Flucytosin (5-FC) ist ein Antimykotikum mit systemischer Wirksamkeit. Es ist ein fluoriertes Pyrimidin-Derivat. Flucytosin wird selektiv in Pilzzellen aufgenommen und hemmt dort die Protein- und DNA-Synthese, indem es als 5-Fluorouracil (5-FU) fälschlicherweise als Base in die Zell-RNA eingebaut wird.
Flucytosin ist wirksam bei systemischen und lokalen Infektionen mit Hefen wie Candida, Torulopsis und Kryptokokkose sowie bei Chromomykose fungizid und fungistatisch wirksam. Bei Aspergillen wirkt es ausschließlich fungistatisch. Die Zeit über MHC (minimale Hemmkonzentration) ist ein wichtiger Faktor für die Wirksamkeit.
Normalerweise empfindlich sind: Candida spp., Cryptococcus neoformans und die Erreger der Chromoblastomykose.
Während der Therapie können sich schnell Resistenzen entwickeln. Daher wird es oft in Kombination mit Amphotericin B und synergistisch eingesetzt. Synergistische Effekte wurden in vitro in Kombination mit Fluconazol oder Itraconazol bei einer Infektion mit Cryptococcus neoformans und in einem Tiermodell mit Fluconazol bei Kryptokokken-Meningitis beobachtet.
Baley et al. zeigt, dass bei Neugeborenen eine starke interindividuelle Variabilität in der Pharmakokinetik von Flucytosin vorliegt (N=13). Die Halbwertszeit bei Neugeborenen beträgt 4 – 34 Stunden. Der Flucytosin-Serumspiegel bei Neugeborenen ist infolge der nicht ausgereiften Nierenfunktion beträchtlich höher als bei älteren Kindern. Der Serumspiegel bei älteren Kindern (3 Monate – 12 Jahre) entspricht dem bei Erwachsenen verzeichneten Serumspiegel.
Infusionslösung 10 mg/ml
Parenterale Anwendung
Präparat im Handel:
Präparat | Darreichungsform | Stärke als Flucytosin |
Applikationsweg | Natriumgehalt | Problematische Hilfsstoffe |
Ancotil® | Infusionslösung | 250 ml/2,5 g | intravenös | 791 mg Natrium pro Durchstechflasche | – |
Die Fachinformation wurde am 22.06.2021 aufgerufen.
Anwendungshinweis: Die Anwendung erfolgt als Kurzzeitinfusion (20 - 40 Minuten Einlaufzeit für 250 ml), bei normaler Nierenfunktion im Abstand von 6 Stunden.
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Generalisierte Mykosen, verursacht durch empfindliche Erreger (in Kombination mit Amphotericin B bei chronischen und schwer kontrollierbaren Mykosen) |
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Anpassung bei Nierenfunktionsstörung wie angegeben:
Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Verwirrtheit, Halluszinationen, Blutbildabweichungen, erhöhte Serum-Leberenzyme, Leberfunktionsstörungen.
Häufig (1-10 %): Blutbildveränderungen wie Anämie, Leukopenie, Neutropenie, Granulozytopenie und Thrombozytopenie in Abhängigkeit von einem evtl. erhöhten Serumspiegel, Magen-Darm-Beschwerden (Durchfall, Übelkeit, Erbrechen), Leberfunktionsstörungen, reversibler Anstieg der Serum-Transaminasen
Gelegentlich (0,1-1 %): Verwirrtheit, Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfschmerzen, Sedierung, Vertigo, Dyspnoe, Brustschmerzen, Atemstillstand, Bauchschmerzen, Mundtrockenheit, Anorexie, Hautausschlag, Juckreiz, Urtikaria, Pyrexie, Schwäche, Müdigkeit
Selten (0,01-0,1 %): Agranulozytose, Eosinophilie, aplastische und hämolytische Anämie, (irreversible) Knochenmarktoxizität mit Panzytopenie und Knochenmarksuppression bei immunsupprimierten Patienten mit letalem Ausgang, Hypersensitivität (z.B. Lyell-Syndrom, Hautausschlag, Juckreiz, Urtikaria), Hypoglykämie, Hypokaliämie, Hypertriglyceridämie, Hypercholesterinämie, Halluzinationen, Psychosen, Ataxie, Parkinsonismus, Krämpfe, Parästhesie, periphere Neuropathie, Gehörverlust, Kardiotoxizität, ventrikuläre Dysfunktion, Herzstillstand, Tachykardie, Arrhythmie, akute respiratorische Insuffizienz, Ulcus duodenum, ulcerierende Kolitis und Darmperforation, Magen-Darm-Blutungen, Hepatitis, Hepatomegalie und Leberzellnekrosen mit letalem Ausgang, Lichtempfindlichkeit, Azotämie, Kristallbildung im Urin, Niereninsuffizienz, Nierenversagen, erhöhte Kreatinin-, Harnstoff- und Stickstoffwerte
Meistens treten die Störungen in den ersten 2 bis 3 Therapiewochen auf. Die Nebenwirkungen können bei einer Kombinationstherapie mit Amphotericin B und anderen potentiell nephrotoxischen Substanzen häufiger auftreten.
Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Flucytosin sollte ausschließlich nach Rücksprache mit Kinderärzt*innen mit Schwerpunkt Infektiologie und/oder medizinischem Mikrobiolog*innen verschrieben werden. Blutbild, Leber- und Nierenfunktion müssen vor und während der Behandlung regelmäßig kontrolliert werden. Insbesondere die Kombination mit Amphotericin B erfordert eine sorgfältige Kontrolle der Nierenfunktion.
Für Informationen zu Spiegelbestimmungen bei intravenöser/oraler Verabreichung siehe Abschnitt Therapeutisches Drug Monitoring (TDM).
Beachte: Rote Handbrief vom 04.06.2020 (Aktualisierte Empfehlungen zur Anwendung bei Patienten mit Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD)-Mangel): Die Behandlung mit Flucytosin ist bei Patienten mit bekanntem vollständigen Dihydropyrimidin-Dehydrogenase-Mangel (DPD-Mangel) kontraindiziert, da das Risiko einer lebensbedrohlichen Toxizität besteht. Die Bestimmung der DPD-Aktivität kann in Betracht gezogen werden, wenn eine Arzneimitteltoxizität bestätigt oder vermutet wird. Um Verzögerungen in der antimykotischen Therapie zu vermeiden, sind jedoch vor Behandlungsbeginn keine Tests auf DPD-Mangel vorgeschrieben.
Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.
Interaktionspartner | Grund | Handlungsempfehlung |
myelosuppressive Substanzen, z.B. Clozapin, Zidovudin | additive Wirkung auf das Knochenmark | Kombination vermeiden bzw. Monitoring auf Blutbildveränderungen |
Substanzen, die die glomeruläre Filtration beeinflussen, z.B. Cisplatin, Ibuprofen, Tacrolimus, Tobramycin | verlängerte Halbwertszeit von Flucytosin durch Beeinträchtigung der glomerulären Filtration, Flucytosin wird hpts. renal eliminiert | Überwachung der Nierenfunktion und Serumspiegel |
Cytarabin | evtl. kompetitiver Antagonismus und damit verminderte antimykotische Wirksamkeit, Mechanismus nicht vollständig geklärt | Überwachung auf verminderte Wirksamkeit |
Phenytoin | erhöhte Plasmaspiegel des CYP2C9-Substrats Phenytoin durch Hemmung der CYP2C9-Synthese durch Flucytosin | Überwachung des Phenytoin-Plasmaspiegels und ggf. Dosisanpassung. Eintritt der Wechselwirkung mit Verzögerung möglich, Überwachung und Dosisanpassungen auch nach Absetzen von Flucytosin über ca. 4 Wochen. |
Amphotericin B | synergistischer Effekt, gegenseitige Wirkverstärkung, erhöhtes Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen | Diese Kombination findet therapeutischen Einsatz. Monitoring auf Nebenwirkungen wie z.B. Knochenmarkdepression, Lebertoxizität und Überwachung der Nierenfunktion, evt. Kochsalzzufuhr bei Anwendung von Flucytosin i.v. |
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Antibiotika | ||
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Ambisome®, Abelcet®, Fungizone®
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J02AA01 |
Triazol-Derivate | ||
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Diflucan®, Fungata®
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J02AC01 | |
Cresemba
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J02AC05 | |
Sempera®, Itraisdin®, Siros®, Itracol®
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J02AC02 | |
Noxafil®
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J02AC04 | |
Vfend®
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J02AC03 |
Andere Antimykotika zur systemischen Anwendung | ||
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Ecalta®
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J02AX06 | |
Cancidas®
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J02AX04 | |
Mycamin™
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J02AX05 |
Kinder >1 Monat bis 18 Jahre:
Spitzenspiegel (Bestimmung 2 h nach oraler Verabreichung oder 30 min nach intravenöser Verabreichung): <100 mg/L (75-100 mg/L)
Talspiegel (vor nächster Gabe): >25 mg/L (25-50 mg/L)
Toxische Konzentration: >100 mg/L
Der Serumspiegel sollte 1 x wöchentlich bestimmt werden um die Dosierung entsprechend anpassen zu können. Bei Anzeichen von Nebenwirkungn oder Änderungen der Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance) sollte die Spiegelbestimmung häufiger durchgeführt werden.
Hintergrund: Die Talspiegel von Flucytosin sollten überwacht werden, weil ein Risiko für (wahrscheinlich) konzentrationsabhängige, schwere Nebenwirkungen wie Knochenmarksdepression und Lebertoxizität besteht. Die Toxizität ist nach Dosisreduktion oder Absetzen von Flucytosin in der Regel reversibel.
Spitzenkonzentrationen von mehr als 100 mg/l über 2 Wochen oder länger scheinen die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer Knochenmarksdepression zu erhöhen. Der Mechanismus der Lebertoxizität ist unbekannt, vermutlich aber konzentrationsabhängig und kann möglicherweise verhindert werden, indem der Spitzenspiegel unter 100 mg/l gehalten wird.
Der Zusammenhang zwischen Werten >100 mg/l und einer Toxizität sollte als allgemein und nicht als absolut angesehen werden. Nicht bei allen Patienten mit erhöhten Werten tritt eine Toxizität von Flucytosin auf. Es ist möglich, dass die Toxizität von Flucytosin hauptsächlich durch die gleichzeitige Verabreichung von nephrotoxischen Substanzen, wie z.B. Amphotericin B, verursacht wird.
[NVZA. TDM Monografie Flucytosin]