Folinsäure

Wirkstoff
Folinsäure
Handelsname
Leucovorin®
ATC-Code
V03AF03

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Calciumfolinat ist das Calciumsalz der 5-Formyltetrahydrofolsäure. Es ist ein aktiver Metabolit der Folinsäure und ein essenzielles Coenzym der Nukleinsäuresynthese in der zytotoxischen Therapie.

Pharmakokinetik bei Kindern

Es sind keine spezifischen Informationen für Kinder vorhanden.

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • HD-MTX Rescue
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label
    • intravenös
      • ≥1 Monat bis <2 Jahre: off-label
      • ≥2 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen
  • Toxoplasmose, kongenital 
    • oral
      • Neugeborene: off-label
  • Toxoplasmose, postnatal
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label
  • Epileptische Enzephalopathie
    • oral
      • ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral zur Prävention von Intoxikationserscheinungen (mittel-) hoch dosierter Methotrexat-Therapie oder bei anhaltend hohen Methotrexat-Serumspiegeln (auch bei niedrig dosierten Methotrexat-Therapien) 

Keine Angabe spezifisch für Kinder.

[Ref.]

Intravenös um die Toxizität und die Wirkung von Folsäure-Antagonisten wie Methotrexat bei der zytotoxischen Therapie oder Überdosierung bei Erwachsenen und Kindern zu verringern oder ihnen entgegenzuwirken. In der zytotoxischen Therapie ist dieses Vorgehen allgemein bekannt als "Folinat-Rescue"

Die folgenden Richtlinien können zur Illustration der Protokolle, die bei Erwachsenen, Älteren und Kindern angewendet werden, dienen:

Als eine Regel sollte die erste Dosis Calciumfolinat 15 mg (6 bis 12 mg/m²) 12 bis 24 Stunden (spätestens 24 Stunden) nach dem Beginn der Methotrexat-Infusion gegeben werden. Die gleiche Dosis wird während der folgenden 72 Stunden alle 6 Stunden verabreicht. Nach mehreren parenteralen Dosen kann auf die orale Form übergegangen werden.

[Ref.]

Präparate im Handel

Injektions-/Infusionslösung 10 mg/mL
Tabletten 5 mg, 15 mg
Kapseln 15 mg

Allgemein

Die im Handel befindlichen Präparate enthalten Folinsäure in Form von Calciumfolinat bzw. Calciumfolinat x 5 H2O. Die Angaben sind auf Folinsäure bezogen.

Umrechnungsfaktor: 6,35 mg Calciumfolinat x 5 H2O ≙ 5 mg Folinsäure

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke als Folinsäure
Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Anwendungshinweis
Leucovorin® Lösung zur Injektion/ Infusion 10 mg/mL intravenös, intramuskulär 3,03 mg/ml Bei i.v. Anwendung: Nicht mehr als 160 mg pro Minute injizieren (aufgrund des Calciumgehalts).
Wegen der sättigbaren enteralen Absorption von Calciumfolinat sollten Dosierungen von über 25 bis 50 mg parenteral verabreicht werden.
Lederfolat® Tabletten 5 mgT2 oral - Lactose -
Leucovorin® Tabletten 15 mgT0 oral „natriumfrei“ Lactose -


T2: teilbar in zwei gleiche DosenT0: nicht teilbar, „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit

Die Fachinformationen wurden am 11.10.2021 aufgerufen.

Neben den aufgeführten Präparaten befinden sich diverse Generika im Handel.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Gehe zu:

HD-MTX rescue
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1] [2] [3] [4] [5]
      • Dosierung hängt von der MTX-Therapie ab; aus diesem Grund wird auf die detaillierten Behandlungsprotokolle verwiesen. Gebräuchlich:
        12 - 15 mg/m2, Beginn 24 - 42 h nach MTX-Initialisierung, danach alle 6 h.
        Fortsetzen bis MTX-Spiegel <0,01-0,25 µmol/L liegen.
        MTX-Spiegelbestimmung nach Protokoll, meist an t = 48 h nach Infusionsbeginn. Bei hohen MTX-Spiegeln von ≥ 1,0 µmol/L Dosierung von Folinsäure erhöhen: Dosierung = standardmäßige Tagesdosierung x (MTX Spiegel an t=48 h in µmol/L)

        off-label

  • Intravenös
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [1] [2] [3] [4] [5]
      • Dosierung hängt von der MTX-Therapie ab; aus diesem Grund wird auf die detaillierten Behandlungsprotokolle verwiesen. Gebräuchlich:
        12 - 15 mg/m2, Beginn 24 - 42 h nach MTX-Initialisierung, danach alle 6 h.
        Fortsetzen bis MTX-Spiegel <0,01-0,25 µmol/L liegen
        MTX-Spiegelbestimmung laut Protokoll, meist an t = 48 h nach MTX-Infusionsbeginn. Bei hohen MTX-Spiegeln von ≥1,0 µmol/L Dosierung von Folinsäure erhöhen: Dosierung = standardmäßige Tagesdosierung x (MTX Spiegel an t = 48 h in µmol/L)

        <2 Jahre: off-label

Toxoplasmose, kongenital
  • Oral
    • Neugeborene
      [10]
      • 10 - 20 mg/Dosis 3 x wöchentlich.
      • Behandlungsdauer:

        während des ersten Lebensjahres

      • In Kombination mit Sulfadiazin und Pyrimethamin.
        off-label

Toxoplasmose, postnatal
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [10]
      • 10 - 20 mg/Dosis 3 x wöchentlich.
      • Behandlungsdauer:

        kongenitale Toxoplasmose: im 1. Lebensjahr;
        postnatale Toxoplasmose: 21 Tage;
        bei Immunsuppression bis 1-2 Wochen nach dem Abklingen der Symptome

      • In Kombination mit Sulfadiazin und Pyrimethamin.
        off-label

Epileptische Enzephalopathie
  • Oral
    • 1 Monat bis 18 Jahre
      [6] [7] [8] [9]
      • 2 - 5 mg/kg/Tag in 2 Dosen.
      • Die wissenschaftliche Evidenz ist beschränkt: 3 Fallberichte, in denen Folinsäure oral verabreicht worden ist. Es wurden keine Studien zur intravenösen Verabreichung durchgeführt. Das Formularium des Wilhelmina Children's Hospital aus 2008 gibt an, dass Folinsäure intravenös in derselben Dosierung wie oral verabreicht werden kann.

        off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Gelegentlich (0,1-1 %): Fieber (nach der Anwendung von Folinsäure als Injektionslösung),

Selten (0,01-0,1 %): Schlaflosigkeit, Unruhe und Depression nach hohen Dosen, Anstieg der Anfallshäufigkeit bei Epileptikern, Gastrointestinale Störungen nach hohen Dosen

Sehr selten (<0,01 %): Allergische Reaktionen (einschließlich anaphylaktoide/anaphylaktische Reaktionen) und Urtikaria

Häufigkeit nicht bekannt: Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und toxische epidermale Nekrolyse (TEN)

in Kombination mit 5-Fluorouracil:

Sehr häufig (>10 %): Knochenmarkinsuffizienz (einschließlich Todesfälle), Mukositis, einschließlich Stomatitis und Cheilitis. Aufgrund der Mukositis sind Todesfälle aufgetreten.

Häufig (1-10 %): Palmar-Plantar-Erythrodysästhesie

Häufigkeit nicht bekannt: Hyperammonämie

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • perniziöse Anämie oder andere megaloblastische Anämien durch Vitamin-B12-Mangel

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Interaktionspartner Grund Handlungsempfehlung
Folsäure-Antagonisten, z.B. Cotrimoxazol, Pyrimethamin Antagonistische Wirkung. Verminderte Wirksamkeit der Interaktionspartner. Kombination vermeiden. Falls Kombination nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung unvermeidbar ist, engmaschiges Monitoring des Therapieerfolgs.
Phenobarbital, Primidon, Phenytoin, Fosphenytoin, Succinimid Beschleunigter Metabolismus der genannten Antikonvulsiva unter Verbrauch von Folinsäure. Erniedrigte Antikonvulsiva- und Folinsäure-Spiegel möglich. Gabe niedriger Folinsäure-Tagesdosen sowie Monitoring der Antikonvulsiva-Spiegel und Überwachung der Anfallskontrolle.
Fluoropyrimidine, z.B. 5-Fluorouracil Additive Wirkverstärkung der Fluoropyrimidine. Erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen. Engmaschige Überwachung hinsichtlich Nebenwirkungen und Toxizität.
Methotrexat Antagonistische Wirkung. Verminderte Wirksamkeit der Interaktionspartner. Übermäßige Folinsäure-Zufuhr während der Behandlung mit Methotrexat vermeiden. Individuelle Dosisempfehlung für Folinsäure als Rescue-Therapie einhalten.


Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

ALLE ÜBRIGEN THERAPEUTISCHEN MITTEL

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Antidote

Flumazenil

Anexate®
V03AB25

Hydroxocobalamin - Antidot

Cyanokit®; Syn: Vitamin B12
V03AB33

Iodid - Hochdosis

Syn: Jodid
V03AB21

Naloxon

Nyxoid®
V03AB15
V03AB14

Sugammadex

Bridion®
V03AB35
Eisen-Chelatbildner

Deferasirox

Exjade®
V03AC03

Deferipron

Ferriprox®; Syn: DFP
V03AC02

Deferoxamin

Desferal®; Syn: DFO
V03AC01
Mittel zur Behandlung der Hyperkaliämie und Hyperphosphatämie

Calciumacetat

Calcet®, Renacet®
V03AE07

Eisen(III)oxidsaccharat - oral

Velphoro®; Syn.: Eisenoxidsaccharat, Eisenoxidsucrose, Ferrioxidsaccharat, Eisen(III)hydroxid-Sucrose-Komplex, Sucroferric Oxyhydroxide
V03AE05

Sevelamer

Renagel®, Renvela®
V03AE02
Entgiftungsmittel für die Behandlung mit Zytostatika
V03AF01
Mittel zur Behandlung der Hypoglykämie

Diazoxid

Proglicem®
V03AH01

Referenzen

  1. Etienne MC, et al, l-folinic acid versus d,l-folinic acid in rescue of high-dose methotrexate therapy in children, J Natl Cancer Inst, 1992, Aug 5;84(15):, 1190-5
  2. Skarby TV, et al, High leucovorin doses during high-dose methotrexate treatment may reduce the cure rate in childhood acute lymphoblastic leukemia, Leukemia, 2006, Nov;20(11), 1955-62
  3. Thyss A, et al, Evidence for CSF accumulation of 5-methyltetrahydrofolate during repeated courses of methotrexate plus folinic acid rescue, Br J Cancer, 1989, Apr;59(4), 627-30
  4. Cohen IJ, Defining the appropriate dosage of folinic acid after high-dose methotrexate for childhood acute lymphatic leukemia that will prevent neurotoxicity without rescuing malignant cells in the central nervous system, J Pediatr Hematol Oncol, 2004, Mar;26(3), 156-63
  5. Borsi JD, et al, How much is too much? Folinic acid rescue dose in children with acute lymphoblastic leukaemia, Eur J Cancer, 1991, 27(8), 1006-9
  6. Gallagher RC, et al, Folinic acid-responsive seizures are identical to pyridoxine-dependent epilepsy, Ann Neurol., 2009, May;65(5), 550-6
  7. Gospe SM, Jr. , Neonatal vitamin-responsive epileptic encephalopathies., Chang Gung Med J. , 2010 , Jan-Feb;33(1), 1-12
  8. Hansen FJ, et al, Cerebral folate deficiency: life-changing supplementation with folinic acid, Mol Genet Metab., 2005 , Apr;84(4), 371-3
  9. Torres OA, et al, Folinic acid-responsive neonatal seizures, J Child Neurol, 1999 , Aug;14(8), 529-32
  10. Hartwig NG, et al. , Vademecum Pediatrische Antimicrobiële Therapie, 2005
  11. Pfizer Pharma GmbH, SmPC Leucovorin 10 mg/ml, Lösung zur Injektion/Infusion (15034.00.00), 05/2021
  12. Pfizer Pharma GmbH, SmPC Leucovorin® 15 mg Tabletten (5690.01.02), 05/2021

Änderungsverzeichnis

  • 23 Februar 2022 11:39: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung