Carbamazepin

Wirkstoff
Carbamazepin
Handelsname
Tegretal®, Timonil®
ATC-Code
N03AF01

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Carbamazepin ist ein Dibenzoazepin-Derivat. Pharmakologisch hat es Gemeinsamkeiten mit Phenytoin. Der Wirkungsmechanismus ist bislang nicht geklärt. Ähnlich wie Phenytoin hemmt Carbamazepin die synaptische Übertragung und reduziert dadurch die Fortleitung von konvulsiven Entladungen. In höheren Konzentrationen verursacht Carbamazepin eine Herabsetzung der posttetanischen Potenzierung. Die Schmerzlinderung bei der Trigeminus-Neuralgie kommt wahrscheinlich durch eine Hemmung der synaptischen Reizübertragung im spinalen Trigeminuskern zustande.

Pharmakokinetik bei Kindern

Die folgenden pharmakokinetischen Parameter (Mittelwert ± Standardabweichung (Range)) wurden bei Neugeborenen gefunden (n = 10, nach einer Loading Dose von 10 mg/kg, Monotherapie): [Singh et al. 1996]

Cmax (mg/L) Tmax (h) T½ (h) Cl (mL/min/kg) Vd (L/kg)
8,1 ± 0,8
(7,1 - 9,9)
9,2 ± 4,2
(4 – 16)
24,5 ± 13,9
(9,6 - 60,2)
0,5 ± 0,2
(0,21 - 0,85)
0,9 ± 0,1
(0,64 - 1,13)

 

Wenn Carbamazepin mit anderen Antiepileptika wie z.B. Phenobarbital oder Phenytoin kombiniert wird, sinkt die T1/2. [MacKintosh et al. 1987, Rey et al. 1979]

Die folgenden pharmakokinetischen Parameter (Mittelwert (Bereich)) wurden bei älteren Kindern (2 bis 21 Jahre) gefunden: [Carlsson et al. 2005]

T½ (h)
Cl (mL/min/kg)
Vd (L/kg)
6,5 (4,2 - 15,4) 1,72 (0,60 - 3,63) 0,88 (0,35 - 1,81)

 

Die Bioverfügbarkeit der Suspension ist höher als die der Tabletten. Bei der Umstellung von den Tabletten auf die Suspension sollte die gleiche Tagesdosis in mg verabreicht werden, jedoch in kleineren Dosen bei höherer Dosierungsfrequenz.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Epilepsie
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: zugelassen
  • Trigeminusneuralgie
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label

  • Bipolare Störung
    • oral
      • ≥40 kg: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral

  • bei Epilepsien: einfache partielle Anfälle (fokale Anfälle), komplexe partielle Anfälle (psychomotorische Anfälle), Grand mal, insbesondere fokaler Genese (Schlaf-Grand mal, diffuses Grand mal), gemischte Epilepsieformen
  • bei Trigeminus-Neuralgie
  • bei Genuine Glossopharyngeus-Neuralgie
  • bei schmerzhafter diabetische Neuropathie
  • bei nichtepileptische Anfälle bei Multipler Sklerose z.B. Anfälle bei Multipler Sklerose, wie z. B. Trigeminus-Neuralgie, tonische Anfälle, paroxysmale Dysarthrie und Ataxie, paroxysmale Parästhesien und Schmerzanfälle
  • zur Anfallsverhütung beim Alkoholentzugssyndrom
  • zur Prophylaxe manisch-depressiver Phasen, wenn die Therapie mit Lithium versagt hat bzw. wenn Patienten unter Lithium schnelle Phasenwechsel erlebten, und wenn mit Lithium nicht behandelt werden darf (gilt nur für Tabletten und Retardtabletten)

als Suspension oder Tablette:

