Tropicamid

Wirkstoff
Tropicamid
Handelsname
Mydriaticum Stulln®, Mydrum
ATC-Code
S01FA06

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Tropicamid ist ein synthetisches Parasympatholytikum mit antimuscarinerger Wirkung. Chemisch ist es ein Derivat der Tropasäure, welches die cholinergen Reaktionen des Sphinktermuskels der Iris und des muskulären Anteils des Ziliarkörpers blockiert und so die Pupille erweitert (Mydriasis). Bei höheren Konzentrationen (1 %) lähmt Tropicamid auch die Akkommodation (Zykloplegie).

Pharmakokinetik bei Kindern

Es sind keine spezifischen Informationen für Kinder vorhanden.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Mydriasis bei der Augenhintergrunduntersuchung
    • okulär
      • Frühgeborene, Gestationsalter <37 Wochen: zugelassen
      • ≥0 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Okulär zur diagnostischen Pupillenerweiterung

Kinder und Jugendliche
Es wird zur Erzeugung einer diagnostischen Mydriasis ein Tropfen Tropicamid in den Bindehautsack eingetropft.
Um die sehr seltenen systemischen anticholinergen Nebenwirkungen von Tropicamid bei Frühgeborenen und wann immer als notwendig erachtet zu vermeiden die sich bei wiederholter Anwendung verstärken können, sind die Augentropfen vor Anwendung wie folgt zu verdünnen: 1:1 mit Natriumchlorid 9 mg/ml (0,9 %) Injektionslösung (rezepturmäßige Verdünnung 1:1). Hierdurch können diese Nebenwirkungen vermieden werden, ohne die Wirksamkeit einzuschränken.

[Ref.]

Präparate im Handel

Augentropfen 5 mg/mL

Präparate im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke (Tropicamid) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Anwendungshinweis Altersangabe
Mydrum Augentropfen 5 mg/mL okulär k.A Benzalkoniumchlorid (0,003 mg/Tropfen) In den Bindehautsack eintropfen. Tränensack während Applikation mind. 1 Minute durch leichten Fingerdruck abdrücken. ab Frühgeborene
Mydriaticum Stulln 5 mg/mL k.A Phenylmercurinitrat

k.A.: keine Angabe

Die Fachinformationen wurden am 11.03.2025 aufgerufen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Mydriasis bei der Augenhintergrunduntersuchung
  • Okulär
    • Frühgeborene Gestationsalter < 37 Wochen
      [8] [9] [10] [11] [12] [19]
      • 0,5 % - Lösung: 30 - 60 Minuten vor der Untersuchung: 1 Tropfen/Dosis. 1 - 2 x im Abstand von 5 - 15 Minuten wiederholen.

    • Neugeborene
      [2] [4] [8]
      • 0,5 % - Lösung: 30 - 60 Minuten vor der Untersuchung: 1 Tropfen/Dosis. 1 - 2 x im Abstand von 5 - 15 Minuten wiederholen.

    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [2]
      • 0.5 % - Lösung: mind. 15 Minuten vor der Untersuchung: 2 Tropfen im Abstand von 5 Minuten. Bei Bedarf weitere 1 - 2 Tropfen nach 30 Minuten.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Reaktionen des Zentralnervensystems treten vor allem bei Kindern auf, darunter Halluzinationen, Sprach- und Orientierungsstörungen, Verhaltensstörungen, Unruhe, Ataxie und Krämpfe.
Häufigkeit nicht bekannt:
- Frühgeborene: Bradykardie, Störungen der Stuhlentleerung, Störungen der Blasenentleerung
- Säuglinge: aufgetriebener Bauch
- Kinder: psychotische Reaktionen, Verhaltensstörungen, Schwindel, kardiorespiratorischer Kollaps, Erbrechen, Hautausschlag, Torkeln

[SmPC Mydrum]

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Häufig (1-10 %): Kontaktdermatitis

Sehr selten (<0,01 %): Kreuzallergie mit Scopolamin, Benommenheit

Häufigkeit nicht bekannt: Überempfindlichkeit, psychotische Reaktionen, Verhaltensstörungen, Schwindel, Kopfschmerz, Synkope, Augenbrennen und vorübergehendes stechendes Gefühl am Auge, Akkommodationsstörungen, Steigerung des Augeninnendrucks  (vor allem bei entsprechend disponierten Personen), Auslösung eines Glaukomanfalls, Augenschmerzen, Irritationen des Auges, okuläre Hyperämie, Ödem, Konjunktivitis, Photophobie, verringerte lachrymale Sekretion, verlängerte Arzneimittelwirkung (Mydriasis), verschwommenes Sehen, kardiovaskuläre Effekte (wie z. B. Bradykardie gefolgt von Tachykardie mit Palpitationen und Arrhythmien), Hypotonie, kardiorespiratorischer Kollaps, verringerte nasale und bronchiale Sekretion, Übelkeit, Mundtrockenheit, Erbrechen, Hautausschlag, Rötung und Trockenheit der Haut, verminderte Schweißsekretion, Harnsperre, vermehrter Harndrang, Schwierigkeiten bei Wasserlassen, trockene Schleimhäute, Torkeln, erhöhte Temperatur

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • Überempfindlichkeit gegen andere Tropasäurederivate
  • Glaukom oder Glaukomdisposition (zu engem Kammerwinkel der vorderen Augenkammer)

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Die systemischen Wirkungen können minimiert werden, indem der Tränenkanal während und unmittelbar nach der Verabreichung kurz zugedrückt wird. Die systemische und lokale Hautresorption sollte so weit wie möglich verhindert werden, z. B. indem überschüssige Flüssigkeit nach dem Einträufeln der Tropfen abgewischt wird.

In Kombination mit Phenylephrin sind systemische Wirkungen besonders bei Phenylephrin zu befürchten. Bei Neugeborenen sollte die Überwachung von Herzfrequenz und Blutdruck bis 1 bis 2 Stunden nach der Verabreichung in Betracht gezogen werden. Es wird empfohlen, das Licht in den Stunden nach der Dilatation gedämpft zu halten, um Unbehagen aufgrund der hohen Lichtexposition zu vermeiden, da die Pupillen nicht reagieren können.

Bei Kindern und Personen, die empfindlich auf Belladonna-Alkaloide reagieren, ist äußerste Vorsicht geboten, da das Risiko einer systemischen Toxizität steigt.

Tropicamid kann Störungen des Zentralnervensystems verursachen, die bei Säuglingen und Kindern gefährlich sein können. Psychotische Reaktionen, Verhaltensstörungen und vasomotorischer oder kardiorespiratorischer Kollaps wurden bei anticholinergen Arzneimitteln berichtet.
Bei übermäßigem Gebrauch bei Kindern können systemische toxische Symptome auftreten. Es darf bei Frühgeborenen, Säuglingen und Kleinkindern oder Kindern mit Down-Syndrom, spastischer Paralyse oder Hirnschäden nur mit äußerster Vorsicht angewendet werden. Eltern sollten vor der Toxizität dieses Arzneimittels bei Einnahme für Kinder gewarnt und angewiesen werden, nach Gebrauch die eigenen Hände und die Hände des Kindes zu waschen.
[SmPC Mydrum]

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Diese Informationen werden im Moment recherchiert und baldmöglichst zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie die aktuellen Fachinformationen.

MYDRIATIKA UND ZYKLOPLEGIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Anticholinergika
S01FA01

Cyclopentolat

Zyklolat®
S01FA04
Sympathomimetika, exkl. Glaukommittel

Phenylephrin - okulär

Neosynephrin-POS®
S01FB01

Referenzen

  1. Rademaker C.M.A. et al, Geneesmiddelen-Formularium voor Kinderen [Arzneimittel-Formularium für Kinder], 2007
  2. Bausch&Lomb Pharma, SPC Minims tropicamide (RVG 10166) 05-04-2022, www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
  3. LAREB, Convulsies in bijsluiter tropicamide oogdruppels, https://www.lareb.nl/nl/nieuwsoverzicht/convulsies-in-bijsluiter-tropicamide-oogdruppels/, Accessed Jan 23, 2020
  4. Oğüt MS, et al., Effects and side effects of mydriatic eyedrops in neonates., Eur J Ophthalmol. , 1996, 6(2), 192-6
  5. Elibol O,et al., The influence of drop size of cyclopentolate, phenylephrine and tropicamide on pupil dilatation and systemic side effects in infants. , Acta Ophthalmol Scand, 1997, 75(2), 178-80
  6. Obata S, et al., Systemic adverse events after screening of retinopathy of prematurity with mydriatic., PLoS One, 2021, 16(9), e0256878
  7. Lux AL, et al., Combination of 5% phenylephrine and 0.5% tropicamide eyedrops for pupil dilation in neonates is twice as effective as 0.5% tropicamide eyedrops alone., Acta Ophthalmol., 2017, 95(2), 165-9
  8. Federatie Medisch Specialisten, Richtlijn Prematurenretinopathie (ROP), 13-11-2023
  9. Kremer LJ, et al., Systematic review of mydriatics used for screening of retinopathy in premature infants. , BMJ Paediatr Open, 2019, 3(1), e000448
  10. Alpay A, et al , Efficiency and safety of phenylephrine and tropicamide used in premature retinopathy: a prospective observational study., BMC Pediatr, 2019, 19(1), 415
  11. Seliniotaki AK, et al., Efficacy and safety of mydriatic microdrops for retinopathy of prematurity screening: an external pilot crossover randomized controlled trial., J Perinatol., 2022, 42(3), 371-7
  12. Dincer E, et al. , Early Hemodynamic Effects of Mydriatic Eye Drops in Preterm Infants., Am J Perinatol., 2022, May;41(S 01), e324-e330
  13. Baldo F, Travan L., Acute drug reaction to phenylephrine and tropicamide collyrium in a late-preterm newborn: a case report, BMC Pediatr., 2022, 22(1), 398
  14. Phamonvaechavan P, et al., Comparison of the effectiveness of mydriasis by two instillation methods of combined 0.75% tropicamide and 2.5% phenylephrine eye drop in preterm infants., J Med Assoc Thai, 2012, 95 Suppl 4, S1-7
  15. Lees BJ, et al, Increased blood pressure following pupillary dilation with 2.5% phenylephrine hydrochloride in preterm infants., Pediatrics, 1981, 68(2), 231-4
  16. Luo S, et al, Comparison of the mydriatic effects of mydrin-P and compound tropicamide in the screening of retinopathy of prematurity., Eye Sci., 2014, 29(4), 219-22
  17. Mimori K, et al. , Necrotizing enterocolitis after an eye examination with mydriatics. , Pediatr Int., 2020, 62(2), 248-50
  18. Rush R,et al, Systemic manifestations in response to mydriasis and physical examination during screening for retinopathy of prematurity. , Retina, 2004, 24(2), 242-5
  19. Dr. Gerhard Mann chem.-pharm. Fabrik GmbH, Mydrum 5 mg/ml Augentropfen (2203848.00.00), 04/2021
  20. Pharma Stulln GmbH, Mydriaticum Stulln® (6037055.00.00), 01/2018

Änderungsverzeichnis

  • 21 März 2025 10:28: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung