Phenprocoumon hemmt die Regeneration von Vitamin K (Vitamin-K-Epoxid-Zyklus) und somit die Bildung aktiver Gerinnungsfaktoren (II, VII, IX und X) und Protein C und S in der Leber. Zusätzlich werden weitere Vitamin-K-abhängige Carboxylierungsreaktionen in anderen Organen gehemmt (z. B. in Niere, Plazenta, Knochen). Da Phenprocoumon keinen Einfluss auf bereits gebildete Gerinnungsfaktoren hat, setzt die gerinnungshemmende Wirkung erst 1 – 2 Tage nach Therapiestart ein (ggf. Bridging mit Heparin nötig) und hält mehrere Tage an (HWZ: 72 h). Der Grad der Gerinnungshemmung erfolgt mit der INR/Thromboplastinzeitbestimmung.
Es sind keine spezifischen Informationen für Kinder vorhanden.
Filmtabletten 1,5 mg, 3 mg
Tabletten 3 mg
Orale Anwendung
Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):
Präparat | Darreichungsform | Stärke |
Problematische Hilfsstoffe |
Falithrom 1,5 mg mite | Filmtabletten | 1,5 mgT0 | Lactose-Monohydrat (47 mg) |
Falithrom 3 mg | Filmtabletten | 3 mgT2 | Lactose-Monohydrat (92 mg) |
Marcumar® | Tabletten | 3 mgT4 | Lactose (80 mg) |
T4: teilbar in vier gleiche Dosen, T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, T0: nicht teilbar
Die Fachinformationen wurden am 08.03.2021 aufgerufen.
Neben den aufgeführten Präparaten befinden sich diverse Generika im Handel.
Anwendungshinweis:
[Ref.]
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Antikoagulation |
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Bei eingeschränkter Nierenfunktion ist eine Reduktion der Loading Dose zu erwägen.
Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):
Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Phenprocoumon wird über CYP3A4- und CYP2C9-Enzyme metabolisiert. (Abschnitt in Fachinformation zu Biotransformation beachten).
Phenprocoumon zeichnet sich durch ein hohes Interaktionspotential aus. Aus diesem Grund muss die Medikation individuell auf Wechselwirkungen überprüft und ggf. durch geeignete Maßnahmen wie Drug Monitoring überwacht werden.
Interaktionspartner | Grund | Handlungsempfehlung |
CYP3A4-Inhibitoren CYP2C9-Inhibitoren |
Hemmung des Metabolismus von Phenprocoumon durch CYP-Inhibition. Erhöhte Serumkonzentration und (stark) erhöhte Wirkung von Phenprocoumon möglich. Erhöhtes Nebenwirkungspotential von Phenprocoumon möglich. | Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis von Phenprocoumon verringern und auf Nebenwirkungen überprüfen. |
CYP3A4-Substrate CYP2C9-Substrate |
Hemmung des Metabolismus der Interaktionspartner durch CYP-Inhibition. Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung der Interaktionspartner möglich. | Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, Dosis geringer wählen. |
CYP3A4-Induktoren CYP2C9-Induktoren |
Steigerung des Metabolismus von Phenprocoumon durch CYP-Induktion. Erniedrigte Serumkonzentration und (stark) verringerte Wirkung von Phenprocoumon möglich. | Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis von Phenprocoumon erhöhen. |
Heparinoide (z.B. Enoxaparin, Heparin vom Schwein) | Durch additive Effekte kann die Blutungsneigung erhöht sein. | Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, Blutgerinnungsparameter sorgfältig überwachen. Zur überlappenden Umstellung von Heparin auf Phenprocoumon gibt es detaillierte Empfehlungen der Hersteller. Wenn bei einem Patienten unter Phenprocoumon die äußerliche Anwendung von Heparin für sinnvoll erachtet wird, ist vorsichtshalber eine Zubereitung mit weniger als 1800 IE/g zu wählen. |
Warfarin Alteplase Bromelain |
Durch additive Effekte kann die Blutungsneigung erhöht sein. | Kombination vermeiden. |
Chloralhydrat | Die blutgerinnungshemmende Wirkung von Phenprocoumon kann verstärkt sein. | Kombination vermeiden. |
Epoprostenol Corticosteroide (z.B. Methylprednisolon) |
Die blutgerinnungshemmende Wirkung von Phenprocoumon kann verstärkt sein. | Eine genaue Überwachung der Blutgerinnungsparameter, besonders zu Beginn, wird bei einer gleichzeitigen Verabreichung empfohlen. |
Nicht-steroidale-Antirheumatika (z.B. Acetylsalicylsäure, Ibuprofen) | Die blutgerinnungshemmende Wirkung von Phenprocoumon kann verstärkt sein. | Eine genaue Überwachung der Blutgerinnungsparameter wird bei einer gleichzeitigen Verabreichung empfohlen, der INR sollte in der unteren Hälfte des Zielbereichs liegen. Eine Schleimhautprotektion, z.B. mit Protonenpumpeninhibitoren, ist zu erwägen. |
Amoxicillin Testosteron Allopurinol Levothyroxin |
Die blutgerinnungshemmende Wirkung von Phenprocoumon kann verstärkt sein. | Ist die gleichzeitige Behandlung mit Phenprocoumon und jeweils einem der genannten Interaktionspartner erforderlich, müssen die Blutgerinnungsparameter sehr sorgfältig überwacht werden, besonders zu Beginn und nach Absetzen der jeweiligen Interaktionspartner. Bei Bedarf muss die Dosis von Phenprocoumon angepasst werden. |
Lactulose | Eine gleichzeitige Verabreichung kann das Risiko einer Überantikoagulation erhöhen. | Eine genaue Überwachung der Blutgerinnungsparameter wird bei einer gleichzeitigen Verabreichung empfohlen. |
Colestyramin | Die blutgerinnungshemmende Wirkung von Phenprocoumon kann beeinträchtigt sein. | Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar sollte ein zeitlicher Abstand (mehrstündig) zwischen beiden Arzneimitteln eingehalten werden. Zu Beginn und beim Absetzen sollten die Blutgerinnungsparameter sorgfältig überwacht werden. |
Purin-Antagonisten (z.B. Azathioprin, Mercaptopurin) | Die blutgerinnungshemmende Wirkung von Phenprocoumon kann beeinträchtigt sein. | Bei gleichzeitiger Behandlung mit Azathioprin bzw. Mercaptopurin müssen die Blutgerinnungsparameter ggf. mehrere Wochen lang bis zur Stabilisierung besonders sorgfältig überwacht und die Dosierung von Phenprocoumon entsprechend erhöht werden |
Sulfonylharnstoffe (z.B. Glibenclamid) | Die blutgerinnungshemmende Wirkung von Phenprocoumon kann beeinträchtigt sein. Zusätzlich kann das Risiko für Hypoglykämien erhöht sein. | Bei gleichzeitiger Behandlung mit Phenprocoumon und Sulfonylharnstoffen sollen die Blutglucose-Konzentrationen und die Blutgerinnungsparameter besonders sorgfältig überwacht und die Dosierung bei Bedarf angepasst werden. |
Vitamin K | Vitamin K schwächt dosisabhängig und in Abhängigkeit von der bisherigen Vitamin-K-Zufuhr die Wirkung von Phenprocoumon ab. | Bei Vitamin-K-Mangel und nach größeren Veränderungen der Vitamin-K-Zufuhr sollten die Blutgerinnungsparameter intensiver kontrolliert werden. |
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Heparingruppe | ||
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Fragmin®
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B01AB04 | |
Orgaran®
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B01AB09 | |
Clexane®, Crusia®, Hepaxane®, Inhixa®
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B01AB05 | |
Fraxiparine®, Fraxodi®
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B01AB06 | |
Innohep®
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B01AB10 | |
B01AB01 |
Thrombozytenaggregationshemmer, exkl. Heparin | ||
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Aspirin®, Godamed®, Alka-Seltzer classic®, Acesal®; Syn: ASS
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B01AC06 | |
Plavix®, Iscover®
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B01AC04 | |
Veletri®
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B01AC09 |
Enzyme | ||
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Actilyse®
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B01AD02 |
Direkte Thrombininhibitoren | ||
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Pradaxa®
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B01AE07 |
Direkte Faktor-Xa-Inhibitoren | ||
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Xarelto®
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B01AF01 |
Andere antithrombotische Mittel | ||
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Defitelio®
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B01AX01 |
Eine Überdosierung führt zu einer zu langen Thromboplastinzeit und eventuell zu Blutungen.
Falls der INR-Wert während der Behandlung den oberen therapeutischen Grenzwert übersteigt, werden eine Dosisreduzierung und die erneute Überprüfung der Gerinnungsparameter nach 2 Tagen empfohlen.
Bei geringfügiger Überdosierung and leichteren Blutungen (wie z. B. vorübergehendes Nasenbluten, mikroskopische Hämaturie, isolierte kleine Hämatome) genügt es meist, die Dosis vorübergehend zu verringern. In diesen Fällen ist es besser, kein Phytomenadion (Vitamin K1) zu verabreichen, da dadurch eine effektive Antikoagulation für mehrere Tage verhindert wird.
Nach akuter Einnahme großer Dosen steht beim Menschen während der ersten 24 Stunden eine kapillartoxische Wirkung mit Hirnödem im Vordergrund. Danach kommt es zu Erhöhung des INR-Wertes und zu Blutungen. Erkennbare Zeichen einer akuten Überdosierung können, abhängig von deren Ausmaß, sein:
Blutbeimengungen im Urin, petechiale Blutungen an Stellen mechanischer Belastung, spontane Haut- und Schleimhautblutungen, Blutstuhl, Verwirrtheitszustände bis hin zur Bewusstlosigkeit.
Bewusstlosigkeit kann ein Anzeichen für eine Gehirnblutung sein. Die sofortige notärztliche Behandlung ist erforderlich.
In den meisten Fällen können weniger schwere Blutungen durch das Absetzen des Antikoagulans kontrolliert werden.
Spezifischer Antagonist: Vitamin K1. Vitamin K1-(Phytomenadion) ist in der Lage, die antikoagulative Wirkung innerhalb von 24 Stunden aufzuheben.
Wenn in Fällen von sehr starker oder bedrohlicher Blutung (wie z. B. Verdacht auf intrakraniale Blutung, massive gastrointestinale Einblutung, Notoperationen) der Eintritt der vollen Vitamin-K1-Wirkung nicht abgewartet werden kann, ist durch Infusion von virusinaktiviertem Prothrombinkomplexkonzentrat (PCC) oder von frisch gefrorenem Plasma die Aufhebung der Phenprocoumon-Wirkung möglich.
Durch orale Verabreichung von Colestyramin kann die Elimination von Phenprocoumon zusätzlich beschleunigt werden. Gleichzeitig verhindert Colestyramin die Absorption von Vitamin K.
Eine engmaschige Überwachung der Gerinnungsparameter sollte gewährleistet sein.