Tretinoin ist ein natürlicher Metabolit von Retinol und gehört zur Klasse der Retinoide, die natürliche und synthetische Analoga umfasst.
Der Wirkungsmechanismus von Tretinoin bei akuter promyelozytischer Leukämie (APL) ist nicht vollständig bekannt und beruht vermutlich auf einer spezifischen Bindung von Tretinoin an einen nuklearen Retinsäure-Rezeptor (Retinoic Acid Receptor/RAR). Der nukleare Retinsäure-Rezeptor α (RARα) ist bei APL-Patienten durch Fusion mit einem als PML bezeichneten Protein verändert. Tretinoin in pharmakologischer Dosierung induziert den proteolytischen Abbau des für die APL charakteristischen PML/RARα Proteins. Bei Patienten mit APL hemmt Tretinoin in Kombination mit zytotoxischer Chemotherapie oder mit Arsentrioxid die Proliferation und induziert die Differenzierung von promyelozytischen Blasten. Mit solch einer kombinierten Behandlung können hohe Remissionsraten und niedrige Rezidivraten erreicht werden.
Es sind keine spezifischen Informationen für Kinder vorhanden.
*in Kombination mit Arsentrioxid oder Chemotherapie
Auszug aus Fachinformation Auszug aus FachinformationKapseln 10 mg
Allgemein
Das im Handel befindliche Präparat enthält Tretinoin in der Reinform. Der Wirkstoffgehalt bezieht sich demnach auf Tretinoin.
Präparat im Handel:
Präparat | Darreichungsform | Stärke als Tretinoin |
Problematische Hilfsstoffe | Anwendungshinweis |
Vesanoid | Weichkapseln | 10 mg | Sojaöl, Sorbitol |
Die Kapseln dürfen nicht zerkaut werden. Es wird empfohlen, die Kapseln mit einer Mahlzeit oder kurz danach einzunehmen. |
Die Fachinformation wurde am 20.09.2021 aufgerufen.
Anwendungshinweise:
In der Literatur werden alternative Verabreichungswege (off-label) beschrieben. Diese können insbesondere für Kinder mit Schluckbeschwerden relevant sein:
Cave: Tretinoin ist licht-, luft- und temperaturempfindlich, sodass eine sofortige Verabreichung nach Zubereitung nötig ist um Degradationsprozesse vorzubeugen. Zudem ist der Wirkstoff teratogen, sodass bestimmte Sicherheitsvorkehrungen im Umgang zu treffen sind.
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Akute Promyelozytenleukämie (APL) |
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Bei reduzierter Nierenfunktion bei Kindern 10-50 ml/min:
oral: 25 mg/m2 KOF pro Tag in 2 Dosen.
Es gibt Berichte über eine erhöhte Toxizität bei Kindern unter einer Tretinoin Therapie, insbesondere ein gehäuftes Auftreten von Pseudotumor cerebri.
Sehr häufig (>10 %): verminderter Appetit, Verwirrtheit, Angstzustände, Depression, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, erhöhter intrakranieller Druck (Pseudotumor cerebri), Schwindel, Parästhesien, visuelle Störungen, Erkrankungen der Bindehaut, Hypoakusis, Arrythmien, Rötungen und Hitzegefühl, respiratorische Insuffizienz, trockene Nasenschleimhäute, Asthma, Mundtrockenheit, Übelkeit, Erbrechen, Abdominalschmerz, Diarrhoe, Obstipation, Pankreatitis, Cheilitis, Erythem, Ausschlag, Pruritus, Alopezie, Hyperhidrosis, Knochenschmerzen, Brustkorbschmerz, Schüttelfrost, Unwohlsein, Erhöhung der Serumwerte für Triglyceride, Kreatinin, Cholesterin, Transaminasen
Häufigkeit nicht bekannt: nekrotisierende Fasziitis, Thrombozytose, Leukozytose, Basophilie (mit oder ohne symptomatische Hyperhistaminämie), Hyperkalzämie, Schlaganfall, Myokardinfarkt, Arterienthrombose, Venenthrombose an verschiedenen Stellen (z.B. Schlaganfall, Myokardinfarkt, Niereninfarkt), Vaskulitis, Erythema nodosum, akute febrile neutrophile Dermatose (Sweet Syndrom), Myositis, Niereninfarkt, Ulzeration im Genitaltrakt, Erhöhung von Histaminwerten
Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Pseudotumor cerebri tritt bei pädiatrischen Patienten häufiger auf als bei Erwachsenen. Daten aus klinischen Studien zeigen, dass die Inzidenz von Pseudotumor cerebri reduziert ist, wenn eine niedrige Tretinoin-Dosis verwendet wird, ohne die Wirksamkeit zu beeinträchtigen. Deshalb ist bei Kindern mit Toxizitätssymptomen wie hartnäckigen Kopfschmerzen eine Dosissenkung auf 25 mg/m2 zu erwägen.
In seltenen Fällen wurde über Depressionen oder über durch Depressionen verstärkte Angststörungen und über Stimmungsschwankungen unter der Einnahme oraler Retinoide berichtet. Besondere Aufmerksamkeit ist bei Patienten erforderlich, die in der Vergangenheit bereits unter Depressionen litten. [Rote-Hand-Brief]
Beachte: Rote-Hand-Brief vom 03.09.2019 (Retinoide (Acitretin, Adapalen, Alitretinoin, Bexaroten, lsotretinoin, Tazaroten und Tretinoin) - Aktualisierungen zu Teratogenität und neuropsychiatrischen Erkrankungen): Für orales Tretinoin ist in der onkologischen Indikation ein Einsatz bei klinischer Dringlichkeit einer Therapie auch bei Schwangeren zulässig. In seltenen Fällen wurde über Depressionen oder über durch Depressionen verstärkte Angststörungen und über Stimmungsschwankungen unter der Einnahme oraler Retinoide berichtet.
Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.
Tretinoin wird über die CYP-Enzyme CYP3A4 und CYP2C9 metabolisiert.
Interaktionspartner | Grund | Handlungsempfehlung |
Vitamin A | Additive Toxizität durch Hypervitaminose A. | Kombination kontraindiziert. |
Andere Retinoide, z.B. Isotretinoin, Acitretin | ||
Tetrazykline | Additive Erhöhung des intrakraniellen Drucks. Erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Pseudotumors cerebri. | |
CYP-Inhibitoren: CYP3A4, CYP2C9 | Hemmung des Metabolismus von Tretinoin. Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung von Tretinoin möglich. | Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Nebenwirkungen von Tretinoin. |
CYP-Induktoren: CYP3A4, CYP2C9 | Steigerung des Metabolismus von Tretinoin. Erniedrigte Serumkonzentration und (stark) verringerte Wirkung von Tretinoin möglich. | Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis erhöhen und Monitoring auf ausreichende Wirkung von Tretinoin. |
Antifibrinolytika, z.B. Tranexamsäure, Aminocapronsäure, Aprotinin | Additiver thrombogener Effekt. Erhöhtes Thrombose-Risiko. | Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Anzeichen einer Thrombose. |
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Methylhydrazine | ||
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Natulan®
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L01XB01 |
Monoklonale Antikörper | ||
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Blincyto®
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L01XC19 |
Proteinkinase-Inhibitoren | ||
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Sprycel®
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L01XE06 | |
Glivec®, Imanivec®
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L01XE01 |
Andere antineoplastische Mittel | ||
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Siklos®, Xromi®
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L01XX05 | |
Riboirino®, Onivyde®
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L01XX19 | |
Kymriah®
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L01XX71 |
Proteasom-Inhibitoren | ||
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Velcade®
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L01XG01 |