  Anfangsdosis täglich Erhaltungsdosis täglich
Kinder bis zu 1 Jahr 1 x 100 mg 1 x 100 – 200 mg
Kinder 1 bis 5 Jahre 1 – 2 x 100 mg 2 x 100 – 200 mg  oder
1 – 2 x 200 mg
Kinder 6 bis 10 Jahre 2 x 100 mg 3 x 100 – 200 mg 
Kinder 11 bis 15 Jahre 2 – 3 x 100 mg 3 x 200 – 300 mg (bei Einnahme der Suspension) oder
2 x 200 – 400 mg (bei Einnahme der Tabletten) oder
3 – 5 x 200 mg (bei Einnahme der Tabletten)
Kinder ab 15 Jahre 2 x 100 mg oder
2 – 4 x 100 mg
3 x 200 – 400 mg

Hinweise:
Bei Kindern unter 4 Jahren wird aufgrund klinischer Erfahrungen empfohlen, bevorzugt mit einer Tagesdosis von 20 – 60 mg zu beginnen. Bis zum Erreichen der therapeutisch notwendigen Dosis kann diese Tagesdosis um 20 – 60 mg jeden zweiten Tag gesteigert werden. Jedoch sollten die oben genannten Dosierungsbereiche nicht über schritten werden.
Bei Kindern über 4 Jahren kann die Anfangsdosis 100 mg pro Tag betragen. Diese Tagesdosis kann jeden zweiten Tag oder wöchentlich um bis zu 100 mg pro Tag bis zur erforderlichen Dosis gesteigert werden. Jedoch sollten die oben genannten Dosierungsbereiche nicht überschritten werden.

[Ref.]

als Retardtablette:

  Anfangsdosis täglich Erhaltungsdosis täglich
Kinder 6 bis 10 Jahre 150 – 200 mg abends 200 mg morgens und
200 – 400 mg abends
Kinder 11 bis 15 Jahre 150 - 200 mg abends 200 – 400 mg morgens und
400 – 600 mg abends
Kinder ab 15 Jahren 200 mg abends 200 – 600 mg morgens und
400 – 600 mg abends

Empfohlene Maximaldosis:
6 bis 15 Jahre: 1.000 mg/Tag
> 15 Jahre: 1.200 mg/Tag

[Ref.]

Präparate im Handel

Suspension zum Einnehmen 20 mg/mL
Tabletten 200 mg
Retardtabletten 150 mg, 200 mg, 300 mg, 400 mg, 600 mg

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke (Carbamazepin) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Aroma Anwendungshinweis Altersangabe
Timonil® Saft Suspension zum Einnehmen 20 mg/mL oral natriumfrei Methyl-4-hydroxybenzoat (1,2 mg/mL),
Propyl-4-hydroxybenzoat (0,5 mg/mL),
Cyclamat
k.A. Vor Gebrauch gut schütteln, Einnahme vor oder während den Mahlzeiten ohne Altersbeschränkung
Tegretal® Suspension Suspension zum Einnehmen 20 mg/mL oral natriumfrei Sorbitol (175 mg/mL),
Propylenglykol (25 mg/mL),
Methyl-4-hydroxybenzoat (1,2 mg/mL),
Propyl-4-hydroxybenzoat (0,3 mg/mL),
Saccharin
Karamell ohne Altersbeschränkung
Timonil® 200 Tabletten 200 mgT0,M,S oral natriumfrei - - Tablette erst unmittelbar vor der Einnahme suspendieren ab 4 Jahren
Tegretal® 200 mg Tabletten 200 mgT2,M oral natriumfrei - - - Kinder ab 1 Jahr
Timonil® retard Retardtabletten 150 mgT4,S,M0
200 mgT2,S,M0
300 mgT4,S,M0
400 mgT2,S,M0
600 mgT2,S,M0
oral natriumfrei - - Tablette erst unmittelbar vor der Einnahme suspendieren ab 6 Jahren
Tegretal® retard Retardtabletten 200 mgT2,M0
400 mgT2,M0
oral natriumfrei - - - ab 6 Jahren

 

T4: teilbar in vier gleiche Dosen, T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, T0: nicht teilbar, M: mörserbar, M0: nicht mörserbar, S: suspendierbar, „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit

Die Fachinformationen wurden am 06.06.2024 aufgerufen.

Neben den aufgeführten Präparaten befinden sich diverse weitere Fertigarzneimittel im Handel.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Epilepsie
  • Oral
    • 1 Monat bis 5 Jahre
      [5] [7] [9] [10] [22] [29]
      • Initialdosis: 10 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: Pro Woche um 5 mg/kg/Tag erhöhen, bis die gewünschte Wirkung erreicht ist. Gängige Erhaltungsdosis 10 - 20 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen. Max: 35 mg/kg/Tag.
        • Beim Auftreten von Nebenwirkungen Dosis reduzieren.
        • CAVE: Patienten mit chinesischer, japanischer oder thailändischer Abstammung. Siehe Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern. Unterschiedliche HLA-Genvarianten können das Stevens-Johnson-Syndrom begünstigen.
    • 5 Jahre bis 12 Jahre
      [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12]
      • Initialdosis: 10 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: Pro Woche um  5 mg/kg/Tag erhöhen bis die gewünschte Wirkung erreicht ist. Gängige Erhaltungsdosis 10 - 25 mg/kg/Tag in 2 - 3 Dosen. Max: 1.000 mg/Tag.
        • Es können auch retardierte Formulierungen (Retardtabletten) in 2 Dosen gegeben werden.
        • Beim Auftreten von Nebenwirkungen Dosis reduzieren.
        • CAVE: Patienten mit chinesischer, japanischer oder thailändischer Abstammung. Siehe Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern. Unterschiedliche HLA-Genvarianten können das Stevens-Johnson-Syndrom begünstigen.
    • 12 Jahre bis 16 Jahre
      [14]
      • Initialdosis: 200 mg/Tag in 2 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: Pro Woche um 200 mg/Tag erhöhen bis die gewünschte Wirkung erreicht ist. Gängige Erhaltungsdosis 200 - 1.000 mg/Tag in 2 - 4 Dosen. Max: 1.000 mg/Tag.
        • Es können auch retardierte Formulierungen (Retardtabletten) in 2 Dosen gegeben werden.
        • Beim Auftreten von Nebenwirkungen Dosis reduzieren.
        • CAVE: Patienten mit chinesischer, japanischer oder thailändischer Abstammung. Siehe Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern. Unterschiedliche HLA-Genvarianten können das Stevens-Johnson-Syndrom begünstigen.
    • 16 Jahre bis 18 Jahre
      [14]
      • Initialdosis: 200 mg/Tag in 2 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: Pro Woche um 200 mg/Tag erhöhen bis die gewünschte Wirkung erreicht ist. Gängige Erhaltungsdosis 200 - 1.200 mg/Tag in 2 - 4 Dosen. Max: 1.200 mg/Tag.
        • Es können auch retardierte Formulierungen (Retardtabletten) in 2 Dosen gegeben werden.
        • Beim Auftreten von Nebenwirkungen Dosis reduzieren.
        • CAVE: Patienten mit chinesischer, japanischer oder thailändischer Abstammung. Siehe Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern. Unterschiedliche HLA-Genvarianten können das Stevens-Johnson-Syndrom begünstigen.
Trigeminusneuralgie
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [3] [24] [28]
      • Initialdosis: 1,5 - 3 mg/kg/Tag in 1 Dosis
      • Erhaltungsdosis: Pro Woche erhöhen auf 5 - 10 mg/kg/Tag in 2 - 4 Dosen. Max: 10 mg/kg/Tag.
      • CAVE: Patienten mit chinesischer, japanischer oder thailändischer Abstammung. Siehe Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern. Unterschiedliche HLA-Genvarianten können das Stevens-Johnson-Syndrom begünstigen.

        off-label

Bipolare Störung
  • Oral
    • ≥ 40 kg
      [21] [27]
      • Initialdosis: 400 mg/Tag in 2 - 3 Dosen.
      • Erhaltungsdosis: Initialdosis schrittweise (alle 5 Tage) erhöhen auf 1.200 mg/Tag in 2 - 3 Dosen. Max: 1.200 mg/Tag.
        • CAVE: Patienten mit chinesischer, japanischer oder thailändischer Abstammung. Siehe Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern. Unterschiedliche HLA-Genvarianten können das Stevens-Johnson-Syndrom begünstigen.
        • Behandlung durch oder nach Rücksprache mit einem spezialisierten Kinderarzt (Kinder- und Jugendpsychiater), der Erfahrung mit der Anwendung von Carbamazepin in dieser therapeutischen Indikation hat.

        off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Anpassung bei Nierenfunktionsstörung wie angegeben:

GFR 50-80 ml/min/1.73 m2
Dosisanpassung nicht erforderlich.
GFR 30-50 ml/min/1.73 m2
Dosisanpassung nicht erforderlich.
GFR 10-30 ml/min/1.73 m2
Indikation Epilepsie: Die Dosis muss in Abhängigkeit von der Plasmakonzentration angepasst werden. Andere Indikationen: Die Dosis muss in Abhängigkeit von der klinischen Wirksamkeit und der Nebenwirkungen angepasst werden.
GFR < 10 ml/min/1.73 m2
Eine allgemeine Empfehlung kann nicht gegeben werden.
Klinische Konsequenzen

Symptome einer Überdosierung: Sedierung, Schwindel mit Nystagmus, Ataxie, Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen und Halluzinationen.

Der Metabolit Carbamazepin-10,11-epoxid ist hydrophiler als die Ausgangsverbindung und kann bei Nierenfunktionsstörungen kumulieren.

Trotz normaler Carbamazepin-Plasmakonzentrationen kann der Metabolit Carbamazepin-10,11-epoxid erhöht sein. Es werden unterschiedliche Carbamazepin-Plasmakonzentrationen verwendet. Daher sollten die jeweiligen Labor-Protokolle beachtet werden.

Bei Dialyse

Indikation Epilepsie: Die Dosis muss in Abhängigkeit von der Plasmakonzentration angepasst werden.

Andere Indikationen: Die Dosis muss in Abhängigkeit von der klinischen Wirksamkeit und der Nebenwirkungen angepasst werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Kopfschmerzen, gastrointestinale Beschwerden, Sedierung, Schwindel, Hautausschlag [Verity et al. 1995]. Zunahme von Petit-Mal-Epilepsien und myoklonischen Anfällen.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr häufig (>10 %): Leukopenie, Schwindel, Ataxie (ataktische und zerebellare Störungen), Somnolenz, Sedierung, Schläfrigkeit, Übelkeit, Erbrechen, allergische Hautreaktionen mit und ohne Fieber wie z.B. Urtikaria (auch stark ausgeprägt), Erschöpfung, Anstieg der γ-GT-Werte

Häufig (1-10 %): Thrombozytopenie, Eosinophilie, Kopfschmerzen, Doppelbilder, Akkommodationsstörungen (z.B. verschwommenes Sehen), Appetitlosigkeit, Mundtrockenheit, Anstieg der alkalischen Phosphatase im Blut, Ödeme, Flüssigkeitsretention, Gewichtszunahme, Hyponatriämie und verminderte Plasmaosmolalität aufgrund einer ADH-ähnlichen Wirkung (kann selten zu Wasserintoxikation mit Lethargie, Erbrechen, Kopfschmerz, Verwirrtheitszuständen und anderen neurologischen Störungen führen)

Gelegentlich (0,1-1 %): unwillkürliche Bewegungen (wie z.B. Tremor, Asterixis, Dystonie, Ticks, Störungen der Okulomotorik einhergehend mit Nystagmus), Erregungsleitungsstörungen, AV-Block in Einzelfällen mit Synkopen, Bradykardie, Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, Verschlechterung einer vorbestehenden koronaren Herzkrankheit, Diarrhö, Obstipation, exfoliative Dermatitis, Erythrodermie, Nierenfunktionsstörungen (z.B. Albuminurie, Hämaturie, Oligurie, erhöhter Harnstoffstickstoff im Blut/Azotämie), Anstieg der Transaminasen, verzögerte und mehrere Organsysteme betreffende Überempfindlichkeitsreaktionen [mit Fieber, Hautausschlag, Vaskulitis, Lymphknotenschwellung, Pseudolymphom, Gelenkschmerz, Leukopenie, Eosinophilie, Vergrößerung von Leber und Milz oder mit veränderten Leberfunktionswerten und Vanishing Bile Duct Syndrome (progrediente cholestatische Hepatopathie mit Zerstörung und Schwund der intrahepatischen Gallengänge)], Verwirrtheitszustände und Unruhe (Agitation) bei älteren Patienten

Selten (0,01-0,1 %): Leukozytose, Lymphadenopathie, Folsäuremangel, verminderter Appetit, Halluzinationen (akustisch und visuell), Depression, depressive oder manische Verstimmungen, Ruhelosigkeit, aggressives Verhalten, dyskinetische Störungen wie orofaziale Dyskinesien oder Choreoathetose (unwillkürliche Bewegungen im Mund- Gesichtsbereich wie Grimassieren, verschraubte Bewegungen), Sprechstörungen (z.B. Dysarthrie, verwaschene Sprache), Polyneuropathie, periphere Neuritis, periphere Neuropathie, Parästhesie, Paresen, Hypertonie, Hypotonie, Bauchschmerzen, verschiedene Formen von Hepatitis (cholestatisch, hepatozellulär, gemischt), Vanishing Bile Duct Syndrome, Ikterus, lebensbedrohliche akute Hepatitis, Leberversagen, Lupus erythematodes disseminatus, Pruritus, Muskelschwäche

Sehr selten (<0,01 %): Agranulozytose, aplastische Anämie, Panzytopenie, Aplasie der Erythrozyten, Anämie, megaloblastäre Anämie, Retikulozytose, hämolytische Anämie, Milzvergrößerung, akute allergische Allgemeinreaktionen, anaphylaktische Reaktionen, Angioödeme, Hypogammaglobulinämie, Galaktorrhö, Gynäkomastie, akute Porphyrie (akute intermittierende Porphyrie, Porphyria variegata), nicht-akute Porphyrie (Porphyria cutanea tarda), Aktivierung latenter Psychosen, Stimmungsveränderungen wie phobische Störungen, Denkerschwernis, Antriebsverarmung, malignes neuroleptisches Syndrom, aseptische Meningitis mit Myoklonus und peripherer Eosinophilie, Dysgeusie, Linsentrübung, Konjunktivis, Retinotoxizität, Hörstörungen (z.B. Tinnitus und Hyper- und Hypoakusis sowie Änderung der Wahrnehmung von Tonhöhen), Kreislaufkollaps, Embolie (z.B. Lungenembolie), Thrombophlebitis, Hypersensitivitätsreaktionen der Lunge [mit Fieber, Dyspnoe und Pneumonitis oder Pneumonie (Alveolitiden)], Lungenfibrose, Schleimhautentzündungen im Mund-Rachen-Bereich (Stomatitis, Gingivitis, Glossitis), Pankreatitis, granulomatöse Lebererkrankung, Stevens-Johnson-Syndrom, Lyell-Syndrom (toxische epidermale Nekrolyse), Photosensibilität, Erythema exsudativum multiforme et nodosum, Veränderung der Hautpigmentierung, Purpura, Akne, vermehrtes Schwitzen, Alopezie, Hirsutismus, Vaskulitis, Störungen im Knochenstoffwechsel (vermindertes Serum-Kalzium und vermindertes 25-OH-Cholecalciferol), Osteomalazie, Arthralgien, Myalgien, Muskelkrämpfe, tubulointerstitielle Nephritis, Nierenversagen, andere Harnbeschwerden (häufiges Wasserlassen, Dysurie, Pollakisurie, Harnretention), sexuelle Dysfunktion, verminderte Libido, erektile Dysfunktion, verminderte männliche Fertilität und/oder abnorme Spermiogenese (verminderte Spermienzahl und/oder -beweglichkeit), erhöhter Augeninnendruck, erhöhte Cholesterinspiegel einschließlich HDL-Cholesterin und Triglyzeride, veränderte Schilddrüsenfunktionsparameter: vermindertes L-Thyroxin (freies Thyroxin, Thyroxin, Trijodthyronin) und erhöhtes TSH im Blut, Erhöhung des freien Cortisols im Serum, erhöhte Prolaktin-Spiegel im Blut, verminderte Vitamin-B12-Spiegel im Serum, erhöhte Homocystein-Spiegel im Serum

Häufigkeit nicht bekannt: Reaktivierung einer Infektion mit dem Humanen Herpesvirus 6, Knochenmarkinsuffizienz, Ausschlag mit Eosinophilie und systemischen Symptomen (Drug Rash with Eosinophilia and Systemic Symptoms [DRESS]), Hyperammonämie, Gedächtnisstörung, Kolitis, akute generalisierte exanthemische Pustulose (AGEP), lichenoide Keratose, Onychomadese, Frakturen, Sturz (in Verbindungen mit durch die Behandlung ausgelöste Ataxie, Schwindel, Somnolenz, Hypotonie, Verwirrtheitszustand und Sedierung)

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen bei Kindern

Carbamazepin darf nicht bei generalisierten tonisch-klonischen Anfällen mit Myoklonien oder Petit-Mal-Epilepsien angewendet werden, da es sich bei dieser Art von Anfällen nachteilig auswirken könnte.

Kontraindikationen allgemein

  • Vorliegen einer Knochenmarkschädigung, Knochenmarkdepression in der Vorgeschichte
  • atrioventrikulärer Block
  • hepatische Porphyrie, auch in der Vorgeschichte (z. B. akute intermittierende Porphyrie, Porphyria variegata, Porphyria cutanea tarda)
  • gleichzeitige Behandlung mit einem Monoaminoxidase-Hemmer
  • gleichzeitige Behandlung mit Voriconazol, da es zum Therapieversagen dieses Medikamentes kommen kann

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Vorsicht ist geboten bei schweren Herz- und Gefäßkrankheiten, bei Leberfunktionsstörung, bei hämatologischen Nebenwirkungen anderer Arzneimittel in der Anamnese. Bei der Indikation Epilepsie kann Carbamazepin zu einer Zunahme von Petit-Mal-Epilepsien und myoklonischen Anfällen führen.
Die FDA hat vor einer möglichen tödlichen Knochenmarkdepression und Agranulozytose im Zusammenhang mit der Einnahme von Carbamazepin gewarnt (Inzidenzrate beider Erkrankungen beträgt 1:100.000).
Patienten chinesischer, japanischer und thailändischer Herkunft mit HLA-A*3101, HLA-B*1502 oder HLA-B*1511 scheinen ein höheres Risiko des Steven-Johnson-Syndroms aufzuweisen. In dieser Gruppe darf Carbamazepin nicht angewendet werden, sofern Alternativen vorhanden sind. Eine Genotypisierung kann in Betracht gezogen werden.
Ein erhöhtes Suizidrisiko kann bereits ab 1 Woche nach Therapiebeginn auftreten.
Es kann zu erniedrigten Plasmaspiegeln von Carbamazepin bei gleichzeitiger Anwendung mehrerer Enzyminduktoren kommen. Zur Prävention toxischer Reaktionen kann eine Überprüfung des aktiven Metaboliten angezeigt sein.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

  • kontraindiziert ist die gleichzeitige Anwendung mit
    • MAO-Inhibitoren, da dies zu einem Serotonin-Syndrom führen kann [Ref.]
    • Clozapin: das Risiko eine Knochenmarksdepression wird bei gleichzeitiger Anwendung stark erhöht [Ref.]
    • Dienogest: die kontrazeptive Wirkung von Dienogest kann vermindert sein, diese Wechselwirkung besteht auch noch bis zu 28 Tage nach Absetzen von Carbamazepin [Ref.]
    • Mifepriston: durch die CYP-Induktion kann die Serumkonzentration von Mifepriston vermindert sein [Ref.]
  • Verminderung der Plasmakonzentration anderer Arzneimitel durch Induktion (hält noch bis zu 2 Wochen nach Absetzen an) des Cytochrom-P-450-Systems (v.a. CYP3A4) aufgrund der Carbamazepin-Einnahme z.B. von: [Ref.]
    • Analgetika wie Fentanyl, Methadon, Paracetamol

    • Antidepressiva wie Citalopram, trizyklische Antidepressiva

    • andere Antikonvulsiva wie Ethosuiximid, Lamotrigin, Valproinsäure, Zonisamid

    • Antimykotika wie Caspofugin, Antimykotika vom Azol-Typ (z.B. Voriconazol, Itraconazol, so dass es zum Therapieversagen der Antimykotika kommen kann)

    • Antivirale Substanzen wie Proteaseinhibitoren zur HIV-Behandlung (z.B: Indinavir, Ritonavir)

    • Benzodiazepine

    • Immunsuppressiva wie Ciclosporin, Tacrolimus

    • Kortikosteroide wie Prednisolon, Dexamtheason

  • Verminderung der Plasmakonzentration von Carbamazepin aufgrund des beschleunigten Metabolismus durch Induktoren des Cytochrom-P-450-Systems (v.a. CYP3A4-Induktoren) z.B. durch: [Ref.]
    • Andere Antikonvulsiva wie Phenobarbital, Valproinsäure, Phenytoin

    • Bronchodilatatoren, Antiasthmatika wie Theophyllin

    • Isotretinoin

    • Rifampicin

    • Johanniskraut

  • Erhöhung der Plasmakonzentration von Carbamazepin aufgrund Inhibition des Cytochrom-P-450-Systems: [Ref.]
    • Analgetika wie Ibuprofen

    • Antibiotika wie Ciprofloxacin, Makrolidantibiotika

    • Antidepressiva wie Fluoxetin, Desipramin

    • Andere Antikonvulsiva wie Vigabatrin, Stiripentol

    • Antimykotika vom Azol-Typ wie Itraconaol, Ketoconazol

    • Antihistaminika wie Loratadin, Terfenadin

    • Antivirale Substanzen wie Proteaseinhibitoren zur Behandlung von HIV (z.B. Ritonavir)

    • Isoniazid

    • Ulcustherapeutika wie Cimetidin, Omeprazol

    • Grapefruiut-Saft, Nicotinamid (in hoher Dosierung)

  • Levetiracetam kann die Carbamazepin-Toxizität erhöhen [Ref.]
  • Lithium, Neuroleptika oder Metoclopramid kann neurologische bis neurotoxische Nebenwirkungen verstärken [Ref.]
  • Paracetamol kann die Bioverfügbarkeit von Carbamazepin vermindern, bei Langzeitanwendung beider Wirkstoffe ist zudem eine hepatotoxische Wirkung möglich [Ref.]
  • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (z.B. Fluoxetin) kann zu einem toxischen Serotonin-Syndrom führen [Ref.]
  • Antiarrhythmika, zyklischen Antidepressiva oder Erythromycin erhöht das Risiko für kardial Überleitungsstörungen [Ref.]

 

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

ANTIEPILEPTIKA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Barbiturate und Derivate

Phenobarbital

Luminaletten®, Luminal®
N03AA02

Primidon

Liskantin®, Mylepsinum®
N03AA03
Hydantoin-Derivate

Phenytoin

Phenhydan®
N03AB02
Succinimid-Derivate

Ethosuximid

Petnidan®, Suxilep®
N03AD01
Benzodiazepin-Derivate

Clonazepam

Antelepsin®, Rivotril®
N03AE01
Carboxamid-Derivate

Oxcarbazepin

Trileptal®, Apydan®, Timox®
N03AF02

Rufinamid

Inovelon®
N03AF03
Fettsäure-Derivate

Valproinsäure

Convulex®, Ergenyl®, Orfiril®, Depakine; Syn: Natriumvalproat
N03AG01

Vigabatrin

Sabril®, Kigabeq®
N03AG04
Andere Antiepileptika

Brivaracetam

Briviact®
N03AX23

Cannabidiol

Epidyolex®, Syn: CBD
N03AX24

Felbamat

Taloxa®
N03AX10

Fenfluramin

Fintepla®
N03AX26

Gabapentin

Neurontin®, GabaLiquid GeriaSan®
N03AX12

Lacosamid

Vimpat®
N03AX18

Lamotrigin

Lamictal®
N03AX09

Levetiracetam

Keppra®, Kevesy®
N03AX14

Perampanel

Fycompa®
N03AX22

Pregabalin

Lyrica®, Algecia®, PregaTab®
N03AX16

Stiripentol

Diacomit®
N03AX17

Sultiam

Ospolot®
N03AX03

Topiramat

Topamax®
N03AX11

Zonisamid

Zonegran®, Zonisol®
N03AX15

Referenzen

  1. Carlsson KC, et al, Development of a population pharmacokinetic model for carbamazepine based on sparse therapeutic monitoring data from pediatric patients with epilepsy, Clin Ther, 2005 , May;27(5):, 618-26
  2. Seetharam MN, et al, Risk-benefit assessment of carbamazepine in children, Drug Saf, 1991, Mar-Apr;6(2), 148-58
  3. Kamps WA et al, Werkboek ondersteundende behandeling kinderoncologie [Arbeitsbuch Supportive Therapie in der Kinderonkologie], VU-Verlag, 2005
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  5. de Silva M, et al, Randomised comparative monotherapy trial of phenobarbitone, phenytoin, carbamazepine, or sodium valproate for newly diagnosed childhood epilepsy, Lancet, 1996, Mar 16;347(9003), 709-13
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Änderungsverzeichnis

  • 31 Oktober 2022 13:58: Aktualisierung des Präparateabschnitts
  • 24 März 2021 16:57: Aktualisierung
  • 14 November 2019 16:56: Die verfügbare wissenschaftliche Literatur zur Anwendung von Carbamazepin bei Kindern wurde neu evaluiert. Dies hat zu einer Dosisanpassung, dem Hinzufügen von PK-Daten, Nebenwirkungen, Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern geführt. Zudem wurden der Zulassungsstatus sowie Informationen zu geeigneten Handelspräparaten ergänzt.

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)

Talspiegel (im Steady-State, vor nächster Gabe): 4 - 12 mg/l (bei Epilepsie und bipolarer Störung)
Freier Anteil: 1 - 2,5 mg/L; 10,11-Epoxid-Metabolit: <2,3 mg/L

Die angegebenen Referenzbereiche sollten nicht als hartes Kriterium für die Einstufung von Werten als subtherapeutisch, therapeutisch oder toxisch herangezogen werden. Es sollte eine patientenindividuelle Konzentration ermittelt werden, bei der die Anfälle kontrolliert und unerwünschte Arzneimittelwirkungen reduziert werden. In der Routine ist TDM für gut eingestellte Patienten nicht zwingend notwendig, jedoch für bestimmte Patientengruppen oder Indikationen hilfreich.

Hintergrund: Carbamazepin induziert seinen eigenen Metabolismus durch CYP3A4-Induktion, was zu einem Anstieg der Clearance und Verringerung der Halbwertszeit in den ersten Wochen der Therapie führt. Diese sogenannte Autoinduktion sollte 1-2 Wochen nach Therapiebeginn abgeschlossen sein. Daher ist es sinnvoll Talspiegel erst etwa 2 Wochen nach Therapiebeginn und 3-4 Tage nach Dosisanpassungen zu bestimmen. Da Carbamazepin zu einem 10,11-Epoxid-Metaboliten umgesetzt wird, kann in manchen Fällen eine Epoxidbestimmung angezeigt sein.

[NVZA. TDM Monografie Carbamazepin, SmPC Timonil]


Überdosierung