Flüssigkeitsüberschuss, Verminderung des Hb- und Hämatokritwertes, Verminderung der Serumelektrolyte und Austritt von Kalium aus der Zelle in den Extrazellulärraum äußern.
- Störungen im Wasserhaushalt mit Dehydratation
- Störungen im Elektrolythaushalt mit starken Elektrolytverlusten
- Ausbildung eines Lungenödems bei eingeschränkter Nierenfunktion
- Akutes Nierenversagen
- Überempfindlichkeitsreaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock
- Übelkeit mit Erbrechen
- Oberbauchbeschwerden
- Kopfschmerzen
- Verwirrtheitszustände
- Krämpfe
- Tachykardie
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Kontraindikationen allgemein
Parenterale Anwendung
- anhaltende Oligurie/Anurie nach Probeinfusion
- akute kardiale Dekompensation
- Störungen an der Blut-Hirn-Schranke
- Lungenödem
- Hyperhydratation
- Dehydratation
- Abflusshindernissen im Bereich der ableitenden Harnwege
- Hyperosmolarität (Serumosmolalität >320 mOsm/kg)
- intrakranielle Blutungen
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern
Nach mehreren Dosen Mannitol eventuell Akkumulation, was zu einer umgekehrten osmotischen Wirkung führt. Die Serum-Osmolalität muss aufgrund des Risikos des akuten Nierenversagens unter 320 mOsmol/kg verbleiben. Bei schneller Verabreichung eventuell temporärer Anstieg der zerebralen Blutzirkulation und des intrakraniellen Drucks. Bei niedrigen Temperaturen und insbesondere bei höheren Konzentrationen kann Kristallbildung auftreten, verwenden Sie einen 5 Micron Filter. Auf abweichenden Elektrolythaushalt, Zeichen der Lungenstauung und Herzinsuffizienz überwachen. Gefahr der Anurie.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein
Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.
Wechselwirkungen
Interaktionspartner |
Grund |
Handlungsempfehlung |
Ciclosporin |
erhöhtes Risiko einer Nephrotoxizität |
engmaschige Kontrolle der Nierenfunktion empfohlen und bei Verschlechterung der Nierenfunktion unter hohen Mannitoldosen ein sofortiges Absetzen des Mannitols |
Lithium |
erhöhte Lithiumausscheidung |
Überwachung der Serumkonzentration von Lithium und ggf. Dosisanpassung |
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.
I.V.-LÖSUNGEN
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Lösungen mit Wirkung auf den Elektrolythaushalt |
|
Natriumhydrogencarbonat
ALKALA® “T“, bicaNorm®, Nephrotrans®, Syn: Natriumbikarbonat, NaBic; weiterer ATC-Code: A02AH01
|
B05BB01
|
|
Trometamol (TRIS)
Syn: THAM, Tris(hydroxymethyl)aminomethan, TRIS-Puffer, Tromethamin, weiterer ATC-Code: B05XX02
|
B05BB03
|
Referenzen
-
Yanko JR, et al, Acute care management of severe traumatic brain injuries, Crit Care Nurs Q, 2001, Feb;23(4), 1-23; quiz 2 p following 66
-
Singhi SC, et al, Management of intracranial hypertension, Indian J Pediatr, 2009, May;76(5), 519-29
-
Adelson PD, et al, Guidelines for the acute medical management of severe traumatic brain injury in infants, children, and adolescents. Chapter 11. Use of hyperosmolar therapy in the management of severe pediatric traumatic brain injury, Pediatr Crit Care Med, 2003 , Jul;4(3 Suppl):, S40-4
-
Knapp JM, Hyperosmolar therapy in the treatment of severe head injury in children: mannitol and hypertonic saline, AACN Clin Issues, 2005, Apr-Jun;16(2), 199-211
-
Hothi DK, et al, The value of sequential dialysis, mannitol and midodrine in managing children prone to dialysis failure, Pediatr Nephrol, 2009, Aug;24(8), 1587-91
-
Baxter BV, SPC Mannitol (RVG 31795) 28-12-2012, www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
-
B. Braun Melsungen AG, SmPC Osmofundin 15 % N Infusionslösung (6723833.00.00), 07/2014
-
Fresenius Kabi Deutschland GmbH, SmPC Osmosteril® 10/20 % Infusionslösung (6089891.01.00/6089891.00.00), 09/2015
-
Serumwerk Bernburg AG, SmPC Mannitol-Infusionslösung 15 (15 %) (3000207.00.00), 04/2015
-
Serag-Wiessner GmbH & Co. KG, SmPC Mannit-Lösung 10/15/20 % Infusionslösung (4299.99.99), 11/2013
Änderungsverzeichnis
- 25 November 2021 14:32: Neue separate Monographie "Mannitol - intravenös" (intravenöse Dosierung war zuvor in "Mannitol" Monographie enthalten)
- 11 Januar 2021 09:41: Änderung der Dosierungseinheit von ml auf mg in der Indikation "Verbesserung der hämodynamischen Stabilität während der Hämodialyse (HD)"
- 09 Dezember 2020 15:02: Referenzverlinkung
- 29 Oktober 2020 12:24: Präzisierung der Indikation "Dialyse" zu "Verbesserung der hämodynamischen Stabilität während der Hämodialyse (HD)"
- 09 Juli 2020 13:51: Neue Monographie
Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)
Überdosierung