Imipramin

Wirkstoff
Imipramin
Handelsname
ATC-Code
N06AA02

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Imipramin ist ein tricyclisches Antidepressivum mit antidepressiven, antinozizeptiven, anticholinergen und geringen sedierenden Eigenschaften. Die Wirkung wird vorwiegend über eine Hemmung der Serotonin und Noradrenalin und in geringem Maße Dopamin Wiederaufnahme vermittelt. Imipramin besitzt zusätzlich antagonistische Effekte an alpha-Adrenozeptoren, histaminergen und cholinergen Rezeptoren. Im Unterschied zu neueren Antidepressiva ist es weniger selektiv.

Pharmakokinetik bei Kindern

Folgende pharmakokinetische Daten wurden beobachtet [Tamayo M, et al. 1992, Dell RB et al. 1990]:

  Imipramin Desipramin
T1/2 (6 - 13 Jahre, n=49) 16,3 h 19,3 h
Vd (12 - 18 Jahre, n=16) 27 ± 14,3 L/kg 27 ± 14,3 L/kg
Cl (12 - 18 Jahre, n=16) 0,83 ± 0,2 L/kg/h 0,67 ± 0,45 L/kg/h

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Enuresis nocturna
    • oral
      • ≥5 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen*

*nach Ausschluss organischer Ursachen 

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral zur Behandlung von Enuresis (ab einem Alter von 5 Jahren und Ausschluss organischer Ursachen) und von Pavor nocturnus im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes.

Kinder und Jugendliche ab 5 Jahre 
Erfahrungen mit Kindern unter 5 Jahren liegen nicht vor. Bei Enuresis und Pavor nocturnus wird Imipraminhydrochlorid in einer Tagesdosis von 10 bis 20 mg bei 5- bis 8-jährigen und 20 bis 50 mg bei 9- bis 14-jährigen eingesetzt; ab einem Alter von 15 Jahren beträgt die Tagesdosis 50 bis 80 mg.
Alternativ werden für Kinder Tagesdosen von 1 bis 2 mg/kg Körpergewicht eingesetzt, die im Einzelfall im stationären Bereich unter EKG-Kontrolle auf 5 mg/kg Körpergewicht gesteigert werden können. Allgemein sollten wegen möglicher kardiotoxischer Effekte Tagesdosen von 2,5 mg/kg Körpergewicht jedoch nicht überschritten werden.
Bei Pavor nocturnus wird die Dosis möglichst über den Tag verteilt. Bei Enuresis empfiehlt es sich dagegen, die Gesamtdosis am frühen Abend einnehmen zu lassen oder bei frühem Einnässen die Einnahme nachmittags bzw. aufgeteilt auf Nachmittag und Abend vorzunehmen.

[Ref.]

Präparate im Handel

Filmtabletten 25 mg, 50 mg, 100 mg

Präparat im Handel:

Präparat Darreichungsform Stärke (Imipraminhydrochlorid) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Anwendungshinweis Altersangabe
Imipramin-neuraxpharm® Filmtabletten 10 mgT0,M
25 mgT2,M
100 mgT4,M
oral k.A. Lactose Einnahme zu oder unabhängig von den Mahlzeiten mit ausreichend Flüssigkeit. ab 5 Jahren


T4: teilbar in vier gleiche Dosen, T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, T0: nicht teilbar, M: mörserbar, k.A.: keine Angabe

Die Fachinformationen wurden am 13.06.2024 aufgerufen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Enuresis nocturna
  • Oral
    • 5 Jahre bis 9 Jahre
      [9]
      • 20 - 30 mg/Tag in 1 Dosis. Max: 2,5 mg/kg/Tag.
      • Anwendungshinweis:

        Nach dem Abendessen einnehmen. Bei Kindern, die früh in der Nacht einnässen, sollte allerdings ein Teil der Dosis früher (gegen 16:00 Uhr), und ein Teil vor dem Schlafengehen verabreicht werden.

      • Sobald die gewünschte Wirkung erreicht ist, Dosis schrittweise auf die individuelle Erhaltungsdosis senken und Behandlung für weitere 1-3 Monate fortsetzen.

    • 9 Jahre bis 12 Jahre
      [9]
      • 25 - 50 mg/Tag in 1 Dosis. Max: 2,5 mg/kg/Tag.
      • Anwendungshinweis:

        Nach dem Abendessen einnehmen. Bei Kindern, die früh in der Nacht einnässen, sollte allerdings ein Teil der Dosis früher (gegen 16:00 Uhr), und ein Teil vor dem Schlafengehen verabreicht werden.

      • Sobald die gewünschte Wirkung erreicht ist, Dosis schrittweise auf die individuelle Erhaltungsdosis senken und Behandlung für weitere 1-3 Monate fortsetzen.

    • ≥ 12 Jahre
      [9]
      • 25 - 75 mg/Tag in 1 Dosis. Max: 2,5 mg/kg/Tag.
      • Anwendungshinweis:

        Nach dem Abendessen einnehmen. Bei Kindern, die früh in der Nacht einnässen, sollte allerdings ein Teil der Dosis früher (gegen 16:00 Uhr), und ein Teil vor dem Schlafengehen verabreicht werden.

      • Sobald die gewünschte Wirkung erreicht ist, Dosis schrittweise auf die individuelle Erhaltungsdosis senken und Behandlung für weitere 1-3 Monate fortsetzen.

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Keine Informationen zur Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörung vorhanden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Sedierung, Schlafstörungen, trockener Mund (gelegentlich Zunahme von Karies), Gewichtszunahme, Obstipation, Schwindel, Akkomodationsstörungen, Sinustachykardie, orthostatische Hypotonie, EKG-Veränderungen, Arrhythmien, Reizleitungsstörungen, Palpitationen, Torsade de pointes, Hypertonie und Herzinsuffizienz. Es wurde ein Fall mit Dystonie beschrieben [Freitas 2012].

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Häufig (1-10 %): Gewichtszunahme, Benommenheit, Tremor und Schwindel, Mundtrockenheit, verstopfte Nase, Schwitzen, Akkommodationsstörungen, verschwommenes Sehen, Hitzewallungen, Obstipation, Hypotonie, orthostatische Dysregulation, Tachykardie, klinisch nicht relevante EKG-Veränderungen (T- und ST-Streckenveränderungen), bei Herzgesunden gelegentlich Arrhythmien, Reizleitungsstörungen (QRS-Verbreiterung und PQ-Verlängerung, Schenkelblock) und Palpitationen, Übelkeit, Durstgefühl, Erbrechen und Anorexie, passagerer Anstieg der Leberenzymaktivitäten

Gelegentlich (0,1-1 %): sexuelle Funktionsstörungen (Libido, Potenz), Müdigkeit und Schlafstörungen, innere Unruhe, Verstärkung von Angst und Erregung, ein Umschlagen der Depression in Hypomanie oder Manie, Verwirrtheitszustände und andere delirante Symptome (Desorientierung, Halluzinationen, besonders bei älteren Patienten und Patienten mit Morbus Parkinson/Parkinson-Syndrom), Parästhesien (Taubheitsgefühl, Kribbeln), Kopfschmerzen, Miktionsstörungen, allergische Hautreaktionen (Exanthem, Urtikaria)

Selten (0,01-0,1 %): Galaktorrhoe, Aktivierung psychotischer Symptome, zerebrale Krampfanfälle, Harnsperre, Kollapszustände, Verstärkung einer bestehenden Herzinsuffizienz, paralytischer Ileus, klinisch relevante Leberfunktionsstörungen, Veränderungen des Blutbildes (Leukozytopenie)

Häufigkeit nicht bekannt: Hyperpigmentierung, suizidale Gedanken oder suizidales Verhalten, Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH), Erhöhung oder Erniedrigung der Blutzuckerkonzentrationen, Gewichtsabnahme, Gynäkomastie, aggressives Verhalten, motorische Störungen (Akathisie, Dyskinesien), EEG-Veränderungen, Myoklonien, Schwäche, Ataxie, Sprachstörungen, Polyneuropathien und Arzneimittelfieber, Mydriasis, Glaukomanfälle (insbesondere bei Patienten mit engem Kammerwinkel), Blutdruckanstieg, kardiale Dekompensation und periphere vasospastische Reaktionen, abdominale Beschwerden, Stomatitis und Glossitis, Hepatitis (in Verbindung mit einem Ikterus), Pruritus, Petechien, Photosensibilität, lokale oder generalisierte Ödemen und Haarausfall, allergische Alveolitis mit und ohne Eosinophilie, anaphylaktische oder anaphylaktoide Reaktionen mit arterieller Hypotonie, Eosinophilie, Thrombozytopenie und Agranulozytose (teilweise mit Purpura), Tinnitus, erhöhtes Risiko von Knochenbrüchen bei gleichzeitiger Einnahme von SSRI oder TCA, Absetzphänomene ohne vorhergehende stufenweise Dosisreduktion (Übelkeit, Erbrechen, abdominelle Schmerzen, Diarrhö, Schlaflosigkeit, Kopfschmerz, Unruhe, Angstgefühl)

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • akute Intoxikationen mit zentraldämpfenden Pharmaka wie Hypnotika, Analgetika oder Psychopharmaka oder mit Alkohol
  • akutes Harnverhalten
  • akute Delirien
  • unbehandeltes Engwinkelglaukom
  • Prostatahypertrophie mit Restharnbildung
  • Pylorusstenose
  • paralytischer Ileus
  • gleichzeitige Behandlung mit MAO-Hemmern
  • Remissionsphase nach einem Myokardinfarkt
  • Stillzeit

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Imipramin sollte nicht zur Behandlung von Depressionen bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren angewendet werden. In Studien zur Behandlung von Depressionen in dieser Altersgruppe zeigten trizyklische Antidepressiva keinen therapeutischen Nutzen. Studien mit anderen Antidepressiva (SSRI, SNRI) haben ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von suizidalem Verhalten, Selbstschädigung und feindseligem Verhalten im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Wirkstoffe gezeigt. Diese Risiken können für Imipramin nicht ausgeschlossen werden. Außerdem ist Imipramin in allen Altersgruppen mit einem Risiko für kardiovaskuläre Nebenwirkungen verbunden. Darüber hinaus liegen keine Daten zur Sicherheit bei Langzeitanwendung bei Kindern und Jugendlichen bezüglich Wachstum, Reifung sowie zur kognitiven Entwicklung und Verhaltensentwicklung vor. [SmPC Imipramin-neuraxpharm®]

Empfohlene Kontrolluntersuchungen finden Sie hier.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Interaktionspartner

Grund

Handlungsempfehlung

Neuroleptika, z.B. Droperidol, Pimozid

Risiko für ventrikuläre Tachykardien erhöht. Vermehrt anticholinerge und zentraldämpfende Effekte möglich. Absenkung der Krampfschwelle nicht auszuschließen.

Kombination kontraindiziert

Antiarrhythmika (Amiodaron, Sotalol), Lumefantrin, Saquinavir, Efavirenz,(Es)Citalopram

Erhöhtes Risiko von ventrikulären Tachykardien (Torsade de pointes)

Kombination teils kontraindiziert. Sorgfältige elektrokardiographische und eventuell stationäre Überwachung

Carbamazepin, Cimetidin, Methylphenidat

Abbau von Imipramin kann beschleunigt sein, dadurch Abschwächung der Wirkung möglich

auf therapeutisches Ansprechen überwachen und ggf. Imipramin-Dosis anpassen

Linezolid

Provokation eines Serotonin-Syndroms möglich

auf Zeichen eines Serotonin-Syndroms beobachten

Tramadol

Risiko für Krampfanfälle und Serotonin-Syndrome erhöht

auf Zeichen eines Serotonin-Syndroms beobachten, EEG-Monitoring

Bupropion

Bupropion erhöht die Imipramin-Plasmaspiegel (CYP2D6)

auf Nebenwirkungen überwachen, ggf. Imipramin-Dosis reduzieren

Serotonin-Reuptake-Hemmer, z.B. Fluoxetin, Fluvoxamin

AUC von Imipramin erhöht, Risiko für Serotonin-Syndrom

Kombination mit einem nicht CYP-aktivem Antidepressivum erwägen. Auf Zeichen eines Serotonin-Syndroms beobachten.

Clonidin, Brimonidin

Sympathomimetischer Effekt ggf. reduziert

Anpassung der Clonidin-/Brimonidin-Dosis könnte notwendig sein

Coumarinderivate z.B.
Phenprocoumon,
Warfarin

antikoagulatorische Wirkung der Coumarinderivate kann potenziert sein

INR-Kontrolle

 

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

ANTIDEPRESSIVA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Nichtselektive Monoamin-Wiederaufnahmehemmer

Amitriptylin

Amineurin®
N06AA09

Clomipramin

Anafranil®
N06AA04
N06AA10
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer

Citalopram

Cipramil®
N06AB04

Escitalopram

Cipralex®
N06AB10

Fluoxetin

Prozac®
N06AB03

Fluvoxamin

Fevarin®
N06AB08

Sertralin

Zoloft®
N06AB06
Andere Antidepressiva

Bupropion

Elontril®, Zyban®
N06AX12

Duloxetin

Cymbalta®, Duloxalta®
N06AX21

Mirtazapin

Remergil®
N06AX11

Venlafaxin

Trevilor®
N06AX16

Referenzen

  1. Gutgesell H, et al, Cardiovascular monitoring of children and adolescents receiving psychotropic drugs: A statement for healthcare professionals from the Committee on Congenital Cardiac Defects, Council on Cardiovascular Disease in the Young, American Heart Association, Circulation, 1999, 99, 979-82
  2. Dopheide JA, Recognizing and treating depression in children and adolescents, Am J Health Syst Pharm, 2006, 63, 33-43
  3. Bernstein GA, et al, Imipramine plus cognitive-behavioral therapy in the treatment of school refusal, J Am Acad Child Adolesc Psychiatry, 2000, 39, 276-83
  4. Bernstein GA, et al, Treatment of school refusal: one-year follow-up, J Am Acad Child Adolesc Psychiatry., 2001, 40, 206-13
  5. Tamayo M, et al, Population pharmacokinetics of imipramine in children., Eur J Clin Pharmacol., 1992, 43, 89-92
  6. Wagner KD, Pharmacotherapy for major depression in children and adolescents, Prog Neuropsychopharmacol Biol Psychiatry, 2005, 29, 819-26
  7. Klein RG, et al, Imipramine treatment of children with separation anxiety disorder, J Am Acad Child Adolesc Psychiatry., 1992, 31, 21-8
  8. Ketelaars, K, Antidepressiva, Kenniscentrum-KJP, http://www.kenniscentrum-kjp.nl/index.php?id=584 (30 jan 2009)
  9. Centrapharm BV, SPC Imipramine (RVG 50113) , 22. August 2014, aufgerufen 27. Oktober 2014
  10. Dell RB et al. , Model for the kinetics of imipramine and its metabolites in adolescents., Ther Drug Mon , 1990, 12(5), 450-9.
  11. Freitas FA et al., Imipramine-induced dystonia in a child: a case-report. , Rev Bras Psiquiatr, 2012, 34(4), 497-500.
  12. Deshpande AV, et al. , Medical management of nocturnal enuresis. , Paediatr Drugs , 2012, 14(2), 71-7
  13. Zadeh MA, et al. , Comparison between imipramine and imipramine combined with pseudoephedrine in 5-12-year old children with uncomplicated enuresis: A double-blind clinical trial., J Pediatr Urol , 2011, 7(1), 30-3
  14. Fritz GK, et al. , Plasma levels and efficacy of imipramine treatment for enuresis., J Am Acad Child Adolesc Psychiatry , 1994, 33(1), 60-4
  15. Preskom SH, et al, Plasma levels of imipramine and metabolites in 68 hospitalized children, J Am Acad Child Adolesc Psychiatry , 1989, 28(3), 373-5
  16. neuraxpharm Arzneimittel GmbH, SmPC Imipramin- neuraxpharm® (6305975.00.00), 12/2020

Änderungsverzeichnis

  • 23 Juli 2024 10:54: Überprüfung und Aktualisierung
  • 26 Mai 2020 11:49: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung