Colchicin

Wirkstoff
Colchicin
Handelsname
Colchicum®, Colchysat®
ATC-Code
M04AC01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen

Überdosierung
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Colchicin ist ein sog. Spindelgift und ein Metaphaseninhibitor. Colchicin blockiert die Ausbildung und den Umbau des sog. Zytoskeletts durch Hemmung der Tubulinkettenbildung. Dadurch hemmt es die Zellteilung, aber auch die Migration von nicht ortsständigen Zellen, wie z.B. der Leukozyten.
Als mögliches therapeutisches Wirkprinzip wird angenommen: Colchicin unterdrückt die Phagozytose von Uratkristallen durch Leukozyten und setzt somit sowohl die Zerstörung der Leukozyten-Zellmembran von innen als auch die Ausschüttung von lysosomalen Enzymen, chemotaktischen Wirkstoffen und Milchsäure herab. Die Invasion neuer Granulozyten wird gemindert. Somit hemmt Colchicin sekundär die Präzipitation neuer Uratkristalle.

Pharmakokinetik bei Kindern

Es liegen keine speziellen Daten für Kinder vor.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Prophylaxe bei Familiärem Mittelmeerfieber (FMF)
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral bei familiärem Mittelmeerfieber (FMF) zur Prävention von Fieberschüben und zur Prävention einer Amyloidose.

Kinder und Jugendliche

Bei Kindern und Jugendlichen sollte Colchicin nur unter Aufsicht eines Facharztes mit ausreichenden Kenntnissen und Erfahrung angewendet werden.
Die orale Anfangsdosis beträgt abhängig vom Alter:
- 0,5 mg täglich bei Kindern unter 5 Jahren
- 1 mg täglich bei Kindern von 5 bis 10 Jahren
- 1,5 mg täglich bei Kindern über 10 Jahren
Bei Kindern mit amyloider Nephropathie werden unter Umständen höhere Tagesdosen bis zu 2 mg täglich benötigt.
Wenn Dosen von 0,25 mg benötigt werden, z. B. zur Kontrolle der Erkrankung bei Patienten, die auf die Standarddosierung klinisch nicht ansprechen, sind die Tabletten in den Stärken 0,5 mg und 1 mg nicht geeignet.

[Ref.]

Präparate im Handel

Flüssigkeit zum Einnehmen 0,5 mg/mL
Tabletten 0,5 mg

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke als Colchicin Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Altersangabe
Colchysat® Bürger Flüssigkeit Flüssigkeit zum Einnehmen 0,5 mg/mL oral k.A. Ethanol (50 Tropfen ≙ 2 ml ≙ bis zu 0,5 g Alkohol) Gicht: Erwachsene
Colchicin Tiofarma Tabletten 0,5 mgT0 oral k.A. 78,6 mg Lactose/Tbl. FMF: ab <5 Jahren


k.A.: keine Angabe, „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit, T0: nicht teilbar

Die Fachinformationen wurden am 09.06.2022 aufgerufen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Prophylaxe bei Familiärem Mittelmeerfieber (FMF)
  • Oral
    • 1 Monat bis 5 Jahre
      [1] [3]
      • 0,5 mg/Tag in 1 - 2 Dosen. Bei Bedarf schrittweise (0,25 mg/Schritt) erhöhen auf max. 2 mg/Tag.
    • 5 Jahre bis 10 Jahre
      [1] [3]
      • 1 mg/Tag in 1 - 2 Dosen. Bei Bedarf schrittweise (0,25 mg/Schritt) erhöhen auf max. 2 mg/Tag.
    • ≥ 10 Jahre
      [1] [3]
      • 1,5 mg/Tag in 1 - 2 Dosen. Bei Bedarf schrittweise (0,25 mg/Schritt) erhöhen auf max. 2 mg/Tag.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

- GFR ≥ 30 ml/min/1,73 m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.  
- GFR 10-30 ml/min/1,73 m2: 50 % der normalen Dosis, Dosierungsintervall: Anpassung nicht nötig.
- GFR <10 ml/min/1,73 m2: Eine generelle Empfehlung kann nicht gegeben werden.

Klinische Konsequenzen

Bei eingeschränkter Nierenfunktion kann das Risiko einer Toxizität erhöht sein.

Klinische Folgen:
Erste Anzeichen einer Toxizität sind ein brennendes Gefühl im Hals, Übelkeit, Bauchkrämpfe und Durchfall. Colchicin sollte in diesem Fall sofort abgesetzt werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Enge therapeutische Breite: Toxisch, sowohl akute als auch chronisch schwere Nebenwirkungen.
Brennen im Hals, Übelkeit, Bauchkrämpfe und Diarrhoe. Bei Langzeitanwendung kann eine Neuropathie auftreten.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Häufig (1-10 %): Abdominalschmerz, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe

Häufigkeit nicht bekannt: Knochenmarkdepression mit Agranulozytose und aplastischer Anämie, periphere Neuritis, Neuropathie, Alopezie, Ausschlag, Myopathie, Rhabdomyolyse, Amenorrhoe, Dysmenorrhoe, Oligospermie, Azoospermie, pharyngolaryngeale Schmerzen, Vitamin B12-Mangel

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • Patienten mit Störungen des Blutbilds
  • Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung
  • Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Colchicin hat eine kleine therapeutische Breite, deswegen besteht das Risiko einer Toxizität. Bei Auftreten von toxischen Symptomen wie Brennen im Hals, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen oder Diarrhoe ist die Einnahme abzubrechen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Die standardisierte Wechselwirkungsrecherche des Kinderformulariums hat folgende klinisch relevante Wechselwirkungen ergeben:

Colchicin wird über CYP3A4-Enzyme metabolisiert und ist ein Substrat des Transportproteins P-Glykoprotein (P-gp).

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
CYP3A4-Inhibitoren Hemmung des Metabolismus von Colchicin durch CYP-Inhibition.
Erhöhte Serumkonzentration und verstärkte Wirkung von Colchicin möglich.
Kombination vermeiden.
Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis anpassen und/oder Monitoring auf Nebenwirkungen.

P-gp-Inhibitoren z.B. Ciclosporin, Verapamil, Chinidin Erhöhte Serumkonzentration und verstärkte Wirkung von Colchicin möglich. Kombination vermeiden.
Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis anpassen und/oder Monitoring auf Nebenwirkungen.

 

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

GICHTMITTEL

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Urikostatika

Allopurinol

Zyloric®, Epidropal®
M04AA01

Referenzen

  1. Aurobindo, SmPC Colchicine 0,5 mg tablet (RVG 102274) 20-05-2016, www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
  2. NKFK working group Acute Kidney impairment, Extrapolation of KNMP risk analysis "Impaired renal function" for adults to children, 20 Dec 2021
  3. Tiofarma B.V., SmPC Colchicin Tiofarma 0,5 mg, 1 mg Tabletten (99030.00.00), 05/2019
  4. Johannes Bürger Ysatfabrik GmbH, SmPC Colchysat® Bürger Flüssigkeit (6220782.00.00), 11/2019
  5. Tiofarma B.V., SmPC Colchicin Ysat 0,5 mg Tabletten (99030.00.00), 05/2020

Änderungsverzeichnis

  • 29 September 2022 16:29: Die Überprüfung und Aktualisierung führte zur Entfernung des Präparates Colchicum-Dispert (außer Vertrieb)
  • 07 Oktober 2020 09:52: Neue Informationen zur Zulassung und der Pharmakodynamik hinzugefügt.

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung

Colchicin besitzt eine enge therapeutische Breite. Die empfohlene Höchstdosis darf nicht überschritten werden. Überdosierung, auch durch Nichtbeachtung von Wechselwirkungen, kann zu einer schwerwiegenden, sehr schmerzhaften und irreversiblen Vergiftung mit tödlichem Ausgang führen.