Thiamazol ist ein Thyreostatikum und schwefelhaltiges Imidazol-Derivat. Es ist ein Iodisationshemmer, d.h. es hemmt die organische Bindung von Iod und damit die Synthese von Schilddrüsenhormonen. Es wirkt direkt auf die Schilddrüsenperoxidase, die für die Iodisation verantwortlich ist.
Nicht beeinflusst wird die Freisetzung der bereits synthetisierten Schilddrüsenhormone. Hierdurch erklärt sich eine im Einzelfall unterschiedlich lange Latenzperiode bis zur Normalisierung der Serumkonzentration von Thyroxin und Triiodthyronin und damit bis zur klinischen Besserung. Nicht beeinflusst wird auch die Hyperthyreose infolge Hormonfreisetzung nach Destruktion von Schilddrüsenzellen, z. B. nach einer Radioiodtherapie oder bei Thyreoiditis.
Alter | Dosis | Cmax | Tmax [h] | Vd, scheinbar [L/kg] | T1/2 [h] | Referenz |
2 - 15 Jahre (n=9) | 20 mg/m2 | 9,2 (4,4 - 12,6) µmol/L* | 1,0 (0,5 - 4,0)* | 0,602 (0,516 - 0.913)* | 4,75 (2,73 - 6,04)* | Okuno et al. 1987 PAR 2011 |
Erwachsene | 9 mg | 150 ng/mL | 0,4 - 1,2 | - | 3 | SmPC Methizol |
*Median (Range)
Die thyreostatische Wirkung von Thiamazol hält etwa 24 Stunden an. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Substanz aktiv in die Schilddrüse aufgenommen wird und die Hemmung der Hormonproduktion offenbar eher mit der intratyroidalen als mit der Serumkonzentration korreliert. [SmPC Thiamazol Henning®]
Tabletten 5 mg, 10 mg, 20 mg
Filmtabletten 5 mg, 10 mg, 20 mg
Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):
Präparat | Darreichungsform | Stärke (Thiamazol) | Applikationsweg | Natriumgehalt | Problematische Hilfsstoffe | Anwendungshinweis | Altersangabe |
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Thyrozol® | Filmtabletten | 5 mgT2, 10 mgT2, 20 mgT2 | oral | - | Lactose | Einnahme unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit. Bei der Initialtherapie die Einzeldosen in regelmäßigen Abstän- den über den Tag verteilt einnehmen. Einahme der Erhaltungsdosis morgens während oder nach dem Frühstück auf einmal. |
ab 3 Jahren |
Thiamazol Henning® | Filmtabletten | 5 mgT2, 20 mgT2 | oral | - | Lactose | ab 3 Jahren | |
Methizol® SD 5 mg/- 20 mg | Tabletten | 5 mgT2, 20 mgT2 | oral | - | Lactose | ab 3 Jahren | |
Thiamazol Hexal® | Tabletten | 5 mgT2, 10 mgT2, 20 mgT2 | oral | - | - | ab 3 Jahren |
T2: teilbar in zwei gleiche Dosen
Die Fachinformationen wurden am 02.09.2025 aufgerufen.
Neben den aufgeführten Präparaten befinden sich diverse weitere Fertigarzneimittel im Handel.
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Hyperthyreose |
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GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.
GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.
Nebenwirkungen treten vor allem in den ersten drei Therapiemonaten auf, wobei jüngere Kinder häufiger betroffen sind. [Mooij et al. 2022]
Bei Kindern wurden Pruritus, Arthralgie, Muskelschmerzen und/oder Gelenkschmerzen, Lymphopenie, Eosinophilie, Neutropenie und leichte Leberschädigung beobachtet. [Rivkees et al. 2010]
Sehr selten wurde von einer Agranulozytose bei pädiatrischen Patienten berichtet. [Mooij et al. 2022]
Sehr selten wurden schwere Hautüberempfindlichkeitsreaktionen, wie generalisierte Dermatitis einschließlich Stevens-Johnson-Syndrom, bei Kindern und Jugendlichen beobachtet. [SmPC Thyrozol]
Die Nebenwirkungen sind dosisabhängig. [Lee et al. 2021]
Sehr häufig (>10 %): Allergische Hauterscheinungen (Pruritus, Exanthem, Urtikaria) wechselnder Ausprägung, die meist einen leichten Verlauf haben und oft auch unter fortgeführter Therapie rückbildungsfähig sind.
