Carglumsäure

Wirkstoff
Carglumsäure
Handelsname
Carbaglu®, Syn: N-Carbamoyl-L-Glutaminsäure
ATC-Code
A16AA05

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen

Überdosierung
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Carglumsäure wird zur Prävention von Hyperammonämie-bedingten neurologischen Schäden aufgrund eines N-Acetyl-Glutamat-Synthetase (NAGS)-Mangels eingesetzt. Carglumsäure ist ein strukturelles Analogon von N-Acetylglutamat (NAG), dem Co-Aktivator des Enzyms Carbamoylphosphat-Synthetase I (CPS). CPS ist bei der Entgiftung bzw. Umwandlung von Ammoniak zu Harnstoff (Harnstoffzyklus) beteiligt. 

Pharmakokinetik bei Kindern

Es sind keine spezifischen Informationen für Kinder vorhanden.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Hyperammonämie aufgrund eines N-Acetylglutamat-Synthase (NAGS)-Mangels oder organischer Azidämien (Isovalerianazidämie, Methylmalonazidämie, Propionazidämie)
    • oral
      • ≥0 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral zur Behandlung einer Hyperammonämie aufgrund eines primären N-Acetylglutamatsynthase-Mangels

Kinder ab dem ersten Lebenstag:

  • Die tägliche Anfangsdosis sollte 100 mg/kg bis zu 250 mg/kg in zwei bis vier Dosen betragen.
  • Die tägliche Dosis beträgt 10 mg/kg bis zu 100 mg/kg in zwei bis vier Dosen.
  • Die Dosis sollte dann individuell angepasst werden, um normale Ammoniakkonzentrationen im Plasma aufrechtzuerhalten.
  • Langfristig ist es möglicherweise nicht notwendig, die Dosis entsprechend dem Körpergewicht zu erhöhen, solange eine entsprechende Stoffwechselkontrolle erreicht wird.

Carglumsäure Reaktionstest

    • Es wird empfohlen, die Reaktion des einzelnen Patienten auf Carglumsäure zu testen, bevor eine langfristige Behandlung eingeleitet wird.
    • Bei einem komatösen Kind sollte mit einer Dosis von 100 bis 250 mg/kg/Tag begonnen und die Ammoniakkonzentration im Plasma mindestens vor jeder Gabe überprüft werden; sie sollte sich innerhalb einiger Stunden nach Beginn der Anwendung von Carglumsäure normalisiert haben.
    • Bei einem Patienten mit einer mäßigen Hyperammonämie sollte 3 Tage eine Testdosis von 100 bis 200 mg/kg/Tag mit einer konstanten Proteinaufnahme gegeben und wiederholte Bestimmungen des Ammoniakgehalts im Blut durchgeführt werden (vor und 1 Stunde nach einer Mahlzeit)

Oral zur Behandlung einer Hyperammonämie aufgrund einer Isovalerianazidämie, Methylmalonazidämie oder Propionazidämie

  • Die initiale Tagesdosis sollte 100 mg/kg, bei Bedarf bis zu 250 mg/kg in zwei bis vier Dosen betragen.
  • Danach sollte die Dosis individuell angepasst werden, um normale Ammoniakkonzentrationen im Plasma aufrechtzuerhalten

[Ref.]

Präparate im Handel

Tabletten zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen 200 mg

Allgemein

Carbaglu® wurde als Arzneimittel für seltene Erkrankungen („Orphan-Arzneimittel“) zugelassen.

Orale Anwendung

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke als Carglumsäure
Problematische Hilfsstoffe
Carbaglu® Tabletten zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen 200 mgT4,S -


T4: teilbar in vier gleiche Dosen, S: suspendierbar

Die Fachinformation wurde am 26.02.2021 aufgerufen.

Anwendungshinweise:

  • Ausschließlich zur oralen Anwendung.
  • Auflösen der Tabletten in mindestens 5-10 ml Wasser direkt vor der Verabreichung.
  • Verabreichung vor den Mahlzeiten bzw. vor dem Füttern.
  • Schlucken oder bei Bedarf über eine Nasensonde unter Verwendung einer Spritze (mittels schnellem Stoß).
  • Der Geschmack der Suspension ist leicht sauer.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Hyperammonämie aufgrund eines N-Acetylglutamat-Synthase(NAGS)-Mangels oder organischer Azidämien (Isovalerianazidämie, Methylmalonazidämie, Propionazidämie); CPS
  • Oral
    • Neugeborene
      [1] [2] [3]
      • Initialdosis: 100 - 250 mg/kg/Tag in 2 - 4 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: Dosis individuell anpassen, um normale Ammoniakkonzentrationen im Plasma aufrechtzuerhalten. Die tägliche Dosis beträgt 10 - 100 mg/kg/Tag in 2 - 4 Dosen.
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1] [2] [3] [4]
      • Initialdosis: 100 - 250 mg/kg/Tag in 2 - 4 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: Dosis individuell anpassen, um normale Ammoniakkonzentrationen im Plasma aufrechtzuerhalten. Die tägliche Dosis beträgt 10 - 100 mg/kg/Tag in 2 - 4 Dosen.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR 30-59 ml/min
Anfangsdosis: 50 mg/kg/Tag bis 125 mg/kg/Tag für Patienten mit Hyperammonämie aufgrund von NAGS-Mangel oder organischer Azidämie.
Langzeitanwendung: 5 mg/kg/Tag und 50 mg/kg/Tag ; individuell Anpassung, um normale Ammoniakkonzentrationen im Plasma aufrechtzuerhalten.

GFR ≤ 29 ml/min
Anfangsdosis: 15 mg/kg/Tag bis 40 mg/kg/Tag für Patienten mit Hyperammonämie aufgrund von NAGS-Mangel oder organischer Azidämie.
Langzeitanwendung: 2 mg/kg/Tag und 20 mg/kg/Tag; individuelle Anpassung,  um normale Ammoniakkonzentrationen im Plasma aufrechtzuerhalten.

[SmPC Carbaglu]

 

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):

  • erhöhte Transaminasewerte, verstärktes Schwitzen
  • Bradykardie
  • Durchfall, Erbrechen
  • Pyrexie

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

 

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

  • Die Plasmakonzentrationen von Ammoniak und Aminosäuren müssen innerhalb der normalen Grenzen gehalten werden.
  • Da nur sehr wenige Daten über die Sicherheit von Carglumsäure zur Verfügung stehen, wird die systematische Überwachung der Leber-, Nieren- und Herzfunktion und der hämatologischen Parameter empfohlen.
  • Im Falle einer geringen Proteintoleranz kann eine Einschränkung der Proteinaufnahme und Argininergänzung angezeigt sein.

Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

 

Wechselwirkungen

Es wurden keine Wechselwirkungsstudien durchgeführt. [SmPC Carbaglu 200 mg Tabletten zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen]

ANDERE MITTEL FÜR DAS ALIMENTÄRE SYSTEM UND DEN STOFFWECHSEL

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Aminosäuren und Derivate

Mercaptamin - oral

Cystagon, Procysbi®; Syn: Cysteamin
A16AA04
Enzyme

Agalsidase alfa

Replagal®
A16AB03

Agalsidase beta

Fabrazyme®
A16AB04

Alglucosidase alfa

Myozyme®
A16AB07

Asfotase alfa

Strensiq®
A16AB13

Galsulfase

Naglazyme®
A16AB08
Sonstige Mittel für das alimentäre System und den Stoffwechsel

Lumasiran

Oxlumo®
A16AX18

Sapropterin

Kuvan®, Syn: Tetrahydrobiopterin, BH4
A16AX07

Teduglutid

Revestive®
A16AX08

Trientin

Cuprior®, Cufence®; Syn: TETA, Triethylentetramin
A16AX12

Zink

Wilzin®
A16AX05

Referenzen

  1. Blau, Hoffmann, Leonard and Clarke, Physicians guide to the treatment and follow-up of metabolic diseases., Springer, 2006
  2. Recordati Rare Diseases, SmPC Carbaglu (EU/1/02/246/001), www.ema.europa.eu, 09-10-2019
  3. Valayannopoulos V. et al, Carglumic acid enhances rapid ammonia detoxification in classical organic acidurias with a favourable risk-benefit profile: a retrospective observational study, Orphanet Journal of rare diseases, 2016, 11, 32
  4. Recordati, SmPC Carbaglu 200 mg Tabletten zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen (EU/1/02/246/001), 04/2019

Änderungsverzeichnis

  • 23 Dezember 2021 14:46: Spezifizierung der Dosierungsempfehlung für Neugeborene
  • 10 Juni 2021 11:06: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung

  • Bei einem Patienten, der mit Carglumsäure behandelt wurde und bei dem die Dosis bis auf 750 mg/kg/Tag erhöht wurde, traten Intoxikationssymptome auf.
  • Symptome: sympathomimetische Reaktion: Tachykardie, starkes Schwitzen, erhöhte Bronchiensekretion, erhöhte Körpertemperatur und Unruhe.
  • Diese Symptome verschwanden, nachdem die Dosis reduziert wurde.

[Ref.]