Escitalopram

Wirkstoff
Escitalopram
Handelsname
Cipralex®
ATC-Code
N06AB10

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Escitalopram ist ein selektiver Serotonin (5-HT)-Wiederaufnahme-Hemmer mit hoher Affinität zur primären Bindungsstelle. Es bindet auch an einer allosterischen Bindungsstelle des Serotonintransporters, allerdings mit einer 1000-fach geringeren Affinität. Escitalopram hat keine oder nur eine sehr geringe Affinität zu einer Reihe von anderen Rezeptoren, darunter 5-HT1A-, 5-HT2-, DA D1- und D2-Rezeptoren sowie α1-, α2-, β-Adrenorezeptoren und Histamin H1-, cholinerge Rezeptoren vom Muskarin-Typ, Benzodiazepin- und Opioidrezeptoren. Die pharmakologischen und klinischen Effekte von Escitalopram lassen sich einzig über den Wirkmechanismus der 5-HT-Wiederaufnahmehemmung erklären.

Pharmakokinetik bei Kindern

Nach einmaliger Verabreichung von 10 mg an gesunde Jugendliche (12 bis 17 Jahre) wurden folgende kinetische Parameter ermittelt [Rao 2007]:

Cmax Ø 13,1 ng/ml
Tmax 2,9 Stunden
T1/2 19,0 Stunden
Cl/F 2,2 ml/min

 

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Depression
    • oral
      • ≥12 Jahre bis <18 Jahre: off-label

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Kinder und Jugendliche
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Escitalopram bei Kindern unter 18 Jahren ist nicht erwiesen. Es liegen keine Daten vor.

  • nur für Erwachsene zugelassen
  • Dosierungsempfehlungen siehe Fachinformation

Bis zum Ansprechen auf die Behandlung sind in der Regel 2 - 4 Wochen erforderlich. Nach Rückbildung der Symptome ist eine Behandlung über mindestens 6 Monate notwendig, um den Therapieerfolg zu sichern. [Ref.]

Präparate im Handel

Tropfen zum Einnehmen 20 mg/ml
Filmtabletten 5 mg, 10 mg, 15 mg, 20 mg

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke (Escitalopram) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Anwendungshinweis Altersangabe
Cipralex® Tropfen 20 mg/mL (1 mg ≙ 1 Tropfen) oral natriumfrei Ethanol 4,8 mg/Tropfen Einnahme kann unabhängig von Mahlzeiten erfolgen. Lösung kann mit Wasser, Orangensaft oder Apfelsaft gemischt werden. Erwachsene
Escitalopram AbZ Tropfen 20 mg/mL (1 mg ≙ 1 Tropfen) oral natriumfrei Ethanol 4,7 mg/Tropfen Erwachsene
Cipralex® Filmtabletten 10 mgT2,M
20 mgT2,M
oral natriumfrei - Einnahme kann unabhängig von Mahlzeiten erfolgen. Erwachsene
Escitalopram AL Filmtabletten 5 mgT0
15 mgT2
oral natriumfrei - Erwachsene
Escitalopram Stada® Filmtabletten 10 mgT2
20 mgT2
oral natriumfrei - Erwachsene


T2: teilbar in zwei gleiche Dosen, T0: nicht teilbar, M: mörserbar, „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit

Die Fachinformationen wurden am 07.07.2024 aufgerufen.

Neben den aufgeführten Präparaten befinden sich diverse weitere Fertigarzneimittel im Handel.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Depression
  • Oral
    • 12 Jahre bis 18 Jahre
      [3] [4] [5]
      • Initialdosis: 5 mg/Tag in 1 Dosis
      • Erhaltungsdosis: Je nach klinischem Ansprechen und Verträglichkeit kann die Initialdosis nach 4 Wochen erhöht werden auf 5 - 20 mg/Tag in 1 Dosis. Max: 20 mg/Tag.
      • Die maximale Dosis ist ausschließlich in Einzelfällen anzuwenden. Beim Absetzen der Behandlung wird empfohlen, diese langsam über ein bis zwei Wochen auszuschleichen.

        Die Information bzgl. der Anwendung von Escitalopram bei Depression bei Kindern beschränkt sich auf drei RCTs.

        Escitalopram darf ausschließlich von fachärztlichem Personal der Kinder- und Jugendpsychiatrie verordnet werden. Es muss individuell die niedrigst wirksame Dosis festgelegt werden.
        off-label

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.

GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr häufig (>10 %): Kopfschmerzen, Übelkeit

Häufig (1-10 %): verminderter Appetit, gesteigerter Appetit, Gewichtszunahme, Ängstlichkeit, Ruhelosigkeit, anormale Träume, verringerte Libido, Anorgasmie (Frauen), Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit, Schwindel, Parästhesie, Tremor, Sinusitis, Gähnen, Diarrhö, Obstipation, Erbrechen, Mundtrockenheit, vermehrtes Schwitzen, Arthralgie, Myalgie, Ejakulationsstörungen (Männer), Impotenz (Männer), Müdigkeit, Fieber

Gelegentlich (0,1-1 %): Gewichtsabnahme, nächtliches Zähneknirschen, Agitiertheit, Nervosität, Panikattacken, Verwirrtheit, Geschmacksstörungen, Schlafstörungen, Synkope, Mydriasis, Sehstörungen, Tinnitus, Tachykardie, Nasenbluten, gastrointestinale Blutungen (einschließlich rektale Blutungen), Urtikaria, Haarausfall, Ausschlag, Juckreiz, Metrorrhagie (Frauen), Menorrhagie (Frauen), Ödeme

Selten (0,01-0,1 %): anaphylaktische Reaktion, Aggression, Depersonalisation, Halluzinationen, Serotoninsyndrom, Bradykardie

Häufigkeit nicht bekannt: Thrombozytopenie, inadäquate ADH-Sekretion, Hyperprolaktinämie, Hyponatriämie, Anorexie, Manie, suizidale Gedanken, suizidales Verhalten, Dyskinesien, Bewegungs störungen, Krämpfe, psychomotorische Unruhe/Akathisie, QT-Verlängerungen, ventrikuläre Arrhythmien einschließlich Torsade de Pointes, orthostatische Hypotension, Hepatitis, Ergebnisse von Leberfunktionstests anormal, Ekchymosen, Angioödem, Harnretention, Galaktorrhö, postpartale Hämorrhagie, Priapismus (Männer)

Die vollständige Auflistung aller Nebenwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

  • gleichzeitige Behandlung mit nicht selektiven, irreversiblen Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmer)
  • bei Patienten mit bekannter Verlängerung des QT-Intervalls oder angeborenem Long-QT-Syndrom
  • gleichzeitige Anwendung von Arzneimitteln, die zur Verlängerung des QT-Intervalls führen

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Zusammenfassung:
Führt zu herabgesetztem Reaktions- und Konzentrationsvermögen. Bei Verabreichung an depressive Patienten Vorteile ggü. möglichen Risiken sorgfältig abwägen. Patienten, insbesondere Risikopatienten (Suizidgedanken, Suizidversuch), sind in Verbindung mit dem gesteigerten Suizidrisiko sorgfältig zu beobachten. Risiko des Auftretens eines Serotoninsyndroms berücksichtigen.

Die Einnahme kann zu einem herabgesetzten Reaktions- und Konzentrationsvermögen führen. Viele alltägliche Tätigkeiten können hierdurch eingeschränkt werden.

Vorsicht ist geboten bei der Verordnung von Escitalopram an Kinder und Jugendliche mit depressiven Symptomen. Dies vor allem aufgrund der schweren psychiatrischen Nebenwirkungen wie Feindseligkeit, Aggressivität, selbstzerstörerischem Verhalten, Suizidgedanken und Selbstmordversuchen. Vor der Behandlung muss ein Screening auf Suizidrisiko durchgeführt werden. Die antidepressive Behandlung kann bei depressiven Patienten das gesteigerte Suizidrisiko in den frühen Phasen der Genesung weiter verstärken. Patienten, insbesondere Risikopatienten (Suizidgedanken, Suizidversuch) müssen während der Behandlung mit diesen Arzneimitteln sorgfältig überwacht werden, insbesondere zu Beginn der Behandlung und nach Dosisanpassungen. Patienten müssen über die Notwendigkeit der Beachtung jeder klinischen Verschlechterung, suizidalen Verhaltens oder suizidaler Gedanken und ungewöhnlicher Verhaltensveränderungen informiert sowie darauf hingewiesen werden, bei Auftreten dieser Symptome unverzüglich einen Arzt zu konsultieren. Patienten dürfen keine großen Mengen dieser Arzneimittel zur Verfügung stehen.

Andere psychiatrische Zustände, für welche Escitalopram verordnet wird, können auch mit einem gesteigerten Risiko von suizidalen Ereignissen in Verbindung stehen. Zudem können Komorbiditäten mit Depressionsphasen einhergehen. Dieselben Vorsichtsmaßnahmen, die bei der Behandlung von Patienten mit schweren depressiven Störungen zu treffen sind, müssen darum ebenfalls für die Behandlung von Patienten mit anderen psychiatrischen Erkrankungen berücksichtigt werden.

In seltenen Fällen wurde beim Einsatz von SSRI das Serotoninsyndrom verzeichnet; beim gleichzeitigen Auftreten von Symptomen wie Agitation, Tremor, Myoklonien und Hyperthermie muss das Serotoninsyndrom in Betracht gezogen werden. Bei Krampfanfällen muss die Medikation abgesetzt werden.

Empfohlene Kontrolluntersuchungen finden Sie hier.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Kontraindizierte Kombinationen:

  • Irreversible nicht selektive MAO-Hemmer: Tranylcypromin [Ref.]
  • Reversible, selektive MAO-A-Hemmer: Moclobemid [Ref.]
  • Reversible, nicht selektive MAO-Hemmer: Linezolid [Ref.]
  • Irreversible, selektive MAO-B-Hemmer: Selegilin, Rasagilin [Ref.]
  • Arzneimittel, die ebenfalls zu einer Verlängerung des QT-Intervalls führe können: [Ref.]
    • Antiarrhythmika der Klasse IA und III
    • Antipsychotika (Phenothiazin-Derivate z.B. Promazin, Pimozid, Haloperidol)
    • Trizyklische Antidepressiva
    • Antihistaminika wie Astemizol und Mizolastin
    • Antimikrobielle Wirkstoffe wie Sparfloxacin, Moxifloxacin, Erythromycin, Pentamidin, Antimalaria-Mittel, besonders Halofantrin
  • Dapoxetin [Ref.]
  • Fusidinsäure [Ref.]

Kombinationen, die besondere Vorsichtsmaßnahmen erfordern:

  • Serotonerge Arzneimittel: Eine gleichzeitige Anwendung mit serotonergen Arzneimitteln (z. B. Tramadol, Sumatriptan und andere Triptane) kann zu einem Serotonin-Syndrom führen. [Ref.]
  • Arzneimittel, die die Schwelle für Krampfanfälle herabsetzen: SSRIs können die Schwelle für Krampfanfälle herabsetzen. Bei gleichzeitiger Anwendung von Arzneimitteln, die ebenfalls die Schwelle für Krampfanfälle herabsetzen (z. B. Antidepressiva (Trizyklika, SSRIs), Neuroleptika (Phenothiazine, Thioxanthene und Butyrophenone), Mefloquin, Bupropion und Tramadol), ist Vorsicht geboten. [Ref.]
  • Lithium, Tryptophan: Es liegen Berichte über Wirkungsverstärkungen nach gleichzeitiger Anwendung von SSRIs und Lithium oder Tryptophan vor, daher sollen SSRIs zusammen mit diesen Arzneimitteln mit Vorsicht angewendet werden. [Ref.]
  • Johanniskraut: Die gleichzeitige Gabe von Escitalopram und Johanniskrautpräparaten (Hypericum perforatum) kann zu einer erhöhten Gefahr des Auftretens von Nebenwirkungen führen. [Ref.]
  • Hämorrhagie: Bei Kombination von Escitalopram und oralen Antikoagulantien kann es zu Veränderungen der Blutgerinnung kommen. Bei Patienten, die orale Antikoagulantien erhalten, müssen die Gerinnungsfaktoren bei Beginn oder Beendigung einer Escitalopram-Behandlung sorgfältig überwacht werden. Die gleichzeitige Anwendung von nichtsteroidalen Entzündungshemmern (NSAIDs) kann die Blutungsneigung verstärken. [Ref.]
  • Alkohol [Ref.]
  • Arzneimittel, die Hypokaliämie/Hypomagnisämie verursachen: Vorsicht ist geboten bei der gleichzeitigen Anwendung von Arzneimitteln, die eine Hypokaliämie/Hypomagnesiämie verursachen, da diese Zustände das Risiko für maligne Arrhythmien erhöhen [Ref.]
  • Arzneimittel, welche CYP2C19 inhibieren: Omeprazol, Esomeprazol, Fluvoxamin, Lansoprazol, Ticlopidin, Cimetidin [Ref.]
  • Starke CYP3A4-Inhibitoren: Clarithromycin, Ketoconazol, Voriconazol, Posaconazol, Virustatika [Ref.]

  • Starke CYP3A4-Induktoren: Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Rifampicin [Ref.]

  • Metoclopramid [Ref.]

  • Dextromethorphan [Ref.]

Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.

ANTIDEPRESSIVA

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Nichtselektive Monoamin-Wiederaufnahmehemmer

Amitriptylin

Amineurin®
N06AA09

Clomipramin

Anafranil®
N06AA04
N06AA02
N06AA10
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer

Citalopram

Cipramil®
N06AB04

Fluoxetin

Prozac®
N06AB03

Fluvoxamin

Fevarin®
N06AB08

Sertralin

Zoloft®
N06AB06
Andere Antidepressiva

Bupropion

Elontril®, Zyban®
N06AX12

Duloxetin

Cymbalta®, Duloxalta®
N06AX21

Mirtazapin

Remergil®
N06AX11

Venlafaxin

Trevilor®
N06AX16

Referenzen

  1. H. Lundbeck A/S, SmPC Lexapro (RVG 30494-30497) 05-09-2013, www.geneesmiddeleninformatiebank.nl
  2. Rao N., The clinical pharmacokinetics of escitalopram, , Clin Pharmacokinet, 2007, 46, 281-90
  3. Findling RL. et al, Escitalopram in the treatment of adolescent depression: a randomized, double-blind, placebo-controlled extension trial., J Child Adolesc Psychopharmacol, 2013, 23, 468-80
  4. Wagner KD. et al, A double-blind, randomized, placebo-controlled trial of escitalopram in the treatment of pediatric depression., J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. , 2006, 45, 280-8
  5. Emslie GJ, et al, Escitalopram in the treatment of adolescent depression: a randomized placebo-controlled multisite trial., J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. , 2009, 48, 721-9
  6. H. Lundbeck A/S, SmPC Cipralex 20 mg/ml Tropfen, Lösung zum Einnehmen, (69241.00.00), 12/2023
  7. H. Lundbeck A/S, SmPC Cipralex 10/20 mg Filmtabletten (55880.01.00/55880.03.00), 12/2023
  8. Uptodate, Uptodate: Pediatric Drug Information Escitalopram Topic 13043 Version 292.0, 08/19
  9. ALIUD PHARMA® GmbH, SmPC Escitalopram AL 5/15 mg Filmtabletten (68168.00.00/68170.00.00), 11/2020
  10. STADAPHARM GmbH, SmPC Escitalopram STADA® 10/20 mg Filmtabletten (68169.00.00/68171.00.00), 02/2022
  11. AbZ-Pharma GmbH, SmPC Escitalopram AbZ 20 mg/ml Tropfen zum Einnehmen (86790.00.00), 10/2021
  12. Gelbe Liste, www.gelbe-liste.de, accessed 08/19

Änderungsverzeichnis

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung