Pharmakodynamik
Sevelamer, ein nicht resorbierbares, phosphatbindendes Poly(allyl-aminhydrochlorid)polymer, das weder Metall noch Calcium enthält. Sevelamer enthält zahlreiche Aminogruppen, die jeweils durch ein Kohlenstoffatom vom Polymergerüst getrennt sind. Diese Amine werden teilweise im Darm protoniert und interagieren mit Phosphatmolekülen durch Ionen- und Wasserstoffbrückenbindung. Über die Bindung von Phosphat im Magen-Darm-Trakt reduziert Sevelamer den Serumphosphatspiegel. In klinischen Studien erwies sich Sevelamer als wirksam zur Senkung des Serumphosphatspiegels bei Patienten, die eine Hämodialyse oder eine Peritonealdialyse erhalten.
Pharmakokinetik bei Kindern
Es sind keine spezifischen Informationen für Kinder vorhanden.
Zulassung der Dosierungsempfehlungen
- Hyperphosphatämie bei chronischer Niereninsuffizienz
- oral
- ≥1 Monat bis <6 Jahre: off-label
- ≥6 Jahre bis 18 Jahre: zugelassen
Auszug aus Fachinformation
Auszug aus Fachinformation
Textauszug aus Fachinformation
Oral zur Behandlung von Hyperphosphatämie bei Patienten im Kindes- und Jugendalter (> 6 Jahre sowie mit einer Körperoberfläche [KOF] von > 0,75 m2) mit chronischer Niereninsuffizienz.
Kinder <6 Jahren oder mit einer Körperoberfläche (KOF) <0,75 m2:
- Die Sicherheit und Wirksamkeit von Sevelamer ist nicht erwiesen.
Kinder und Jugendliche >6 Jahre sowie mit einer KOF von >0,75 m2:
- Die empfohlene Anfangsdosis Sevelamercarbonat für Kinder liegt zwischen 2,4 g und 4,8 g pro Tag, basierend auf der KOF-Kategorie des Patienten. Sevelamer muss drei Mal täglich mit einer Mahlzeit oder Zwischenmahlzeit eingenommen werden.
[Ref.]
- Bei Kindern und Jugendlichen sollte eine Suspension zum Einnehmen angewendet werden, da für diese Population die Tablette als Darreichungsform nicht geeignet ist.
[Ref.]
Präparate im Handel
Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen 2,4 g
Filmtabletten 800 mg
Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):
Präparat |
Darreichungsform |
Stärke |
Natriumgehalt |
Problematische Hilfsstoffe |
Aroma |
Anwendungshinweis |
Altersangabe |
Renvela® |
Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen |
2,4 g |
"natriumfrei" |
Propylenglycolalginat Sucrose |
Zitrone |
mit 60 ml Wasser oder in kleinen Menge eines Getränks oder Essen (z. B. 100 g/120 ml) mischen, innerhalb von 30 min nach Zubereitung trinken, nicht erhitzen, mit der Mahlzeit einnehmen |
ab 6 Jahren |
Sevelamercarbonat HEXAL® |
Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen |
2,4 g |
k.A. |
Sucralose |
Zitrone, Apfelsine |
s.o., die korrekte Dosis kann mittels Volumen abgeteilt werden (1,0 ml entspricht 400 mg) |
ab 6 Jahren |
Renagel® |
Filmtabletten |
800 mgT0 |
- |
- |
- |
Einnahme mit den Mahlzeiten |
ab 18 Jahren |
T0: nicht teilbar
Lieferengpässe/weitere praktische Informationen
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Dosierungsempfehlungen
Hyperphosphatämie bei chronischer Niereninsuffizienz |
- Oral
-
1 Monat
bis
6 Jahre
-
6 Jahre
bis
18 Jahre
[3]
>0,75 -1,2 m2 KOF: 2,4 g/Tag in 3 Dosen. Dosis alle 2-4 Wochen in Schritten von 1,2 g/Tag in Abhängigkeit von der Serumphosphatkonzentration anpassen. >1,2 m2 KOF: 4,8 g/Tag in 3 Dosen. Dosis alle 2-4 Wochen in Schritten von 2,4 g/Tag in Abhängigkeit von der Serumphosphatkonzentration anpassen.
|
Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate
GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.
GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern
Im Allgemeinen ist das Sicherheitsprofil einer Anwendung bei Kindern und Jugendlichen (im Alter von 6 – 18 Jahren) vergleichbar mit dem Sicherheitsprofil bei Erwachsenen. [SmPC Renvela]
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein
Folgende UAW wurden sehr häufig, häufig oder gelegentlich beobachtet (≥0,1 %):
- Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch, Obstipation
- Diarrhö, Dyspepsie, Flatulenz, Abdominalschmerz
Folgende schwerwiegende UAW wurden zudem selten, sehr selten (<0,1 %) oder mit unbekannter Häufigkeit beobachtet:
- Darmperforation, gastrointestinale Nekrose
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Kontraindikationen allgemein
- Hypophosphatämie
- Darmobstruktion
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein
- Die Sicherheit und Wirksamkeit von Sevelamercarbonat bei nicht hämodialytisch behandelten Erwachsenen mit chronischer Niereninsuffizienz, die einen Serumphosphatwert <1,78 mmol/l aufweisen, ist nicht erwiesen. Deshalb wird es zur Anwendung bei diesen Patienten zurzeit nicht empfohlen.
- Die Sicherheit und Wirksamkeit von Sevelamercarbonat wurde bei Patienten mit den folgenden Erkrankungen nicht erwiesen:
- Dysphagie
- Schluckstörungen
- schwerwiegende gastrointestinale Motilitätsstörungen, einschließlich unbehandelter oder schwerer Gastroparese, Retention des Mageninhalts und abnormem oder unregelmäßigem Stuhlgang
- aktive entzündliche Darmerkrankung
- große Magen-Darm-Trakt-Operationen
- Bei diesen Patienten sollte Sevelamercarbonat erst nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Analyse angewendet werden. Wenn die Behandlung eingeleitet wird, sollte bei Patienten mit den genannten Erkrankungen eine Überwachung erfolgen. Kommt es bei Patienten zu schwerer Obstipation oder anderen schweren gastrointestinalen Symptomen, sollte eine erneute Abwägung der Behandlung mit Sevelamercarbonat erfolgen.
- Darmobstruktion und Ileus/Subileus
In sehr seltenen Fällen wurden bei Patienten im Verlauf einer Behandlung mit Sevelamerhydrochlorid (Kapseln/Tabletten), das den gleichen wirksamen Bestandteil wie Sevelamercarbonat enthält, Darmobstruktion und Ileus/Subileus beobachtet. Obstipation kann als Symptom vorausgehen. Patienten mit Obstipation sollten während der Behandlung mit Sevelamercarbonat sorgfältig überwacht werden. Kommt es bei Patienten zu schwerer Obstipation oder anderen schweren gastrointestinalen Symptomen, sollte eine erneute Abwägung der Behandlung erfolgen.
- Fettlösliche Vitamine und Folatmangel
Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz können abhängig von Diätplan und Schweregrad der Erkrankung niedrige Spiegel der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K auftreten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in der aufgenommenen Nahrung enthaltene fettlösliche Vitamine durch Sevelamercarbonat gebunden werden. Bei Patienten, die keine Vitaminergänzungsmittel einnehmen, jedoch Sevelamer bekommen, sollte eine regelmäßige Bestimmung der Serum-Vitamin-A-, -D-, -E- und -K-Spiegel erfolgen. Es wird empfohlen, je nach Bedarf Vitaminergänzungsmittel zu geben. Es wird empfohlen, nicht dialytisch behandelten Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz Vitamin-D-Ergänzungsmittel zu geben (täglich ca. 400 IU natives Vitamin D); dies kann als Teil eines Multivitaminpräparats zusätzlich zur Sevelamercarbonat-Dosis, jedoch zeitlich voneinander getrennt, gegeben werden. Bei Patienten unter Peritonealdialyse wird eine zusätzliche Überwachung der fettlöslichen Vitamine und von Folsäure empfohlen, da bei diesen Patienten die Vitamin-A-, -D-, -E- und -K-Spiegel nicht in einer klinischen Studie bestimmt wurden.
Die derzeit vorliegenden Daten reichen nicht aus, um bei langfristiger Behandlung mit Sevelamercarbonat einen möglichen Folatmangel auszuschließen. Bei Patienten, die kein Folat-Ergänzungsmittel einnehmen, jedoch Sevelamer erhalten, sollte eine regelmäßige Überprüfung der Folatspiegel erfolgen.
- Hypocalcämie/Hypercalcämie
Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz können eine Hypocalcämie oder Hypercalcämie entwickeln. Sevelamercarbonat enthält kein Kalzium. Aus diesem Grund sollte der Serumcalciumspiegel regelmäßig überwacht und bei Bedarf sollte ergänzend ein Calciumpräparat gegeben werden.
- Metabolische Azidose
Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz sind prädisponiert, eine metabolische Azidose zu entwickeln. Im Rahmen der guten klinischen Praxis wird daher die Überwachung des Serumbicarbonatspiegels empfohlen.
- Peritonitis
Bei Dialysepatienten bestehen je nach Dialyseverfahren bestimmte Infektionsrisiken. Bei Patienten unter Peritonealdialyse ist Peritonitis eine bekannte Komplikation. In einer klinischen Studie mit Sevelamerhydrochlorid wurden in der Sevelamer-Gruppe mehr Fälle von Peritonitis berichtet als in der Kontrollgruppe. Patienten unter Peritonealdialyse sollten engmaschig überwacht werden, um zu gewährleisten, dass angemessene aseptische Techniken angewendet und Anzeichen und Symptome einer Peritonitis sofort erkannt und behandelt werden.
- Hypothyreose
Bei Patienten mit Hypothyreose, die gleichzeitig Sevelamercarbonat und Levothyroxin erhalten, wird eine engmaschigere Überwachung empfohlen.
- Hyperparathyreoidismus
Sevelamercarbonat ist nicht für die Behandlung von Hyperparathyreoidismus indiziert. Sevelamercarbonat sollte bei Patienten mit sekundärem Hyperparathyreoidismus im Rahmen einer Mehrfachtherapie verwendet werden, die zur Senkung des intakten Parathormon-(iPTH-)Spiegels Kalziumzusätze, 1,25-Dihydroxyvitamin D3 oder ein Analogon desselben enthalten könnte.
- Entzündliche gastrointestinale Erkrankungen
Es wurden Fälle von schwerwiegenden entzündlichen Erkrankungen verschiedener Abschnitte des Gastrointestinaltrakts in Verbindung mit Sevelamerkristallen berichtet (einschließlich schwerwiegender Komplikationen wie Blutung, Perforation, Ulzeration, Nekrose, Kolitis und Raumforderung im Kolon/Zäkum). Entzündliche Erkrankungen können nach dem Absetzen von Sevelamer abklingen. Kommt es bei Patienten zu schweren gastrointestinalen Symptomen, sollte eine erneute Abwägung der Behandlung mit Sevelamercarbonat erfolgen.
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Wechselwirkungen
Diese Informationen werden im Moment recherchiert und baldmöglichst zur Verfügung gestellt.
Bitte beachten Sie die aktuellen Fachinformationen.
ALLE ÜBRIGEN THERAPEUTISCHEN MITTEL
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Antidote |
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V03AB25
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V03AB33
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V03AB21
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V03AB15
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V03AB14
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V03AB35
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Eisen-Chelatbildner |
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V03AC03
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V03AC02
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V03AC01
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Mittel zur Behandlung der Hyperkaliämie und Hyperphosphatämie |
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V03AE07
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Eisen(III)oxidsaccharat - oral
Velphoro®; Syn.: Eisenoxidsaccharat, Eisenoxidsucrose, Ferrioxidsaccharat, Eisen(III)hydroxid-Sucrose-Komplex, Sucroferric Oxyhydroxide
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V03AE05
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Entgiftungsmittel für die Behandlung mit Zytostatika |
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V03AF03
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V03AF01
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V03AF07
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Mittel zur Behandlung der Hypoglykämie |
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V03AH01
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Referenzen
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Rademaker C.M.A. et al, Geneesmiddelen-Formularium voor Kinderen [Arzneimittel-Formularium für Kinder], 2007
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Genzyme Europe BV, SmPC Renvela (EU/1/09/521/007) 05-02-2020
-
Genzyme Europe B.V., SmPC Renvela® 2,4 g Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen (EU/1/09/521/006), 08/2019
-
HexalAG , SmPC Sevelamercarbonat HEXAL® 2,4 g Pulverzur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen (95680.00.00), 09/2019
-
Genzyme Europe B.V., SmPC Renagel® 800 mg Filmtabletten (EU/1/99/123/008), 08/2019
Änderungsverzeichnis
- 05 August 2020 16:54: Neue Überarbeitung
- 05 August 2020 16:54: Anpassung der Indikation gemäß Fachinformation.
- 16 Juni 2020 09:15: Dosierungsempfehlung für Kinder von 6-18 Jahren auf der Grundlage von der Renvela Fachinformation hinzugefügt.
Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)
Überdosierung