Mirtazapin

Wirkstoff
Mirtazapin
Handelsname
Remergil®
ATC-Code
N06AX11

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Mirtazapin ist ein tetracyclisches Antidepressivum. Durch eine antagonistische Wirkung an α2-Adrenorezeptoren wird die zentrale Noradrenalin-Freisetzung erhöht. Eine serotonerge Wirkung wird durch den 5-HT2- und 5-HT3- Rezeptor-Antagonismus vermittelt. Zudem ist Mirtazapin ein potenter Antagonist an histaminergen H1-Rezeptoren, was möglicherweise den Grund für die ausgeprägten sedierenden Effekte darstellt. Moderater peripherer α1-Antagonist (möglicherweise Grund für orthostatische Hypotension).

Pharmakokinetik bei Kindern

Folgende pharmakokinetische Parameter wurden bei einer einmaligen Dosis von 15 mg (Tabletten) bestimmt [EPAR Mirtazapin]:

  7-11 Jahre (n=8) 12-17 Jahre (n=8)
Cmax (ng/ml) 51,8-62,5 28,1-41,1
Tmax (h) 1,50-1,55 1,65-2,39
t½ (h) 22,7-23,7 31,7-35,3
Cl (l/h/kg) 0,719-0,858 0,470-0,608
Vd (l/kg) 24,6-27,9 22,5-24,3

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Schwere Schlafstörungen mit zugrunde liegender Depression
    • oral
      • ≥12 Jahre bis <18 Jahre: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral zur Behandlung depressiver Erkrankungen (Episoden einer Major Depression) bei Erwachsenen

Kinder und Jugendliche
Mirtazapin sollte bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht angewendet werden, da die Wirksamkeit in zwei
klinischen Kurzzeitstudien nicht nachgewiesen wurde und Bedenken hinsichtlich der Sicherheit vorliegen.

[Ref.]

Präparate im Handel

Schmelztabletten 15 mg, 30 mg, 45 mg
Filmtabletten 15 mg, 30 mg, 45 mg

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Aroma Anwendungshinweis Altersangabe
REMERGIL SolTab® Schmelztabletten 15 mgT0,M0
30 mgT0,M0
45 mgT0,M0
oral natriumfrei Aspartam
Sucrose
Orange Einnahme möglichst als Einmaldosis am Abend vor dem Schlafengehen. Die Tablette zergeht schnell und kann ohne Wasser geschluckt werden. Erwachsene
Mirtazapin-neuraxpharm® Filmtabletten 15 mgT2,M
30 mgT2,M
45 mgT2,M
oral k.A. Lactose - Einnahme möglichst als Einmaldosis am Abend vor dem Schlafengehen.
Mit Flüssigkeit einnehmen und unzerkaut schlucken.
Erwachsene

 

T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, T0: nicht teilbar, M: mörserbar, M0: nicht mörserbar, k.A.: keine Angabe,  „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit

Die Fachinformationen wurden am 29.05.2024 aufgerufen.

Neben den aufgeführten Präparaten befinden sich diverse weitere Fertigarzneimittel im Handel.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Schwere Schlafstörungen mit zugrunde liegender Depression
  • Oral
    • 12 Jahre bis 18 Jahre
      [1] [2]
      • Initialdosis: Zur Nacht: 7,5 mg/Tag in 1 Dosis
      • Erhaltungsdosis: Bei Bedarf die Initialdosis in wöchentlichen Schritten von 7,5 mg/Tag auf 15 - 45 mg/Tag in 1 Dosis erhöhen. Max: 45 mg/Tag. 15 - 45 mg/Tag in 1 Dosis. Max: 45 mg/Tag.
        • Die Behandlung mit Mirtazapin sollte nicht plötzlich abgesetzt werden, sondern ausgeschlichen werden.
        • Nur in Ausnahmefällen verwenden, wenn sich andere Optionen nicht als wirksam erwiesen haben.
        • Mirtazapin sollte von fachärztlichem Personal der Kinder- und Jugendpsychiatrie verschrieben werden. Die Dosis sollte individuell angepasst und die niedrigstmögliche Dosis verwendet werden.

        off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Signifikante Gewichtszunahme, Urtikaria, Hypertriglyzeridämie. [SmPC Remergil Soltabs]

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr häufig (≥10 %): verstärkter Appetit, Gewichtszunahme, Schläfrigkeit, Sedierung, Kopfschmerzen, trockener Mund

Häufig (1-10 %): anormale Träume, Verwirrtheit, Angst, Schlaflosigkeit, Lethargie, Schwindel, Tremor, Amnesie, orthostatische Hypotonie, Übelkeit, Diarrhö, Erbrechen, Obstipation, Exanthem, Arthralgie, Myalgie, Rückenschmerzen, periphere Ödeme, Erschöpfung

Gelegentlich (0,1-1 %): Alpträume, Manie, Agitiertheit, Halluzinationen, psychomotorische Unruhe (einschließlich Akathisie und Hyperkinesie), Parästhesie, Restless legs, Synkope, Hypotonie, orale Hypästhesie

Selten (0,01-0,1 %): Aggression, Muskelzuckungen, Pankreatitis, Erhöhung der Serum-Transaminasen

Häufigkeit nicht bekannt: Knochenmarkdepression (Granulozytopenie, Agranulozytose, aplastische Anämie, Thrombozytopenie), Eosinophilie, inadäquate ADH-Sekretion, Hyperprolaktinämie (und die damit verbundenen Symptome Galaktorrhoe und Gynäkomastie), Hyponatriämie, suizidale Gedanken, suizidales Verhalten, Schlafwandeln, Krämpfe (Anfälle), Serotonin-Syndrom, orale Parästhesie, Dysarthrie, Ödeme im Mund, vermehrter Speichelfluss, Stevens-Johnson-Syndrom, bullöse Dermatitis, Erythema multi forme, toxisch epidermale Nekrolyse, Arzneimittelwirkung mit Eosinophilie und systemischen Symptomen (DRESS), Rhabdomyolyse, Harnretention, Priapismus, generalisiertes Ödem, lokalisiertes Ödem, Kreatinkinase erhöht

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

 

Kontraindikationen allgemein

  • gleichzeitige Anwendung von Mirtazapin mit Hemmern der Monoaminoxidase (MAO)

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Führt zu herabgesetztem Reaktions- und Konzentrationsvermögen, keine Verwendung bei depressiven Patienten mit Suizidgedanken, Patienten aufgrund des gesteigerten Suizidrisikos engmaschig überwachen. Das Risiko des Auftretens eines Serotoninsyndroms beachten.

Die Wirksamkeit bei Kindern wurde in zwei klinischen Kurzzeitstudien nicht nachgewiesen. In Einzelfällen kann Mirtazapin eine Option bei schwerwiegenden Schlafstörungen in Verbindung mit einer Depressionen sein, wenn Alternativen nicht wirksam waren.

Die Verwendung kann zu vermindertem Reaktions- und Konzentrationsvermögen führen. Viele tägliche Aktivitäten können dadurch beeinträchtigt werden.

Ein Screening auf Suizidgefährdung ist vor der Behandlung angezeigt. Die Patienten sollten während der Therapie engmaschig überwacht werden, insbesondere zu Beginn der Behandlung und nach Dosisanpassungen. Die Patienten sollten über die Notwendigkeit informiert werden, auf jede klinische Verschlimmerung, suizidales Verhalten oder Gedanken und ungewöhnliche Verhaltensänderungen zu achten und bei Auftreten dieser Symptome sofort einen Arzt aufzusuchen. Die Patienten sollten keinen Zugang zu großen Mengen dieses Medikaments haben, um Missbrauch zu verhindern.

Selten wurde unter Mirtazapin über ein Serotonin-Syndrom berichtet. Vorsicht ist geboten, wenn Symptome wie Unruhe, Zittern, Myoklonus und Hyperthermie gleichzeitig auftreten.

Suizidale Verhaltensweisen (Suizidversuch und Suizidgedanken), Feindseligkeit (vorwiegend Aggressivität, oppositionelles Verhalten und Wut) wurden in klinischen Studien häufiger bei Kindern und Jugendliche, die mit Antidepressiva behandelt wurden, beobachtet.

Empfohlene Kontrolluntersuchungen finden Sie hier.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Metabolisierende Enzyme: CYP2D6, CYP3A4

Pharmakokinetische Wechselwirkungen

  • CYP2D6- und CYP3A4-Induktoren (z.B. Barbiturate, Carbamazepin, Phenytoin, Nikotin und orale Kontrazeptiva): Dosisanpassung in Betracht ziehen. Bei Beendigung der Therapie mit Comedikation muss die Mirtazapin-Dosis ggf. wieder verringert werden.
  • CYP2D6- und CYP3A4-Hemmstoffe (z.B. Cimetidin, Antidepressiva (alle SSRIs) und Antipsychotika vom Phenothiazin-Typ): Dosisanpassung in Betracht ziehen. Klinische Studien zeigten keine relevanten pharmakokinetischen Auswirkungen bei einer Kombinationstherapie mit Paroxetin, Amitriptylin, Risperidon oder Lithiumsalzen.

Pharmakodynamische Interaktionen

  • Mirtazapin kann die sedierenden Eigenschaften von Benzodiazepinen oder anderen Sedativa (viele Antipsychotika, Histamin-H1-Rezeptorenblocker, Opioide) verstärken: gleichzeitige Anwendung nur mit Vorsicht.
  • Mirtazapin kann die zentral dämpfende Wirkung von Alkohol verstärken: Verzicht auf Alkohol während der Therapie empfohlen.
  • Tri- und tetracyclische Antidepressiva können antikoagulatorische Wirkung von Coumarin- Derivaten (z.B. Warfarin) potenzieren, indem sie deren hepatische Metabolisierung hemmen: Verstärkte Überwachung werden angeraten.

ANTIDEPRESSIVA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Nichtselektive Monoamin-Wiederaufnahmehemmer

Amitriptylin

Amineurin®
N06AA09

Clomipramin

Anafranil®
N06AA04
N06AA02
N06AA10
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer

Citalopram

Cipramil®
N06AB04

Escitalopram

Cipralex®
N06AB10

Fluoxetin

Prozac®
N06AB03

Fluvoxamin

Fevarin®
N06AB08

Sertralin

Zoloft®
N06AB06
Andere Antidepressiva

Bupropion

Elontril®, Zyban®
N06AX12

Duloxetin

Cymbalta®, Duloxalta®
N06AX21

Venlafaxin

Trevilor®
N06AX16

Referenzen

  1. Kennis Centrum voor Kind,- en Jeugdpsychiatrie [Wissenszentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie], Expert opinie depressies met ernstige comorbide slaapproblemen [Expertenmeinung Depression mit schweren komorbiden Schlafproblemen], 18 Dec 2017
  2. Haapasalo-Pesu KM et al., Mirtazapine in the treatment of adolescents with major depression: an open-label, multicenter pilot study., J Child Adolesc Psychopharmacol, 2004 , 14(2), 175-84
  3. CMDh, Rapporteur’s Public Assessment Report for paediatric data in EU Worksharing procedure: Mirtazapine, http://www.hma.eu/269.html , 18-6-2010
  4. neuraxpharm Arzneimittel GmbH, SmPC Mirtazapin-neuraxpharm® 15 mg/30 mg/45 mg (59935.00.00), 12/2020
  5. Organon Healthcare GmbH, SmPC REMERGIL SolTab® 15 mg/30 mg/45 mg Schmelztabletten (52428.00.00), 03/2024
  6. Mrakotsky C, Masek B, Biederman J, Raches D, Hsin O, Forbes P, et al., Prospective open-label pilot trial of mirtazapine in children and adolescents with social phobia. , Journal of anxiety disorders., 2008, 22(1), 88-97

Änderungsverzeichnis

  • 04 August 2024 23:26: Überprüfung und Aktualisierung
  • 22 Juni 2021 16:48: Überarbeitung der Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung