Etomidat

Wirkstoff
Etomidat
Handelsname
Etomidat lipuro, Hypnomidate
ATC-Code
N01AX07

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Etomidat ist ein stark wirksames i. v. Kurzzeit-Hypnotikum, ein Imidazolderivat, das chemisch nicht mit anderen i. v. Narkotika verwandt ist. Die Wirkung von Etomidat setzt sehr schnell ein und die Dauer der hypnotischen Wirkung ist infolge von Umverteilung und metabolischer Inaktivierung kurz. Eine Einmaldosis von 0,3 mg/kg Körpergewicht führt zu Bewusstlosigkeit innerhalb von 30 – 60 Sekunden und zur Anästhesie von drei- bis fünfminütiger Dauer, gefolgt von Schlaf.  Etomidat unterdrückt die Funktion der Nebennierenrinde. Etomidat hemmt die zelluläre Cortisolsynthese durch eine reversible Blockade des Enzyms 11β-Hydroxylase der Steroidsynthese. Die Unterdrückung der Cortisolsynthese lässt sich durch ACTH nicht aufheben und hält nach einmaliger Gabe von 0,3 mg Etomidat pro kg Körpergewicht bis zu 8 Stunden an. Die Hemmung der Cortisolsynthese ist reversibel und abhängig von der Etomidatkonzentration im Plasma.

Pharmakokinetik bei Kindern

Etomidat hat keine analgetische Wirkung. Um eine gute Analgesie zu erhalten, sollte vor der Einleitung mit Etomidat ein Analgetikum, wie z. B. Fentanyl, verabreicht werden. Die Wirkungsdauer beträgt etwa 4 bis 5 Minuten. Die Pharmakokinetik von Etomidat wurde bei Kindern untersucht. Eine Studie, die an 12 Kindern (im Alter von 7-13 Jahren, Gewicht 22-48 kg) durchgeführt wurde, ergab ein mittleres Gesamtverteilungsvolumen (4,0 L/kg), das dem von Erwachsenen ähnelt (siehe Tabelle 1). Etomidat ist lipophil und sein Metabolismus hängt von der hepatischen Esteraseaktivität ab (hydrolysiert das Arzneimittel in eine Carbonsäure und eine Ethanol-Abgangsgruppe). Der Carboxylat-Metabolit wird hauptsächlich mit dem Urin und in geringerem Maße mit der Galle ausgeschieden [SmPC Etomidat Lipuro]. Die Clearance pro Gewicht war bei Kindern etwa 58 % höher als bei Erwachsenen, dies gilt jedoch für ältere Kinder. Diese Daten deuten darauf hin, dass Kinder höhere Dosen als Erwachsene benötigen würden [Dennhart et al. 2020].

Alter Dosis [mg/kg] Cl [L/min/kg] Vd,zentral [L/kg] Vd,peripher [L/kg] Vd,SS [L/kg] Vd,total scheinbar [L/kg] Vd [L/kg] T1/2,β [min] Referenz
Erwachsene
Alter: 28-52 Jahre
Gewicht: 46-72 kg
0,3 0,0109 0,27   2,5 4,1     Sfez et al. 1990
            4,5 180-300z KNMP
Kinder
Alter: Mittelwert 9,6 Jahre (SD 2)
Gewicht: Mittelwert 31 kg (SD 8,5)
0,4 0,0172 0,66   2,8 4,0   175 Sfez et al. 1990
Kinder - 4 Jahre, 16 kg
Alter: Median 4 Jahre (0,53-13,21)
Gewicht: 15,7 kg (7,5-52)
0,3 CL1 0,031; CL2 0,04; CL3 0,025 0,136 V2 0,157; V3 1,13 1,423b       Lin et al. 2012
Neugeborene - Säuglinge
Alter: Median 3,35 Monate (8d-11,74 Monate)
Gewicht: 4,98 kg (2,5-8,35)
0,3 0,017 0,135 0,326 0,461b       Su et al. 2015

zRange, bDaten abgeleitet vom popPK-Modell und Vd oder Cl.
Vd,ss = V1+V2+V3

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Anästhesie: Induktion
    • intravenös
      • ≥0 Monate bis <6 Monate: off-label
      • ≥6 Monate bis <18 Jahre: zugelassen 

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Intravenös zur Einleitung einer Allgemeinanästhesie bei Erwachsenen, Säuglingen und Kleinkindern ab 6 Monaten sowie Kindern und Jugendlichen.
Zur Kurznarkose (nur in Verbindung mit einem Analgetikum).

Bei allen Patienten sollte sich die Dosierung nach dem individuellen Ansprechen und der klinischen Wirkung richten.

Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren:
Bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren kann eine Erhöhung der Dosis erforderlich sein: Manchmal ist eine zusätzliche Dosis von bis zu 30 % der normalen Erwachsenen-Dosis notwendig, um dieselbe Schlaftiefe und -dauer wie bei Erwachsenen zu erreichen.

Jugendliche ab 15 Jahren und Erwachsene:
In der Regel liegt die zum sicheren Einschlafen benötigte Dosis zwischen 0,15 mg und 0,3 mg Etomidat pro kg Körpergewicht, entsprechend 0,075 ml bis 0,15 ml Etomidat. Deshalb reicht bei einem erwachsenen Patienten im Allgemeinen eine Ampulle für eine Schlafdauer von 4 – 5 Minuten aus. Die Schlafdauer kann durch zusätzliche Injektionen von Etomidat verlängert werden. Die Gesamtmenge von 3 Ampullen (60 mg/30 ml) darf nicht überschritten werden.

[Ref.]

Präparate im Handel

Emulsion zur Injektion 2 mg/mL
Injektionslösung 2 mg/mL

Präparate im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke (Etomidat) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Anwendungshinweis Altersangabe
Etomidat-®Lipuro Emulsion zur Injektion 2 mg/mL intravenös natriumfrei Sojaöl Langsam injizieren, über etwa 30 Sekunden, ggf. in fraktionierten Gaben. Säuglinge ab 6 Monaten
Hypnomidate Injektionslösung k.A. Propylenglykol Kinder ab 5 Jahren

k.A.: keine Angabe, „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit

Die Fachinformationen wurden am 05.03.2025 aufgerufen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Einleitung einer Anästhesie
  • Intravenös
    • Neugeborene
      [3] [6] [7] [8]
      • 0,2 - 0,4 mg/kg/Dosis, Bolus in 15-60 sec. einmalig vor der Intubation.
      • off-label

    • 1 Monat bis 6 Monate
      [5] [6] [7] [8]
      • 0,2 - 0,4 mg/kg/Dosis, Bolus in 15-60 sec. einmalig vor der Intubation.
      • off-label

    • 6 Monate bis 18 Jahre
      [3]
      • 0,3 - 0,4 mg/kg/Dosis, Bolus in 15-60 sec.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Keine Informationen zur Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörung vorhanden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Muskelzuckungen durch subkortikale Enthemmung. Hämodynamisch stabil. Adenokortikale Suppression bei Langzeitanwendung.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr häufig (>10 %): verminderter Cortisolspiegel, Dyskinesie

Häufig (1-10 %): Myoklonus, Venenschmerz, Hypotonie, Apnoe, Hyperventilation, Stridor, Erbrechen, Übelkeit, Hautausschlag

Gelegentlich (0,1-1 %): gesteigerte Muskelspannung, unwillkürliche Muskelkontraktionen, Nystagmus, Schüttelfrost, Bradykardie, Extrasystolen, ventrikuläre Extrasystolen, Phlebitis, Hypertonie, Hypoventilation, Schluckauf, Husten, Hypersalivation, Erythem, Muskelrigidität, Schmerzen an der Injektionsstelle, Anästhesie-Komplikationen, verzögerte Erholung von der Narkose, inadäquate Analgesie, verfahrensbedingte Übelkeit

Selten (0,01-0,1 %): Laryngospasmus

Häufigkeit nicht bekannt: Überempfindlichkeit (wie anaphylaktischer Schock, anaphylaktische Reaktion, anaphylaktoide Reaktion), Nebenniereninsuffizienz, Konvulsionen (einschließlich Grand-mal-Anfall), Herzstillstand, kompletter atrioventrikulärer Block, Schock, Thrombophlebitis (einschließlich oberflächlicher Thrombophlebitis und tiefer Venenthrombose),  Atemdepression, Bronchospasmus (einschließlich Fälle mit tödlichem Ausgang), Stevens-Johnson-Syndrom, Urtikaria, Trismus

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen bei Kindern

  • Neugeborene und Säuglinge bis zum Alter von 6 Monaten, ausgenommen bei zwingenden Indikationen unter stationären Bedingungen. [Etomidat- ® Lipuro]

Kontraindikationen allgemein

Neben Überempfindlichkeiten gegen den Wirkstoff oder einen sonstigen Bestandteil sind keine weiteren Gegenanzeigen bekannt.

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Stets in Kombination mit Corticosteroiden, da Etomidat (auch bei einmaliger Verabreichung) zur Nebennierensuppression führen kann.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Diese Informationen werden im Moment recherchiert und baldmöglichst zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie die aktuellen Fachinformationen.

ALLGEMEINANÄSTHETIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Halogenierte Kohlenwasserstoffe

Desfluran

Suprane
N01AB07

Sevofluran

Sevorane®
N01AB08
Barbiturate, rein

Thiopental

Pentothal®
N01AF03
Opioidanästhetika

Alfentanil

Rapifen®
N01AH02
N01AH01

Remifentanil

Ultiva®
N01AH06

Sufentanil

Sufenta®
N01AH03
Andere Allgemeinanästhetika

Esketamin

Ketanest® S, Syn: S-Ketamin
N01AX14

Natriumoxybat - intravenös

Somsanit®; Syn: 4-Hydroxybutansäure, γ-Hydroxybuttersäure, GHB, Gamma-Hydroxybuttersäure
N01AX11

Propofol

Disoprivan®
N01AX10

Referenzen

  1. Rademaker C.M.A. et al, Geneesmiddelen-Formularium voor Kinderen, 2007
  2. Den Brinker M et al, One single dose of etomidate negatively influences adrenocortical performance for at least 24h in children with meningococcal sepsis., Intensive Care Med, 2008, Jan 34(1), 163-8
  3. B.Braun Melsungen AG, SmPC Etomidat Lipuro (RVG 19122) 28-04-2022, www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
  4. Forman SA., Clinical and molecular pharmacology of etomidate, Anesthesiology, 2011, 114(3), 695-707
  5. Sfez M, et al., Comparaison de la pharmacocinétique de l'étomidate chez l'enfant et chez l'adulte. , Annales Françaises d'Anesthésie et de Réanimation., 1990, 9(2), 127-31
  6. Su F, et al., Population pharmacokinetics of etomidate in neonates and infants with congenital heart disease., Biopharm Drug Dispos., 2015, 36(2), 104-14
  7. Kay B., A clinical assessment of the use of etomidate in children, Br J Anaesth, 1976, 48(3), 207-11
  8. Dennhardt N, et al., Effect of etomidate on systemic and regional cerebral perfusion in neonates and infants with congenital heart disease: A prospective observational study., Paediatr Anaesth, 2020, 30(9), 984-9
  9. Piramal Critical Care B. V. , SmPC Hypnomidate, 2 mg/ml Injektionslösung (319.00.00), 05/2022

Änderungsverzeichnis

  • 27 März 2025 15:24: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung