Pharmakodynamik
Piritramid ist ein Opioidanalgetikum. Die analgetische Potenz ist etwas geringer als bei Morphin. Die Analgesie resultiert aus einer Aktivierung der μ-Opioid-Rezeptoren im Bereich des Rückenmarks und den höheren Schmerzzentren wie Thalamus und Hirnrinde. Hierdurch erhöhen sich Schmerzschwelle und die Fähigkeit, Schmerz auszuhalten.
Klinische Studien haben einen raschen Wirkungseintritt gezeigt: Die Analgesie tritt nach intravenöser Gabe nach 1-2 Minuten und nach intramuskulärer oder subkutaner Gabe nach 10-15 Minuten ein. Die Wirkdauer beträgt ca. 5-8 Stunden.
Pharmakokinetik bei Kindern
Es gibt nur wenige veröffentlichte pharmakokinetische Daten zur Anwendung von Piritramid bei Kindern. Diese zeigen, dass Neugeborene im Vergleich zu Säuglingen, Kleinkindern und Erwachsenen höhere initiale Konzentrationen und eine deutlich längere Eliminationszeit aufweisen. Da die Eliminationsrate bei Säuglingen und Kleinkindern höher ist als bei Erwachsenen, ist die Wirkungsdauer kürzer [Muller 2006].
Die folgenden pharmakokinetischen Parameter wurden bei Kindern (n=39) auf der Intensivstation gemessen [Muller 2006]:
Parameter Median ± SD (Bereich) |
Population |
Neugeborene (N = 8) |
Säuglinge Gruppe 1 (N = 7) |
Kleinkinder Gruppe 2 (N = 14) |
Kinder (N = 10) |
Alter |
10,6 ± 10,7 Tage (1 – 27 Tage) |
11,4 ± 4,4 Wochen (5,4 – 16,9 Wochen) |
9,0 ± 2,3 Monate (5,2 – 12,2 Monate) |
2,4 ± 0,9 Jahre (1,61 – 4,02 Jahre) |
Cmax (µg/l) |
79 ± 240 (5 – 723) |
36 ± 367 (6 – 855) |
12 ± 81 (3 – 315) |
16 ± 9 (9 – 35) |
T½β (min) |
701,5 ± 720 (88 – 1950) |
157 ± 102 (106 – 394) |
160 ± 68 (114 – 335) |
165 ± 143 (101 – 512) |
Clt (ml/kg/min) |
5,0 ± 4,8 (0,7 – 15,6) |
9,8 ± 12,3 (1,3 – 32,1) |
26,7 ± 42,7 (2,8 – 172,1) |
24,0 ± 11,6 (5,7 – 41,1) |
Vdss (l/kg) |
1,96 ± 4,93 (0,07 – 13,9) |
1,70 ± 2,5 (0,12 – 5,78) |
6,95 ± 5,15 (0,58 – 17,02) |
6,70 ± 2,15 (1,20 – 8,10) |
Zulassung der Dosierungsempfehlungen
- Starke Schmerzen
- intravenös
- ≥1 Monat bis <18 Jahre: zugelassen
- subkutan
- ≥1 Monat bis <18 Jahre: zugelassen
- Starke Schmerzen: Verabreichung über PCA-Pumpe
- intravenös
- ≥5 Jahre bis <18 Jahre: off-label
- subkutan
- ≥5 Jahre bis <18 Jahre: off-label
Auszug aus Fachinformation
Auszug aus Fachinformation
Textauszug aus Fachinformation
Parenteral bei starken und stärksten Schmerzen
Kinder und Jugendliche
- Intramuskuläre oder subkutane Anwendung:
- Es wird eine Einzeldosis von 0,05-0,2 mg/kg KG empfohlen.
- Intravenöse Anwendung (nur wenn ein besonders rascher Wirkungseintritt erforderlich ist):
- Langsame Injektion einer Einzeldosis von 0,05-0,1 mg/kg KG.
[Ref.]
Präparate im Handel
Injektionslösung 7,5 mg/mL
Piritramid unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG Anlage III (zu § 1 Abs. 1)).
Präparate im Handel:
Präparat |
Darreichungsform |
Stärke (Piritramid)
|
Applikationsweg |
Natriumgehalt |
Problematische Hilfsstoffe |
Anwendungshinweise
|
Dipidolor |
Injektionslösung |
7,5 mg/mL |
i.m., s.c., i.v. |
k.A. |
- |
Verdünnung gemäß Fachinformation |
Piritramid-hameln |
Injektionslösung |
7,5 mg/mL |
i.m., s.c., i.v. |
k.A. |
- |
Verdünnung gemäß Fachinformation |
k.A.: keine Angabe
Die Fachinformationen wurden am 24.08.2023 aufgerufen.
Lieferengpässe/weitere praktische Informationen
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Dosierungsempfehlungen
CAVE |
- Art der Anwendung nicht spezifizierbar
|
Starke Schmerzen |
- Intravenös
-
1 Monat
bis
3 Jahre
[6]
[8]
[9]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
BEATMETE PATIENTEN
Initialdosis: 100 microg./kg/Dosis, Bolus Erhaltungsdosis (Dauerinfusion): 4-9 kg: 10-15 microg./kg/h, bei Bedarf titrieren bis 40 microg./kg/h 10-15 kg: 15-20 microg./kg/h, bei Bedarf titrieren bis 40 microg./kg/h Bei unzureichender Schmerzkontrolle Bolus von 50 – 100 microg./kg/Dosis wiederholen und kontinuierliche Dosis erhöhen.
NICHT-BEATMETE PATIENTEN
Initialdosis: PICU (Päd. Intensivstation): 15 microg./kg/Dosis, Bolus. Bei Bedarf 3 x wiederholen. Bei unzureichender Schmerzkontrolle nach Wiederholung des Bolus, mit der Dauerinfusion beginnen. PACU (Aufwachraum): 10-50 microg./kg/Dosis, nach Bedarf unter kontinuierlichem Monitoring wiederholen bis zur ausreichenden Schmerzkontrolle, dann mit der Dauerinfusion beginnen. Erhaltungsdosis (Dauerinfusion): 4-9 kg: 10-15 microg./kg/h, bei Bedarf titrieren bis 40 microg./kg/h 10-15 kg: 15-20 microg./kg/h, bei Bedarf titrieren bis 40 microg./kg/h
-
3 Jahre
bis
18 Jahre
und
≥ 15 kg
[3]
[7]
[8]
[10]
[18]
BEATMETE PATIENTEN
Initialdosis: 100 microg./kg/Dosis, Bolus Erhaltungsdosis (Dauerinfusion): 10 - 40 microg./kg/h Bei unzureichender Schmerzkontrolle Bolus von 50 - 100 microg./kg/Dosis wiederholen und Dosis der Dauerinfusion erhöhen.
NICHT-BEATMETE PATIENTEN
Initialdosis: PICU: 15 microg./kg/Dosis, Bolus. Bei Bedarf 3 x wiederholen. Bei unzureichender Schmerzkontrolle nach Wiederholung des Bolus mit der Dauerinfusion beginnen. PACU: 10-50 microg./kg/Dosis, nach Bedarf unter kontinuierlichem Monitoring wiederholen bis zur ausreichenden Schmerzkontrolle, dann mit der Dauerinfusion beginnen. Erhaltungsdosis (Dauerinfusion): 10 - 40 microg./kg/h
- Subkutan
-
1 Monat
bis
3 Jahre
[6]
[8]
[9]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]
BEATMETE PATIENTEN
Initialdosis: 100 microg./kg/Dosis, Bolus Erhaltungsdosis (Dauerinfusion): 4-9 kg: 10-15 microg./kg/h, bei Bedarf titrieren bis 40 microg./kg/h 10-15 kg: 15-20 microg./kg/h, bei Bedarf titrieren bis 40 microg./kg/h Bei unzureichender Schmerzkontrolle Bolus von 50 – 100 microg./kg/Dosis wiederholen und kontinuierliche Dosis erhöhen.
NICHT-BEATMETE PATIENTEN
Initialdosis: PICU: 15 microg./kg/Dosis, Bolus. Bei Bedarf 3 x wiederholen. Bei unzureichender Schmerzkontrolle nach Wiederholung des Bolus mit der Dauerinfusion beginnen. PACU: 10-50 microg./kg/Dosis, nach Bedarf unter kontinuierlichem Monitoring wiederholen bis zur ausreichenden Schmerzkontrolle, dann mit der Dauerinfusion beginnen. Erhaltungsdosis (Dauerinfusion): 4-9 kg: 10-15 microg./kg/h, bei Bedarf titrieren bis 40 microg./kg/h 10-15 kg: 15-20 microg./kg/h, bei Bedarf titrieren bis 40 microg./kg/h
-
3 Jahre
bis
18 Jahre
und
≥ 15 kg
[3]
[7]
[8]
[10]
[18]
BEATMETE PATIENTEN
Initialdosis: 100 microg./kg/Dosis, Bolus Erhaltungsdosis (Dauerinfusion):10 - 40 microg./kg/h Bei unzureichender Schmerzkontrolle Bolus von 50 - 100 microg./kg/Dosis wiederholen und kontinuierliche Dosis erhöhen.
NICHT-BEATMETE PATIENTEN
Initialdosis: PICU: 15 microg./kg/Dosis, Bolus. Bei Bedarf 3 x wiederholen. Bei unzureichender Schmerzkontrolle nach Wiederholung des Bolus mit der Dauerinfusion beginnen. PACU: 10-50 microg./kg/Dosis, nach Bedarf unter kontinuierlichem Monitoring wiederholen bis zur ausreichenden Schmerzkontrolle, dann mit der Dauerinfusion beginnen. Erhaltungsdosis (Dauerinfusion):10 - 40 microg./kg/h
|
Starke Schmerzen: Verabreichung über PCA-Pumpe |
- Intravenös
-
5 Jahre
bis
18 Jahre
[3]
[10]
[11]
[12]
[19]
[20]
[21]
[22]
[23]
[24]
- Bolus:15 - 20 microg./kg, Sperrintervall 10 min
- Basalinfusionsrate:0 - 15 microg./kg/h, Dauerinfusion. Max. 100 microg./kg/h
off-label
- Subkutan
-
5 Jahre
bis
18 Jahre
[8]
[19]
- Bolus:15 - 20 microg./kg, Sperrintervall 10 - 30 min
- Basalinfusionsrate:0 - 15 microg./kg/h, Dauerinfusion. Max. 100 microg./kg/h
off-label
|
Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate
GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.
GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern
Die verfügbaren Daten lassen darauf schließen, dass besonders für spontan atmende Neugeborene das Risiko einer Atemdepression bestehen kann, da die Eliminationshalbwertszeit in dieser Altersgruppe verlängert und die Clearance vermindert ist. [SmPC Dipidolor, Muller 2006]
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein
Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):
- Abhängigkeit
- Stupor, Schwindel, Somnolenz, Kopfschmerzen
- Hypotonie
- Übelkeit, Erbrechen, Würgereiz
- Blässe, Hyperhidrose
- erhöhte Herzfrequenz, erniedrigter Blutdruck, verminderte Atemfrequenz
Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:
- Anaphylaxie, anaphylaktischer Schock
- Bewusstlosigkeit
- Bradykardie, Bradyarrhythmie, Zyanose
- Atemstillstand, respiratorische Insuffizienz, Status asthmaticus, Bronchospasmus, Dyspnoe
Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Kontraindikationen allgemein
- Atemdepression
- komatöse Zustände
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern
Es kann bis zu 24 Stunden dauern, bis ein Patient vom vollen analgetischen Effekt der verabreichten Piritramid Dosis profitiert. Dosiserhöhungen sollten vorsichtig gehandhabt werden, um eine Akkumulation von Piritramid zu vermeiden, die das Risiko einer Atemdepression erhöhen kann. [Huenseler 2008, SmPC Dipidolor]
Beim Auftreten einer postoperativen Atemdepression kann Naloxon intravenös verabreicht werden.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein
Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.
Wechselwirkungen
Piritramid wird hauptsächlich über CYP3A4 metabolisiert.
Interaktionspartner |
Grund |
Handlungsempfehlung |
Zentraldämpfende Stoffe |
Additive zentraldämpfende Wirkung. |
Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Atemdepression und Sedierung. |
Serotonerge Stoffe |
Gefahr eines Serotonin-Syndroms. |
Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Nebenwirkungen von Piritramid. |
CYP3A4-Inhibitoren |
Hemmung des Metabolismus von Piritramid. Erhöhte Serumkonzentration und (stark) verstärkte Wirkung von Piritramid möglich. Erhöhtes Risiko für eine Atemdepression. |
Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis verringern und Monitoring auf Nebenwirkungen von Piritramid. |
CYP3A4-Induktoren |
Steigerung des Metabolismus von Piritramid. Erniedrigte Serumkonzentration und (stark) verringerte Wirkung von Piritramid möglich. |
Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. Dosis erhöhen und Monitoring auf ausreichende Wirkung von Piritramid. |
Opioid-Antagonisten, z.B. Buprenorphin |
Verminderte Wirkung von Piritramid, Entzugssyndrom möglich. |
Kombination vermeiden. Falls Kombination unvermeidbar, ggf. als zusätzliches Analgetikum Paracetamol oder einen schnell- und kurzwirksamen reinen Opioid-Agonisten (z.B. Morphin) erwägen. |
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.
OPIOIDE
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Natürliche Opium-Alkaloide |
|
|
N02AA03
|
|
Morphin
Capros®, Morphanton®, Oramorph®, Sevredol®
|
N02AA01
|
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N02AA05
|
Phenylpiperidin-Derivate |
|
|
N02AB03
|
|
|
N02AB02
|
Diphenylpropylamin-Derivate |
|
|
N02AC06
|
Oripavin-Derivate |
|
|
N02AE01
|
Morphinan-Derivate |
|
|
N02AF02
|
Andere Opioide |
|
|
N02AX51
|
|
|
N02AX02
|
Referenzen
-
Piramal Critical Care B.V., SmPC Dipidolor (RVG 09129) 23-03-2021
-
Janssen-Cilag NV, SmPC Dipidolor (BE119402) 30-03-2017, http://bijsluiters.fagg-afmps.be
-
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Huenseler C, et al. , Prospective evaluation of the pharmacodynamics of piritramide in neonates and infants, Eur J Pediatr, 2008, 167(8), 867-72
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-
Piramal Critical Care B.V., SmPC Dipidolor 7,5 mg/ml Injektionslösung (6762359.00.00), 06/2021
-
Hameln Pharma, SmPC Piritramid-hameln 7,5 mg/ml Injektionslösung (81130.00.00), 12/2021
Änderungsverzeichnis
- 23 August 2023 17:30: Die verfügbare wissenschaftliche Literatur über die Anwendung von Piritramid bei Kindern wurde ausgewertet. Aufgrund von fehlenden Daten zu Piritramid wurde die Dosis von Morphin extrapoliert. Piritramid ist weniger wirksam als Morphin. In der klinischen Praxis werden jedoch gleiche Dosen für Morphin und Piritramid verwendet. Folgende Änderungen wurden vorgenommen: Die i.m.-Anwendung wurde entfernt. Eine Empfehlung für die i.v. und s.c.-Anwendung wurde neu aufgenommen. Eine Unterscheidung von beatmeten und nicht-beatmeten Patienten wurde hinzugefügt. Zudem wurde die Verabreichung über eine PCA-Pumpe neu aufgenommen.
- 17 Dezember 2021 10:24: Neue Monographie
Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)
Überdosierung