Amiodaron ist ein Antiarrhythmikum der Klasse III.
Amiodaronhydrochlorid bewirkt eine Hemmung des Kaliumausstroms in der Phase III des Aktionspotenzials im Myokardgewebe und verlängert dadurch selektiv die Repolarisationsdauer und Refraktärperiode des Aktionspotenzials. Dies führt zur Unterdrückung von Ektopien und Reentry-Mechanismen ohne Beeinträchtigung der Kontraktionskraft des Myokards. Amiodaronhydrochlorid reduziert die Leitungsgeschwindigkeit und verlängert die Refraktärzeit in akzessorischen atrioventrikulären Bahnen. Die Verlängerung der langsamen diastolischen Depolarisation im Schrittmacherpotenzial führt zu einer Unterdrückung der Automatie im Schrittmachergewebe mit Verlangsamung der Herzfrequenz, die atropinresistent ist. Amiodaronhydrochlorid zeigt eine dosisabhängige, nicht kompetitive Hemmung der alpha- und betaadrenergen Aktivitäten. Hämodynamisch äußert sich dies in einer koronar- und gefäßdilatatorischen Wirkung und ebenso in einer Verbesserung der Sauerstoffbilanz. Amiodaronhydrochlorid weist bei oraler Gabe keinen signifikant negativ inotropen Effekt auf. Bei i. v. Gabe kann es hauptsächlich nach Injektion zu einer Verminderung der Kontraktilität kommen.
Aus einer sehr klein angelegten Untersuchung (n=4, Alter: 1 Monat – 14,9 Jahre) geht hervor, dass die Halbwertszeit bei Kindern kürzer sein kann als bei Erwachsenen (6,9 – 11,4 Tage). Die Halbwertszeit bei Erwachsenen beträgt ca. 40 Tage. Aus dieser Untersuchung geht außerdem hervor, dass die Clearance mit zunehmendem Alter abnimmt. Aus der Studie von Ramusovic (2013) geht hervor, dass die Serumspiegel bei Kindern zwischen 6 Tagen und 15 Jahren denen von Erwachsenen entsprechen.
Tabletten 100 mg, 200 mg
Injektionslösung 50 mg/mL
Allgemein
Die im Handel befindlichen Präparate enthalten Amiodaron in Form von Amiodaronhydrochlorid. Die Angabe der Wirkstoffkonzentration ist jeweils auf Amiodaronhydrochlorid bezogen.
Orale Anwendung
Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):
Präparat | Darreichungsform | Stärke (Amiodaronhydrochlorid) |
Problematische Hilfsstoffe |
Amiodaron-ratiopharm® | Tabletten | 100 mgT2 200 mgT2 |
Lactose |
Cordarex® | Tabletten | 200 mgT0 | Lactose |
T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, T0: nicht teilbar, M: mörserbar, M0: nicht mörserbar, S1: suspendierbar, S0: nicht suspendierbar
Anwendungshinweise:
Einnahme während oder nach einer Mahlzeit unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit.
Parenterale Anwendung
Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):
Präparat | Darreichungsform |
Stärke (Amiodaronhydrochlorid) |
Problematische Hilfsstoffe |
Cordarex® Injektionslösung | Injektionslösung | 150 mg/3 ml | Benzylalkohol (60 mg/3 ml) |
Anwendungshinweise:
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Schwere therapieresistente Herzrhythmusstörungen |
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GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.
GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.
Magen-Darm-Beschwerden, Hypo- und Hyperthyreose, akute Leberfunktionsstörungen, Lichtsensibilisierung, Neuropathie, mikroskopische Hornhauteinlagerungen, Bradykardie, pulmonale Toxizität.
Nach der intravenösen Verabreichung sind spezifische Nebenwirkungen möglich: lokale Reaktionen wie Phlebitis, vorübergehender Flush und Schwitzen, plötzlicher Blutdruckabfall und Zunahme der Herzfrequenz, anaphylaktischer Schock. Nach i.v.-Bolusinjektion: Risiko einer schweren Hypotonie und eines kardiovaskulären Kollaps.
Die Nebenwirkungen sind oftmals die Folge einer zu hohen Dosierung, weshalb die niedrigste wirksame Dosierung zu verwenden ist.
Folgende UAW wurden sehr häufig oder häufig beobachtet (≥1 %):
extrapyramidaler Tremor, Albträume, Schlafstörungen, periphere sensorische Neuropathien und/oder Myopathien, Schwindel, Koordinationsstörungen, Parästhesien
Mikroablagerungen an der Vorderfläche der Hornhaut des Auges, die zu Sehstörungen (Schleiersehen, Farbhöfe um Lichtquellen) führen können
Senkung des Blutdrucks
atypische, alveoläre oder interstitielle Pneumonien, Fibrosen, Pleuritis, Bronchiolitis obliterans mit Pneumonie/BOOP
Übelkeit, Erbrechen, Geschmacksveränderungen, Bauchschmerzen, Völlegefühl, Verstopfung, Anorexie
Reaktionen an der Injektionsstelle, wie z.B. Schmerzen, Erythem, Ödem, Nekrose, Extravasation, Infiltration, Entzündung, Verhärtung, Thrombophlebitis, Phlebitis, Cellulitis, Infektion, Änderungen in der Pigmentierung.
Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:
Neutropenie, Agranulozytose
Chronische Leberkrankheiten (in Einzelfällen mit tödlichem Verlauf), Leberzirrhose, Hepatitis mit tödlichem Verlauf
Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Injektionslösungen dürfen wegen des Gehaltes an Benzylalkohol nicht bei Früh- und Neugeborenen angewendet werden.
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Amiodaron sollte nur von entsprechend qualifizierten Fachärzten unter sorgfältiger Überwachung der Leberfunktion, der Schilddrüsenfunktion, des EKG sowie Röntgenuntersuchungen des Thorax verordnet werden. Die intravenöse Verabreichung sollte unter EKG- und Blutdruckkontrolle stationär durchgeführt werden. Bei schwerer Lungeninsuffizienz, arterieller Hypotonie oder stabiler Herzinsuffizienz (vor allem bei Kardiomyopathie) ist besondere Vorsicht geboten und eine Bolusinjektion kontraindiziert. Eine zweite Bolusinjektion sollte nicht innerhalb von 15 Minuten nach der ersten gegeben werden. Die (wiederholte) Infusion von Amiodaron über periphere Venen kann eine Thrombophlebitis verursachen und sollte daher über einen Zentralvenenkatheter gegeben werden. Amiodaron-Injektionslösung enthalten Benzylalkohol. Bei Neugeborenen, insbesondere bei Säuglingen mit niedrigem Geburtsgewicht, wurde nach der Verabreichung von intravenösen Lösungen, die Benzylalkohol enthalten, über ein tödliches "Gasping-Syndrom" berichtet.
Beachte: Rote-Hand-Brief vom 18.06.2021 (Amiodaron-hameln 50 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Injektions-/Infusionslösung: Visuelle Prüfung wegen möglicher Kristallisation erforderlich).
Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.
Die standardisierte Wechselwirkungsrecherche des Kinderformulariums hat folgende klinisch relevante Wechselwirkungen ergeben:
Amiodaron wird über CYP3A4 und CYP2C8 metabolisiert und ist ein CYP1A1-, CYP1A2-, CYP3A4-, CYP2C9-, CYP2D6- und P-Glykoprotein (P-gp)-Inhibitor (Abschnitt in Fachinformation zu Biotransformation beachten).
Amiodaron zeichnet sich durch ein hohes Interaktionspotential aus. Aus diesem Grund muss die Medikation individuell auf Wechselwirkungen überprüft und ggf. durch geeignete Maßnahmen wie Drug Monitoring überwacht werden.
Amiodaron hat eine lange Halbwertszeit und das Risiko für Wechselwirkungen kann noch Wochen nach Beendigung der Amiodaron-Therapie bestehen.
Interaktionspartner | Grund | Handlungsempfehlung |
QT-Zeit verlängernde Wirkstoffe |
Additive QT verlängernde Wirkung. Erhöhtes Risiko für Torsade de pointes Tachykardien. | Kombination teilweise kontraindiziert. Falls Kombination unvermeidbar, engmaschiges EKG-Monitoring. |
CYP3A4-Induktoren | Steigerung des Metabolismus von Amiodaron durch CYP-Induktion. Erniedrigte Serumkonzentration und (stark) verringerte Wirkung von Amiodaron möglich. | Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis erhöhen und Monitoring auf adäquaten Therapieerfolg von Amiodaron. |
CYP3A4-Inhibitoren | Hemmung des Metabolismus von Amiodaron durch CYP-Inhibition. Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung von Amiodaron möglich. | Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Nebenwirkungen von Amiodaron. |
CYP2C8-Induktoren, z.B. Rifampicin, Efavirenz | Steigerung des Metabolismus von Amiodaron durch CYP-Induktion. Erniedrigte Serumkonzentration und (stark) verringerte Wirkung von Amiodaron möglich. | Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis erhöhen und Monitoring auf adäquaten Therapieerfolg von Amiodaron. |
CYP3A4-Substrate | Hemmung des Metabolismus der Interaktionspartner durch CYP-Inhibition. Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung der Interaktionspartner möglich. | Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis erhöhen und Monitoring auf adäquaten Therapieerfolg der Interaktionspartner. |
CYP2D6-Substrate | Hemmung des Metabolismus der Interaktionspartner durch CYP-Inhibition. Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung der Interaktionspartner möglich. | Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis erhöhen und Monitoring auf adäquaten Therapieerfolg der Interaktionspartner. |
Arzneimittel mit kardiodepressiver Wirkung, z.B. Betablocker (z.B.Metoprolol, Propranolol, Sotalol), Calciumkanalblocker (z.B. Diltiazem, Verapamil), Sofosbuvir, Fingolimod, | (Exzessive) Bradykardien, Hypotonie, Kammerflimmern und Asystolie möglich. | Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ist eine kardiale Überwachung empfohlen. |
Colestyramine | Amiodaron-Plasmakonzentration kann verringert sein. | Kombination vermeiden. |
Agalsidase alfa & beta | Verminderte Wirksamkeit von Agalsidase alfa bzw. beta möglich | Kombination vermeiden. Ggf. Dosisanpassung erwägen. |
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Antiarrhythmika, Klasse Ib | ||
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Licain®, Xylocain®, Xylocitin®, weiterer ATC-Code: N01BB02
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C01BB01 |
Antiarrhythmika, Klasse Ic | ||
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Tambocor®, flecadura®
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C01BC04 | |
Rytmonorm®
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C01BC03 |
Erwachsene:
Therapeutische Konzentration:
Amiodaron: 1,0 - 2,5 mg/L
Amiodaron + Desethylamiodaron: 1 - 4 mg/L
Toxische Konzentration:
Amiodaron: >2,5 mg/L
Amiodaron + Desethylamiodaron: >4 mg/L
Hintergrund: Die routinemäßige Durchführung eines TDM ist bei langfristiger Anwendung von Amiodaron nicht sinnvoll. Ein TDM sollte nur in bestimmten Situationen, wie bei unzureichendem Ansprechen oder beim Auftreten von unerwünschten Ereignissen, stattfinden. Der Hauptmetabolit von Amiodaron, Desethylamiodaron, trägt zur therapeutischen Wirkung bei und kann deshalb mitbestimmt werden. Der Zeitpunkt der Probennahme hat aufgrund der langen Halbwertszeit von Amiodaron keinen Einfluss auf das Messergebnis. Spiegelbestimmungen sollten aber erst nach 2-3 Monaten, nach Erreichen des Steady-States erfolgen.
[NVZA. TDM Monografie Amiodaron]
[Ref.]