Häufig (1-10 %): Arthralgien und Myalgien können sich schleichend entwickeln und noch nach mehrmonatiger Therapiedauer auftreten
Gelegentlich (0,1-1 %): Agranulozytose (0,3 bis 0,6 % der Fälle; Können sich auch noch Wochen bis Monate nach Therapiebeginn manifestieren und zwingen zum Absetzen des Arzneimittels. Meist sind sie spontan rückbildungsfähig); Ödeme.
Selten (0,01-0,1 %): Geschmacksstörungen (Dysgeusie, Ageusie) bzw. Geruchsstörungen, die nach dem Absetzen rückbildungsfähig sind, wobei die Normalisierung mehrere Wochen dauern kann.
Sehr selten (<0,01 %): Thrombozytopenie, Panzytopenie, generalisierte Lymphadenopathie, Insulin-Autoimmunsyndrom (mit starkem Abfall des Blutzuckerwertes), Neuritiden, Polyneuropathien, Vaskulitiden, akute Speicheldrüsenschwellung, cholestatischer Ikterus oder toxische Hepatitis. Die Symptome bilden sich im Allgemeinen nach Absetzen des Arzneimittels zurück. Klinisch inapparente Cholestasezeichen unter der Behandlung sind abzugrenzen von Störungen, die durch die Hyperthyreose verursacht werden, wie z. B. ein Anstieg der GGT (Gammaglutamyltransferase) und der alkalischen Phosphatase bzw. ihres Knochen-Isoenzyms im Serum; schwere Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut einschließlich generalisierter Dermatitis und Stevens-Johnson-Syndrom, Haarausfall, ein medikamentös induzierter Lupus erythematodes; Arthritis, Nephritis, Arzneimittelfieber.
Häufigkeit nicht bekannt: akute Pankreatitis, Myopathie
Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Bei mäßigem Pruritus/Exanthem können Antihistaminika verabreicht werden. Bei schweren allergischen Reaktionen ist eine Dosisreduktion oder ein Abbruch der Therapie erforderlich. Ein Wechsel zu Propylthiouracil wird nicht empfohlen. [Mooij et al. 2022]
Beachte: Rote-Hand-Brief vom 06.02.2019 (Risiko einer akuten Pankreatitis und Verstärkung der Empfehlung zur Kontrazeption): Erneute Therapie mit Carbimazol oder Thiamazol bei Patienten, die in der Vergangenheit bereits eine akute Pankreatitis während der Behandlung erlitten haben, ist kontraindiziert. Zusätzlich stehen Carbimazol und Thiamazol im Verdacht, angeborene Fehlbildungen zu verursachen, wenn sie während der Schwangerschaft und insbesondere im ersten Trimester der Schwangerschaft und in hoher Dosierung verabreicht wurden. Es wird empfohlen, dass Frauen im gebärfähigen Alter während der Behandlung mit Carbimazol oder Thiamazol wirksame Methoden der Kontrazeption anwenden.
Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.
Interaktionspartner | Grund | Handlungsempfehlung |
Clozapin | Eine erhöhte Inzidenz und Schwere von Granulozytopenien und Agranulozytosen ist möglich. |
Kombination vermeiden. Falls eine Kombination dennoch erforderlich ist, engmaschige Kontrolle des Blutbilds. |
Theophyllin | Der Schilddrüsen-Status kann den Metabolismus von Theophyllin beeinflussen. Bei Schilddrüsenüberfunktion findet ein gesteigerter Theophyllin-Metabolismus statt, während er bei der Schilddrüsenunterfunktion vermindert ist. | Überwachen Sie die Konzentration und Wirkung von Theophyllin und passen Sie die Dosis gegebenenfalls an. |
Vitamin-K-Antagonisten | Bei Patienten, die mit Vitamin-K-Antagonisten eingestellt sind, kann der Beginn einer Behandlung mit Thyreostatika die blutgerinnungshemmende Wirkung im Verlauf einiger Tage abschwächen; thromboembolische Komplikationen können auftreten. Keine Interaktion ist dagegen zu erwarten, wenn Patienten, die mit Thyreostatika euthyreot eingestellt sind, zusätzlich Vitamin-K-Antagonisten erhalten. | Unter Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten müssen bei jeder Änderung des Schilddrüsenhormon-Status durch Schilddrüsenhormone oder Thyreostatika oder durch veränderte Dosierungen dieser Arzneimittel die Blutgerinnungsparameter besonders engmaschig überwacht werden und die Dosen des Vitamin-K-Antagonisten nach Bedarf angepasst werden. Bei Patienten dagegen, die euthyreot eingestellt sind, sind bei Beginn einer Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten keine Maßnahmen nötig. |
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Schwefel-haltige Imidazol-Derivate | ||
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H03BB01 |
THYREOSTATIKA | ||
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