Allgemein
Aciclovir ist ein Guanosin-Analogon (Virostatikum) und gehört zur Gruppe der Virus-DNA-Polymerase-Hemmstoffe. Aciclovir ist eine pharmakologisch inaktive Substanz, die erst nach der Penetration in eine Zelle, die mit Herpes-simplex-Viren (HSV) oder Varicella-zoster-Viren (VZV) infiziert ist, durch die HSV- oder VZV-Thymidinkinase aktiviert wird. Im Einzelnen laufen dabei folgende Schritte ab:
Diese Einzelschritte führen insgesamt zu einer sehr wirkungsvollen Reduktion der Virusproduktion.
Wirkungsspektrum
Aciclovir wird teilweise zu 9-Carboxymethoxymethylguanin metabolisiert, während der verbleibende Anteil unverändert mit dem Urin ausgeschieden wird. Aciclovir wird hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden, wobei 75 - 80% des Medikaments unverändert über die glomeruläre Filtration und die tubuläre Sekretion ausgeschieden werden. Die restlichen 10 - 15 % werden als 9-Carboxymethoxymethylguanin mit dem Urin ausgeschieden. Bei Erwachsenen mit normaler Nierenfunktion beträgt die Plasmaeliminationshalbwertszeit etwa 2,9 Stunden [SmPC, Drugbank].
Das Körpergewicht und die Nierenfunktion beeinflussen die Clearance von Aciclovir; ein höheres Körpergewicht ist mit einer höheren Clearance verbunden [Abdalla 2020; Zeng 2009; Maximova 2022].
Die folgenden kinetischen Parameter liegen für Früh- und Neugeborene vor [Hintz M 1982, Sampson MR 2014, Blum MR 1984]:
PMA | <30 Wochen (n=13) | 30 - 35 Wochen (n=9) | 36-41 Wochen (n=6) |
Dosis | 20 mg/kg/Tag | 20/40/60 mg/kg/Tag | 60 mg/kg/Tag |
Cmax (mg/l) | 10,3 (4,59-110) | 8,83 (5,44-29,8) | 12,4 (10,8-86,1) |
T½ (h) | 10,2 (4,73-13,2) | 6,55 (4,28-9,26) | 3,0 (1,61-3,69) |
Cl (l/h/kg) | 0,211 (0,095-0,31) | 0,449 (0,302-0,812) | 0,59 (0,126-0,77) |
Vd (l/kg) | 2,88 (0,646-5,30) | 4,49 (1,87-10,85) | 2,55 (0,293-4,09) |
Dosis | 5 mg/kg | 10 mg/kg | 15 mg/kg |
Cmax (µM) | 30,0 ± 9,9 | 61,2 ± 18,3 | 86,1 ± 23,5 |
T½ (h) | 4,03 ± 1,56 | 4,07 ± 1,53 | 3,24 ± 0,69 |
Cl (ml/min/1.73 m²) | 122 ± 51 | 98 ± 34 | 108 ± 43 |
Vd (l/1.73 m²) | 30,0 ± 2,0 | 28,9 ± 11,3 | 24,1 ± 6,3 |
Die folgenden pharmakokinetischen Parameter wurden bei immungeschwächten Kindern (1,4 - 18,1 Jahre) (n=18) mit Krebs nach intravenöser Verabreichung festgestellt [Eksborg 2002]:
Mittelwert [Median] (Bereich) | |
Dosis (mg/kg) | [10,5] 4,9-23,3 |
AUC (µmol/h/L) | 113 (59-224) |
AUC (mg/kg) | 11,09 (5,33-21,39) |
AUC (mg/m2) | 0,423 (0,221-0,754) |
Cmax (µmol/L) | 62,4 (29,2-120,7) |
T1/2 (h) | 1,80 (1,20-3,29) |
Die folgenden pharmakokinetischen Parameter wurden in einer PopPK-Studie bei immungeschwächten Kindern (1,4 - 18,1 Jahre) (n=120), die sich einer Prophylaxe oder Behandlung einer HSV-VZV-Infektion während einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSCT) oder einer Chemotherapie unterziehen, nach intravenöser Verabreichung ermittelt [Maximova 2022]:
Mittelwert ± SD | |
Dosis (mg) | 334 ±158,2 |
AUC (mg/h/L) | 26 ± 13,2 |
Cl (L/h) | 14 ± 5,5 |
Vd (L) | 25,4 ± 8,7 |
T1/2 (h) | 1,364 ± 0,614 |
Suspension zum Einnehmen 200 mg/5 ml
Tabletten 200 mg, 400 mg, 800 mg
Infusionslösung 250 mg, 500 mg
Orale Anwendung
Zur oralen Anwendung stehen eine Suspension und Tabletten zur Verfügung. Die Suspension eignet sich besonders für die Anwendung bei Kindern.
Suspension
Präparat im Handel:
Präparat | Stärke | Problematische Hilfsstoffe | Aroma |
Zovirax Suspension | 200 mg/5 mL | Sorbitol, Methyl-4-hydroxybenzoat, Propyl-4-hydroxybenzoat |
Bananenaroma |
Anwendungshinweis: Die Einnahme der Zovirax Suspension sollte möglichst nach den Mahlzeiten erfolgen. Vor Gebrauch ist die Zovirax Suspension zu schütteln. Zur Dosierung der Suspension liegt der Packung ein Doppellöffel bei. Mit dem großen Messlöffel können 5 ml Zovirax Suspension (entspricht 200 mg Aciclovir) abgemessen werden, mit dem kleinen 2,5 ml (entspricht 100 mg Aciclovir).
Tabletten
Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):
Präparat | Stärke | Problematische Hilfsstoffe |
Acic® | 200 mg T1,M 400 mg T1,M 800 mg T1,M |
Lactose |
Aciclovir AL | 200 mg T0 400 mg T0 800 mg T1 |
- |
Wariviron | 400 mg T0 | - |
T0: nicht teilbar, T1: nur teilbar zur erleichterten Einnahme, M: mörserbar
Anwendungshinweis: Die Einnahme der Tabletten sollte möglichst nach den Mahlzeiten mit ausreichend Flüssigkeit erfolgen.
Parenterale Anwendung
Zur parenteralen Anwendung stehen Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung zur Verfügung.
Präparate im Handel (ausgewählte Beispiele):
Präparat | Stärke als Aciclovir je Durchstechflasche |
Problematische Hilfsstoffe | Natriumgehalt |
Acic® a.V. | 250 mg 500 mg |
- | 24,4 mg Natrium pro Durchstechflasche 48,8 mg Natrium pro Durchstechflasche |
Aciclovir Hikma | 250 mg 500 mg |
- | 26,2 mg Natrium pro Durchstechflasche 52,2 mg Natrium pro Durchstechflasche |
Anwendungshinweis: Der Inhalt einer Durchstechflasche wird durch Zugabe Wasser für Injektionszwecke oder isotonischer Natriumchlorid-Lösung aufgelöst. Die so erhaltene konzentrierte Lösung oder Teile derselben werden sofort zu Infusionslösung gegeben. Die Herstellung der fertigen Infusionslösung soll unter aseptischen Bedingungen, am besten kurz vor der Verabreichung, erfolgen.
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Gehe zu:
Herpes-simplex-/ Varicella-zoster-Infektion |
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Herpes neonatorum |
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Herpes-simplex-Infektion (immunkompetent und immungeschwächt); rezidivierende Varicella-Zoster-Infektion (immunkompetent) |
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Herpes-simplex-Enzephalitis (immunkompetent); primäre/rezidivierende Varicella-Zoster-Infektion (immungeschwächt) |
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Anpassung bei Nierenfunktionsstörung wie angegeben:
Risiko für neurologische Reaktionen, einschließlich Halluzinationen, Krämpfe und Koma. Erhöhung der Harnstoff- und Kreatininkonzentrationen, gefolgt von Nierenversagen. In diesem Fall muss die Infusionsdauer verlängert werden.
Die Anpassung der Dosierung beeinflusst den Talspiegel. Wenn der Talspiegel nicht ausreichend hoch ist, ist die antivirale Wirkung möglicherweise nicht ausreichend. Dies kann zu Resistenzen führen.
Hämodialyse (HD): 50 % der normalen Dosis und ein Intervall zwischen zwei Dosen von 24 Stunden. An Dialysetagen erfolgt die Applikation nach der Dialyse.
Kontinuierliche veno-venöse Hämodialyse (CVVH): 100 % der normalen Dosis und ein Intervall zwischen zwei Dosen von 24 Stunden, unter Berücksichtigung der Spiegel.
Bei Neugeborenen: Cave: Neutropenie (Inzidenz ca. 20 %, in der Regel während der Einnahme oder nach Therapieende selbstlimitierend) und Nephrotoxizität (Inzidenz ca. 6 %).
Es gibt Berichte, die eine Neurotoxizität und Nephrotoxizität bei Kindern älter als 3 Monate beschreiben, die Dosen von 60 mg/kg/Tag erhielten. Probleme mit Neurotoxizität bei höheren Aciclovir-Dosen wurden bei Neugeborenen und Säuglingen unter 3 Monaten nicht beobachtet. [Kimberlin, 2013]
Orale Anwendung:
Häufig (1-10 %): Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen, Durchfall, Abdominalschmerzen, Übelkeit, Fieber, Müdigkeit, Juckreiz, Hautausschlag
Gelegentlich (0,1-1 %): Urtikaria, vermehrter diffuser Haarausfall
Selten (0,01-0,1 %): vorübergehende Bilirubin und Leberenzym-Anstiege, Serumharnstoff- und Kreatinin-Anstiege, anaphylaktische Reaktionen, Dyspnoe, angioneurotisches Ödem (Quincke-Ödem), Hautausschlag (einschließlich Photosensibilitätsreaktionen)
Sehr selten (<0,01 %): Koma, Enzephalopathie, Krampfanfalle, Psychosen, Ataxie, Dysarthrie, Tremor, Halluzinationen, Agitation, Verwirrtheitszustande, Schläfrigkeit, Thrombozytopenie, Leukopenie, Anämie, Hepatitis, Gelbsucht, akutes Nierenversagen, Nieren schmerzen
Intravenöse Anwendung:
Häufig (1-10 %): Phlebitis, Übelkeit, Erbrechen, vorübergehende Leberenzym-Anstiege, Juckreiz, Urtikaria, Hautausschläge (einschließlich Photosensibilitätsreaktionen), Serumharnstoff- und Kreatinin-Anstiege
Gelegentlich (0,1-1 %): Anämie, Thrombopenie, Leukopenie
Sehr selten (<0,01 %): anaphylaktische Reaktionen, Kopfschmerzen, Schwindel, Erregung, Verwirrtheitszustande, Tremor, Ataxie, Dysarthrie, Halluzinationen, psychotische Symptome, Krampfanfalle, Somnolenz, Enzephalopatie, Koma, Dyspnoe, Diarrhoe, Bauchschmerzen, vorübergehende Bilirubin-Anstiege, Hepatitis, Gelbsucht, angioneurotisches Ödem, Beeinträchtigung der Nierenfunktion, akutes Nierenversagen, Nierenschmerzen, Erschöpfung, Fieber, lokale Entzündungsreaktionen
Die vollständige Auflistung aller unerwünschter Arzneimittelwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Überempfindlichkeiten gegen den (Val-)aciclovir
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
- Bestimmung des Blutbildes alle zwei Wochen.
- Bei hohen Dosen oder bei Infusionen ist der Flüssigkeitshaushalt zu überwachen, insbesondere bei Nierenfunktionsstörungen.
- Bei Nierenfunktionsstörungen ist eine Dosisanpassung erforderlich.
- Bei Neugeborenen, die hohe Dosen von Aciclovir erhalten, müssen Neutropenie und Nephrotoxizität überwacht werden, da diese in 20% bzw. 6% der Fälle auftreten.
- Das Kreatinin ist zweimal wöchentlich zu bestimmen. Für die orale Anwendung wird Valaciclovir bevorzugt.
- Bei übergewichtigen Kindern wird eine Dosierung auf der Grundlage des idealen Körpergewichts (IBW) bevorzugt (max. Dosis von 800 mg). [Ross 2015; NHS 2021]
Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen. Diese finden Sie hier.
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Nukleoside und Nukleotide, exkl. Inhibitoren der Reversen Transkriptase | ||
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Vistide®
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J05AB12 | |
Cymeven®
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J05AB06 | |
Veklury®
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J05AB16 | |
Valtrex®
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J05AB11 | |
Valcyte®
|
J05AB14 |
Phosphonsäure-Derivate | ||
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Foscavir®
|
J05AD01 |
Proteasehemmer | ||
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Reyataz®
|
J05AE08 | |
Norvir®
|
J05AE03 |
Nukleosidale und nukleotidale Inhibitoren der Reversen Transkriptase | ||
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Ziagen®
|
J05AF06 | |
Emtriva®
|
J05AF09 | |
Baraclude®
|
J05AF10 | |
Epivir®, Zeffix®
|
J05AF05 | |
Vemlidy®
|
J05AF13 | |
Viread®
|
J05AF07 | |
Retrovir®
|
J05AF01 |
Nicht-Nukleosidale Inhibitoren der Reversen Transkriptase | ||
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Pifeltro®
|
J05AG06 | |
Intelence®
|
J05AG04 | |
Viramune®
|
J05AG01 |
Neuraminidasehemmer | ||
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Tamiflu®
|
J05AH02 | |
Relenza®, Dectova®
|
J05AH01 |
Antivirale Mittel zur Behandlung von HIV Infektionen, Kombinationen | ||
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J05AR20 | ||
Triumeq®
|
J05AR13 | |
Dovato®
|
J05AR25 | |
J05AR18 | ||
J05AR19 | ||
Truvada®
|
J05AR03 | |
J05AR09 | ||
Kaletra®; Syn.: LPV
|
J05AR10 |
Andere antivirale Mittel | ||
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Tivicay®
|
J05AX12 | |
Isentress®
|
J05AX08 | |
J05AX24 |
Antivirale Mittel zur Behandlung von Hepatitis C Infektionen | ||
---|---|---|
Maviret®
|
J05AP57 | |
Harvoni®
|
J05AP51 | |
Sovaldi®
|
J05AP08 | |
Epclusa®
|
J05AP55 |