Thiamazol

Wirkstoff
Thiamazol
Handelsname
Methizol®, Thyrozol®
ATC-Code
H03BB02

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Thiamazol ist ein Thyreostatikum und schwefelhaltiges Imidazol-Derivat. Thiamazol hemmt dosisabhängig den Iodeinbau in Tyrosin und damit die Neusynthese von Schilddrüsenhormonen. Thiamazol wird zur Therapie der Schilddrüsenüberfunktion eingesetzt. Nicht beeinflusst wird die Freisetzung der bereits synthetisierten Schilddrüsenhormone. Hierdurch erklärt sich eine im Einzelfall unterschiedlich lange Latenzperiode bis zur Normalisierung der Serumkonzentrationen von Thyroxin und Triiodthyronin und damit bis zur klinischen Besserung.

Pharmakokinetik bei Kindern

Es sind keine spezifischen Informationen für Kinder vorhanden.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Hyperthyreose
    • oral
      • ≥1 Monat bis <3 Jahre: off-label
      • ≥3 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral zur konservativen Behandlung der Hyperthyreose, insbesondere bei kleiner oder fehlender Struma sowie bei jüngeren Patienten.

Anwendung bei Kindern (2 Jahre und jünger)

  • Sicherheit und Wirksamkeit von Thiamazol bei Kindern unter 2 Jahren sind nicht geprüft. Die Anwendung von Thiamazol bei Kindern unter 2 Jahren wird nicht empfohlen

Anwendung bei Kindern und Jugendlichen von 3 bis 17 Jahren

  • Üblicherweise wird die Behandlung mit einer Dosis von 0,5 mg/kg begonnen, aufgeteilt auf 2 oder 3 gleiche Einzelgaben.
  • Für die weitere Behandlung kann die Erhaltungsdosis abhängig vom Ansprechen des Patienten auf die Therapie reduziert werden.
  • Um eine Hypothyreose zu vermeiden, kann eine zusätzliche Behandlung mit Levothyroxin erforderlich sein. Die gesamte Tagesdosis sollte 40 mg Thiamazol nicht überschreiten.

[Ref.]

Präparate im Handel

Tabletten 5 mg, 10 mg, 20 mg
Filmtabletten 5 mg, 10 mg, 20 mg
Injektionslösung 40 mg/ml

Orale Anwendung

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke
Problematische Hilfsstoffe Altersangabe
Thyrozol® Filmtabletten 5 mgT2
10 mgT2
20 mgT2
Lactose ab 3 Jahren
Thiamazol HEXAL® Tabletten 5 mgT2
10 mgT2
20 mgT2
- ab 3 Jahren
Thiamazol Aristo® Tabletten 5 mgT2
10 mgT2
20 mgT2
- ab 3 Jahren


T2: teilbar in zwei gleiche Dosen

Anwendungshinweise:

  • Die Einnahme erfolgt unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit. 
  • Bei der Initialtherapie der Hyperthyreose sollten die Einzeldosen in regelmäßigen Abständen über den Tag verteilt eingenommen werden.
  • Die Erhaltungsdosis kann morgens nach dem Frühstück auf einmal eingenommen werden.

[Ref.]

Parenterale Anwendung

Präparat im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke
Applikationsweg Problematische Hilfsstoffe Altersangabe
Thiamazol 40 mg inject. Henning Injektionslösung 40 mg intravenös - ab 3 Jahren

 

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Hyperthyreose
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1] [3] [8]
      • 0,5 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen. Max: 40 mg/Tag.
      • Dosistitration je nach Wirkung. Sobald das fT4 in den niedrig-normalen Bereich gesunken ist, mit Levothyroxin beginnen.

        <3 Jahre: off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Nebenwirkungen treten vor allem in den ersten 3 Therapiemonaten auf.

Agranulozytose, Neutropenie, Myositis, Myalgie, Arthralgie, Hautausschlag und Leberfunktionsstörungen (Cholestase). Sehr selten sind schwere Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut, wie generalisierte Dermatitis einschließlich Stevens-Johnson–Syndrom bei Kindern und Jugendlichen berichtet worden [SmPC, Rivkees 2010]. Die Nebenwirkungen sind dosisabhängig [Minamitani 2017].

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥ 0,1 %):

Allergische Hauterscheinungen wechselnder Ausprägung (Pruritus, Ausschlag, Exanthem,). Sie zeigen meist einen leichten Verlauf und sind oft unter fortgeführter Therapie rückbildungsfähig. Diarrhoen, Übelkeit, Erbrechen. Arthralgien und Myalgien können sich allmählich entwickeln und sogar einige Monate nach der Behandlung auftreten, Agranulozytose

Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (< 0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:

Schwere Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut einschließlich generalisierter Dermatitis und Stevens-Johnson-Syndrom, Haarausfall, medikamentös induzierter Lupus erythematodes, Einzelfälle von cholestatischem Ikterus oder toxischer Hepatitis, Panzytopenie, Insulin-Autoimmunsyndrom (mit ausgeprägtem Abfall des Blutzuckerwertes)

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • Überempfindlichkeit gegen andere Thioharnstoff-Derivate
  • mäßige bis schwere Blutbildveränderungen (Granulozytopenie)
  • vorbestehende Cholestase, die nicht durch die Hyperthyreose verursacht wurde
  • frühere Knochenmarkschädigung nach einer Behandlung mit Thiamazol oder Carbimazol
  • akute Pankreatitis in der Vorgeschichte nach Verabreichung von Thiamazol oder seinem Prodrug Carbimazol

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Bei mäßigem Pruritus/Exanthem können Antihistaminika verabreicht werden. Dosisreduktion oder Stopp der Therapie bei sonstigen UAW [Kahaly, GJ, et al. 2018]. Ein Umstieg auf Propylthiouracil wird nicht empfohlen. Wenn unvermeidbar aufgrund Thyreotoxikose, dann nur sehr kurzfristig.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Beachte: Rote-Hand-Brief vom 06.02.2019 (Risiko einer akuten Pankreatitis und Verstärkung der Empfehlung zur Kontrazeption): Erneute Therapie mit Carbimazol oder Thiamazol bei Patienten, die in der Vergangenheit bereits eine akute Pankreatitis während der Behandlung erlitten haben, ist kontraindiziert. Zusätzlich stehen Carbimazol und Thiamazol im Verdacht, angeborene Fehlbildungen zu verursachen, wenn sie während der Schwangerschaft und insbesondere im ersten Trimester der Schwangerschaft und in hoher Dosierung verabreicht wurden. Es wird empfohlen, dass Frauen im gebärfähigen Alter während der Behandlung mit Carbimazol oder Thiamazol wirksame Methoden der Kontrazeption anwenden.

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
Clozapin  
Eine erhöhte Inzidenz und Schwere von Granulozytopenien und Agranulozytosen ist möglich.
Kombination vermeiden. Falls eine Kombination dennoch erforderlich ist, engmaschige Kontrolle des Blutbilds.
Theophyllin Der Schilddrüsen-Status kann den Metabolismus von Theophyllin beeinflussen. Bei Schilddrüsenüberfunktion findet ein gesteigerter Theophyllin-Metabolismus statt, während er bei der Schilddrüsenunterfunktion vermindert ist. Überwachen Sie die Konzentration und Wirkung von Theophyllin und passen Sie die Dosis gegebenenfalls an.
Vitamin-K-Antagonisten Bei Patienten, die mit Vitamin-K-Antagonisten eingestellt sind, kann der Beginn einer Behandlung mit Thyreostatika die blutgerinnungshemmende Wirkung im Verlauf einiger Tage abschwächen; thromboembolische Komplikationen können auftreten. Keine Interaktion ist dagegen zu erwarten, wenn Patienten, die mit Thyreostatika euthyreot eingestellt sind, zusätzlich Vitamin-K-Antagonisten erhalten. Unter Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten müssen bei jeder Änderung des Schilddrüsenhormon-Status durch Schilddrüsenhormone oder Thyreostatika oder durch veränderte Dosierungen dieser Arzneimittel die Blutgerinnungsparameter besonders engmaschig überwacht werden und die Dosen des Vitamin-K-Antagonisten nach Bedarf angepasst werden. Bei Patienten dagegen, die euthyreot eingestellt sind, sind bei Beginn einer Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten keine Maßnahmen nötig.


Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

THYREOSTATIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Referenzen

  1. Noordam C et al, Werkboek Kinderendocrinologie [Arbeitsbuch Kinderendokrinologie], digitale Veröffentlichung auf www.nvk.nl (nur für Mitglieder), 2010
  2. Teva Nederland BV. , DHPC Carbizol-Thiamazol 31-01-2019
  3. Aspen Pharma Trading Limited., SmPC Strumazol (RVG 02224) 15-02-2019
  4. Minamitani, K, et al, Guidelines for the treatment of childhood-onset Graves’ disease in Japan, 2016, Clin Pediatr Endocrinol, 2017, 26(2), 29-62
  5. Kahaly, GJ, et al, European Thyroid Association Guideline for the Management of Graves’ Hyperthyroidism, Eur Thyroid J, 2018, 7, 167–186
  6. Sanofi-Aventis Deutschland, SmPC Thiamazol 40 mg inject. Henning, Injektionslösung (2022.00.00), 02/2019
  7. Aristo Pharma, SmPC Thiamazol Aristo® 5 mg, 10 mg, 20 mg Tabletten (48919.00.00), 02/2019
  8. Merck Serono, SmPC Thyrozol® 5/10/20 mg Filmtabletten (13478.00.00), 02/2019
  9. Hexal AG, SmPC Thiamazol HEXAL® 5 mg, 10 mg, 20 mg Tabletten (48922.00.00), 02/2019
  10. Penger et al., Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit M. Basedow in einem endokrinologischen Zentrum, Monatsschrift Kinderheilkunde, 25. Januar 2019, https://link.springer.com/article/10.1007/s00112-019-0650-3
  11. van der Kaay et al., Management of Neonates Born to Mothers With Graves’ Disease, Pediatrics, 2016, https://pediatrics.aappublications.org/content/137/4/e20151878

Änderungsverzeichnis

  • 24 Februar 2021 17:45: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung