Tenofovirdisoproxil

Wirkstoff
Tenofovirdisoproxil
Handelsname
Viread®
ATC-Code
J05AF07

Zulassung
Dosierungsempfehlungen

Präparate
Pharmakodynamik und -kinetik
Nierenfunktionsstörungen
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Kontraindikationen
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen
Wirkstoffe der gleichen ATC-Klasse
Referenzen
Änderungsverzeichnis

Pharmakodynamik

Tenofovirdisoproxilfumarat ist das Fumaratsalz des Prodrug Tenofovirdisoproxil. Es wirkt als antivirales Mittel indem es die Nukleosid- und Nukleotid-Reverse-Transkriptase hemmt.

Pharmakokinetik bei Kindern

 

  2-12 Jahre (n=23)
6,5 mg/kg
12-18 Jahre (n=8)
245 mg 
Cmax (μg/ml) 0,24 ± 0,13 0,38 ± 0,13
AUCtau (μg·h/ml) 2,59 ± 1,06 3,39 ± 1,22

[SmPC Viread]

Zulassung der Dosierungsempfehlungen

  • Behandlung HIV-Infektion
    • oral
      • ≥2 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen
  • Chronische Hepatitis B
    • oral
      • ≥2 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen

Auszug aus Fachinformation Auszug aus Fachinformation

Textauszug aus Fachinformation

Oral bei HIV-1 und chronische Hepatitis B

Kinder im Alter von 2 bis < 12 Jahren:
Die empfohlene Dosis beträgt 6,5 mg Tenofovirdisoproxil pro Kilogramm Körpergewicht einmal täglich zu einer Mahlzeit.

Jugendliche im Alter von 12 bis < 18 Jahren und einem Gewicht ≥ 35 kg:

Die empfohlene Dosis für die Behandlung von HIV oder chronischer Hepatitis B ist 245 mg, zu einer Mahlzeit eingenommen.

[Ref.]

Präparate im Handel

Granulat 33 mg/g
Tabletten 123 mg, 163 mg, 204 mg, 245 mg

Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):

Präparat Darreichungsform Stärke (Tenofovirdisoproxil) Applikationsweg Natriumgehalt Problematische Hilfsstoffe Anwendungshinweis Schulungsmaterial Altersangabe Gewichtsangabe
Viread® Granulat 33 mg/gS oral k.A. - Mit einem weichen Nahrungsmittel, das nicht gekaut werden muss, wie z. B. Joghurt, Apfelmus oder Babynahrung mischen. Blaue Hand ab 2 Jahren -
Viread® Tabletten 123 mg oral natriumfrei Lactose Einnahme zu einer Mahlzeit. Blaue Hand ab 6 bis < 12 Jahren ab 17 kg bis < 22 kg
163 mg ab 6 bis < 12 Jahren ab 22 kg bis < 28 kg
204 mg ab 6 bis < 12 Jahren ab 28 kg bis < 35 kg
245 mgS Einnahme zu einer Mahlzeit.
Bei Schluckbeschwerden: Auflösen der Tablette in min. 100 mL Wasser, Orangensaft oder Traubensaft vor Einnahme möglich.
ab 12 Jahren ab 35 kg


S: suspendierbar, k.A.: keine Angabe, „natriumfrei“: weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Einheit

Die Fachinformationen wurden am 20.01.2023 aufgerufen.

Neben den aufgeführten Präparaten befinden sich diverse Generika im Handel.

Anwendungshinweis: Die Einnahme sollte einmal täglich zu einer Mahlzeit erfolgen.

Lieferengpässe/weitere praktische Informationen

Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)

Dosierungsempfehlungen

Behandlung HIV-Infektion
Chronische Hepatitis B
  • Oral
    • 2 Jahre bis 12 Jahre
      [1]
      • 6,5 mg/kg/Tag in 1 Dosis. Max: 245 mg/Tag.
      • Behandlungsdauer:
        • Bei HBeAg-positiven Patienten: mindestens 12 Monate nach einer bestätigten HBe-Serokonversion oder bis zu einer HBs-Serokonversion oder bis zu einem Verlust der Wirksamkeit
        • Bei HBeAg-negativen Patienten: bis zu einer HBs-Serokonversion oder bis zu einem nachgewiesenen Verlust der Wirksamkeit
    • 12 Jahre bis 18 Jahre und ≥ 35 kg
      [1]
      • 245 mg/Tag in 1 Dosis
      • Behandlungsdauer:
        • Bei HBeAg-positiven Patienten: mindestens 12 Monate nach einer bestätigten HBe-Serokonversion oder bis zu einer HBs-Serokonversion oder bis zu einem Verlust der Wirksamkeit
        • Bei HBeAg-negativen Patienten: bis zu einer HBs-Serokonversion oder bis zu einem nachgewiesenen Verlust der Wirksamkeit

Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate

Die Verwendung des Granulats ist der Tablette vorzuziehen. Eine Verlängerung des Intervalls führt nicht zu optimalen Ergebnissen und kann zu erhöhter Toxizität und möglicherweise zu einem unzureichenden klinischen Ansprechen führen.
Granulat 33 mg/g, unter Kontrolle des Tenofovir-Spiegels:
- GFR ≥50: Dosisanpassung nicht erforderlich.
- GFR 30-50: 50% der normalen Einzeldosis, Intervall zwischen 2 Dosen: 24 h.
- GFR 20-30: 25% der normalen Einzeldosis, Abstand zwischen 2 Dosen: 24 h.
- GFR 10-20: 10% der normalen Einzeldosis, Abstand zwischen 2 Dosen: 24 h.
- GFR <10: Eine generelle Empfehlung kann nicht gegeben werden.

Klinische Konsequenzen

Bei eingeschränkter Nierenfunktion steigt die AUC von Tenofovir. Dies erhöht das Risiko von Nebenwirkungen.

Klinische Folgen:
Das Risiko einer Toxizität steigt. Die Anpassung der Dosierung wirkt sich auf den Talspiegel aus. Wenn der Talspiegel nicht hoch genug ist, ist die antivirale Aktivität möglicherweise nicht ausreichend, wodurch es zu Resistenzen kommen kann.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern

Bei Kindern wurde eine Abnahme der Knochenmineraldichte (BMD) beobachtet und eine proximale renale Tubulopathie tritt häufiger auf.

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein

Sehr häufig (>10 %): Hypophosphatämie1, Schwindelgefühl, Diarrhö, Erbrechen, Übelkeit, Hautausschlag, Asthenie

Häufig (1-10 %): Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Völlegefühl, Flatulenz, erhöhte Transaminasen, Müdigkeit

Gelegentlich (0,1-1 %): Hypokaliämie1, Pankreatitis, Rhabdomyolyse1, Muskelschwäche1, erhöhter Kreatininwert, proximale renale Tubulopathie (einschließlich Fanconi-Syndrom)

Selten (0,01-0,1 %): Laktatazidose, Hepatosteatose, Hepatitis, Angioödem, Osteomalazie (sich äußernd durch Knochenschmerzen und selten beitragend zu Frakturen)1, Myopathie1, akutes Nierenversagen, Nierenversagen, akute Tubulusnekrose, Nephritis (einschließlich akuter interstitieller Nephritis), nephrogener Diabetes insipidus

1 Diese Nebenwirkung kann infolge einer proximalen renalen Tubulopathie auftreten. Liegt diese Erkrankung nicht vor, wird Tenofovirdisoproxil nicht als Ursache betrachtet.

Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Kontraindikationen allgemein

Neben Überempfindlichkeiten gegen den Wirkstoff oder einen sonstigen Bestandteil sind keine weiteren Gegenanzeigen bekannt.

Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern

Nierenfunktionsstörung: Eine Behandlung mit Tenofovirdisoproxil sollte bei Kindern mit einer Nierenfunktionsstörung nicht begonnen und bei Entwicklung einer Nierenfunktionsstörung während der Therapie, abgebrochen werden. Falls der Serumphosphatspiegel innerhalb einer Woche auf < 3,0 mg/dl (0,96 mmol/l) fällt, sollte die Nierenfunktion (inklusive Blutzucker, Blutkaliumkonzentration und Glukosekonzentration im Urin) erneut kontrolliert werden (aufgrund des Risikos der proximalen Tubulopathie). Bei vermuteten/nachgewiesenen Nierenanomalien sollte der Rat eines Nephrologen eingeholt werden, um über eine Unterbrechung der Behandlung zu entscheiden. Für den Fall, dass die Nierenfunktion kontinuierlich abnimmt, ohne dass ein anderer erkennbarer Grund vorliegt, sollte ebenfalls eine Unterbrechung der Therapie erwogen werden. Langzeiteffekte der Nierentoxizität und die Reversibilität sind bislang unzureichend geklärt. 

Wirkung auf die Knochen: Die Auswirkungen der Knochendichteverminderung (BMD) auf die langfristige Gesundheit der Knochen und das zukünftige Fraktur-Risiko bei Kindern sind nicht ausreichend geklärt. Osteomalazie (sich äußernd durch Knochenschmerzen und selten beitragend zu Frakturen) können in Zusammenhang mit einer proximalen renalen Tubulopathie stehen.

Bei chronischer Hepatitis B

Die Therapieentscheidung von Kindern sollte unter sorgfältiger Betrachtung der individuellen Bedürfnisse des Patienten einschließlich histologischer Ausgangsbefunde erfolgen. Bei Kindern mit kompensierter Lebererkrankung sollten die Serum-ALT-Werte vor Therapiebeginn für mindestens 6 Monate (HBeAg-positiv) bzw. mindestens 12 Monate (HBeAg-negativ) dauerhaft erhöht sein. Der Nutzen einer langfristigen virologischen Suppression bei fortlaufender Behandlung muss gegen die Risiken abgewogen werden, die mit einer verlängerten Behandlung im Zusammenhang stehen, u. a. die Entstehung eines resistenten Hepatitis-B-Virus und die Unsicherheiten in Bezug auf die langfristigen Auswirkungen von Knochen- und Nierentoxizität. Bei Bedarf sollten aktuelle Therapieleitlinien herangezogen werden.

Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein

Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.

Wechselwirkungen

Informationen finden Sie unter: Liverpool HIV/HEP Interactions

DIREKT WIRKENDE ANTIVIRALE MITTEL

In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.

Nukleoside und Nukleotide, exkl. Inhibitoren der Reversen Transkriptase

Aciclovir - oral und intravenös

Acic®, Wariviron®, Zovirax®
J05AB01

Cidofovir

Vistide®
J05AB12

Ganciclovir

Cymeven®
J05AB06

Remdesivir

Veklury®
J05AB16

Valaciclovir

Valtrex®
J05AB11

Valganciclovir

Valcyte®
J05AB14
Phosphonsäure-Derivate

Foscarnet

Foscavir®
J05AD01
Proteasehemmer

Atazanavir

Reyataz®
J05AE08

Ritonavir

Norvir®
J05AE03
Nukleosidale und nukleotidale Inhibitoren der Reversen Transkriptase

Abacavir

Ziagen®
J05AF06

Emtricitabin

Emtriva®
J05AF09

Entecavir

Baraclude®
J05AF10

Lamivudin

Epivir®, Zeffix®
J05AF05
J05AF13

Zidovudin

Retrovir®
J05AF01
Nicht-Nukleosidale Inhibitoren der Reversen Transkriptase

Doravirin

Pifeltro®
J05AG06

Etravirin

Intelence®
J05AG04

Nevirapin

Viramune®
J05AG01
Neuraminidasehemmer

Oseltamivir

Tamiflu®
J05AH02

Zanamivir

Relenza®, Dectova®
J05AH01
Antivirale Mittel zur Behandlung von HIV Infektionen, Kombinationen
J05AR20
J05AR13
J05AR25
J05AR18
J05AR19
J05AR03
J05AR09

Lopinavir + Ritonavir

Kaletra®; Syn.: LPV
J05AR10
Andere antivirale Mittel

Dolutegravir

Tivicay®
J05AX12

Raltegravir

Isentress®
J05AX08
J05AX24
Antivirale Mittel zur Behandlung von Hepatitis C Infektionen
J05AP57
J05AP51

Sofosbuvir

Sovaldi®
J05AP08
J05AP55

Referenzen

  1. Gilead Sciences International Limited, SmPC Viread (EU/1/01/200/003) Rev 56; 12-05-2021
  2. Bamford, A., et al (PENTA Steering Committee) (2015), Paediatric European Network for Treatment of AIDS (PENTA) guidelines for treatment of paediatric HIV-1 infection 2015: optimizing health in preparation for adult life., HIV Med., doi:10.1111
  3. Panel on Antiretroviral Therapy and Medical Management of HIV-Infected Children., Guidelines for the Use of Antiretroviral Agents in Pediatric HIV Infection., https://clinicalinfo.hiv.gov/en/guidelines/pediatric-arv/overview-0?view=full, 04/2022
  4. NKFK Workinggroup Acute Kidney Impairment, Extrapolation of KNMP risk analysis "Impaired renal function" for adults to children, 20 Dec 2021
  5. GILEAD Sciences GmbH, SmPC Viread® 33 mg/g Granulat (EU/1/01/200/003), 02/2022
  6. GILEAD Sciences GmbH, SmPC Viread® 123 mg Filmtabletten (EU/1/01/200/004), 02/2022

Änderungsverzeichnis

  • 24 Januar 2023 16:40: Neue Monographie

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)


Überdosierung