Neostigmin

Wirkstoff
Neostigmin
Handelsname
ATC-Code
N07AA01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Neostigmin ist ein peripher wirkender, reversibler Cholinesterase-Hemmstoff. Es führt am Auge zu Kontraktion des Ziliarmuskels, Miosis, Hemmung der Akkommodation und Abnahme des intraokulären Drucks, am Herzen zur Abnahme der Herzfrequenz und der Erregungsleitungsgeschwindigkeit, an den Bronchien zu Kontraktion der Muskulatur und Zunahme der Sekretion, im Gastrointestinaltrakt zu Zunahme der Sekretion von Magen und Dünndarm, zu Kontraktion der Gallenblase, des Harnleiters, des Harnblasendetrusors und zu Relaxation des Harnblasensphinkters und zu Zunahme der Schweißsekretion. In der Skelettmuskulatur kommt es bei geringen Dosen zu Erregungszunahme (Faszikulationen) und bei hohen Dosen zu Dauerdepolarisation (Lähmungen).

Pharmakokinetik bei Kindern

T1/2 (nach i.v.-Applikation)

- Erwachsene:  24 -  80 Minuten
- Kinder (2-12 Monate): signifikant niedriger als bei Erwachsenen

[SmPC Neostigmin PANPHARMA]

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Antagonisierung nicht-depolarisierender Muskelrelaxantien
    • intravenös
      • Neugeborene: off-label
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: zugelassen
  • Myasthenia gravis
    • intramuskulär/subkutan
      • Neugeborene: off-label
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Intravenös zur Antagonisierung der muskelrelaxierenden Wirkung nichtdepolarisierender Muskelrelaxantien

Kinder < 20 kg KG:
Kinder unter 20 kg Körpergewicht erhalten 50 μg Neostigminmetilsulfat pro Kilogramm Körpergewicht. Die Injektion erfolgt langsam intravenös.

Kinder ≥20 kg KG:
Patienten ab 20 kg Körpergewicht erhalten 0,5 mg – 2 mg Neostigminmetilsulfat. Im Bedarfsfall können bis zu 5 mg Neostigminmetilsulfat gegeben werden. Zur Vermeidung muskarinartiger Nebenwirkungen wird die gleichzeitige Gabe von 0,5 mg – 1 mg Atropinsulfat i.v. empfohlen.

Subkutan oder intramuskulär bei Myasthenia gravis

  • nur für Erwachsene zugelassen 
  • Dosierungsempfehlungen siehe Fachinformation

[Ref.]

Präparate im Handel

Injektionslösung 0,5 mg/mL

Die im Handel befindlichen Präparate enthalten Neostigmin in Form von Neostigminmetilsulfat. Die Angabe der Wirkstoffkonzentration und Dosierung ist jeweils auf Neostigminmetilsulfat bezogen.

Präparate im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke (Neostigminmetilsulfat) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Anwendungshinweis Altersangabe
Neostig-Carinopharm  Injektionslösung 0,5 mg/mL intramuskulär, intravenös, subkutan natriumfrei ab 1 Monat
Neostigmin Panpharma  Injektionslösung 0,5 mg/mL intramuskulär, intravenös, subkutan natriumfrei ab 1 Monat

 „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit

Die Fachinformationen wurden am 02.07.2025 aufgerufen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Antagonisierung nicht-depolarisierender Muskelrelaxanzien
  • Intravenös
    • Neugeborene
      [3] [4]
      • 0,03 mg/kg/Dosis, bei Bedarf.
      • off-label

    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1]
      • 0,03 mg/kg/Dosis, bei Bedarf. Max: 2 mg/Dosis.
Myasthenia gravis
  • Intramuskulär
    • Neugeborene
      [1] [4]
      • Initialdosis: 0,04 mg/kg/Dosis, einmalig.
      • Erhaltungsdosis: Dosierung je nach klinischem Ansprechen 0,01 - 0,04 mg/kg/Dosis alle 4 Stunden.
      • off-label

    • 1 Monat bis 6 Jahre
      [1]
      • Initialdosis: 0,2 mg/Tag, einmalig.
      • Erhaltungsdosis: 0,12 - 0,32 mg/kg/Tag in 6 - 8 Dosen. Max: 6 mg/Tag.
      • Alternativ: subkutan

        off-label

    • ≥ 6 Jahre
      [1]
      • Initialdosis: 0,5 mg/Dosis, einmalig.
      • Erhaltungsdosis: 0,12 - 0,32 mg/kg/Tag in 6 - 8 Dosen. Max: 6 mg/Tag.
      • Alternativ: subkutan

        off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr häufig (>10 %): Bradykardie (postoperativ)

Sehr selten (<0,01 %): Herzstillstand (postoperativ), Überempfindlichkeitsreaktionen (Anaphylaxie)

Häufigkeit nicht bekannt: Bradykardie sowie Hypotonie bis hin zum Kreislaufkollaps, lebensbedrohliche Tachyarrhythmien (bei Personen mit WPW-Syndrom), schwerwiegende kardiale Reaktionen (bei herztransplantierten Personen), Lähmungen durch neuromuskulären Block (bei hohen Dosierungen), Bronchospasmus, Krämpfe des Magen-Darm-Trakts, Diarrhoe, Zunahme von Speichelfluss, Zunahme von Schweißsekretion, Muskelfaszikulationen, Spasmen, Muskelschwäche, Anastomosenlecks (nach ileorektalen Anastomosen)

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

Neostigmin darf nicht angewendet werden bei:
- Gabe depolarisierender Muskelrelaxantien (Suxamethonium-Salze, Decamethonium-Salze)
- Iritis
- Asthma bronchiale
- Hyperthyreose
- Obstruktionsileus sowie Stenosen oder Spasmen des Darmtraktes, der Gallenwege oder der Harnwege
- Myotonie, Parkinsonismus
- postoperativen Kreislaufkrisen oder Schock

Neostigmin sollte nicht angewendet werden bei: 
- Bradykardie, Hypotonie, Herzinsuffizienz und frischem Myokardinfarkt
- Personen mit WPW-Syndrom (Wolff-Parkinson-White-Syndrom), da bei diesen lebensbedrohliche Tachyarrhythmien auftreten können
- herztransplantierten Personen, da mit schwerwiegenden kardialen Reaktionen gerechnet werden muss

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Immer mit einem Anticholinergikum (z.B. Atropin) kombinieren.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Diese Informationen werden im Moment recherchiert und baldmöglichst zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie die aktuellen Fachinformationen.

PARASYMPATHOMIMETIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Cholinesterasehemmer

Pyridostigmin

Mestinon®, Kalymin®
N07AA02
PARASYMPATHOMIMETIKA

Pyridostigmin

Mestinon®, Kalymin®
N07AA02

Referenzen

  1. Mylan Healthcare B.V., SmPC Prostigmin (RVG 03775) 04-11-2021
  2. PANPHARMA GmbH, SmPC Neostigmin PANPHARMA, 0,5 mg/ml Injektionslösung (6222166.00.00), 05/2021
  3. Meakin G, et al., Neostigmine and edrophonium as antagonists of pancuronium in infants and children., Anesthesiology., 1983, 59(4), 316-21
  4. Werkgroep Neonatale Farmacologie NVK sectie Neonatologie., Expert Opinion, 28 mei 2024
  5. CARINOPHARM GmbH, SmPC Neostig-Carinopharm 0,5 mg/ml Injektionslösung (6139471.00.00), 09/2021
  6. Expertenmeinung, Neodose Projekt zum Einsatz von Neostigmin , https://kinderformularium.de/neodose, 28.05.2024

Änderungsverzeichnis

  • 03 Juli 2025 14:51: Die wissenschaftliche Literatur zur Anwendung von Neostigmin bei Neugeborenen wurde ausgewertet. Dies führte zu neuen Dosisempfehlungen für Neugeborene bei der "Antagonisierung nicht-depolarisierender Muskelrelaxantien" und bei "Myasthenia Gravis".
  • 27 April 2023 15:02: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung